Einsatz von DNA-Sequenzen zur Selbstassemblierung molekularer Strukturen
Indem man sich die elektrischen, magnetischen oder strukturellen Eigenschaften der Interaktion zwischen Molekülen oder Molekülbausteinen zunutze macht, können neue Strukturen und Verbindungen entwickelt werden. Ähnlich wie bei der Bildung von Wassertropfen auf einer Glasoberfläche entsteht dabei zwar keine neue chemische Verbindung, aber eine neue Struktur, die durch veränderte Oberflächenspannung und elektrostatische Wechselwirkung zwischen den Wassermolekülen erreicht wird. DNA (Desoxyribonukleinsäure) ist ein vielseitiger Baustoff, der für die Selbstassemblierung von Molekülen eingesetzt werden kann. Die zweidimensionale Leiterstruktur des DNA-Moleküls lässt sich wie ein Reißverschluss "auf- und zuziehen". So genannte komplementäre Bindungen mit ihren komplexen Ladungsbeziehungen und elektrochemischen Interaktion bilden dabei die Sprossen dieser Leiter. Obwohl die experimentelle und theoretische Forschung noch in den Kinderschuhen steckt, wird intensiv an der DNA-vermittelten Selbstassemblierung geforscht. Speziell durch Beschichtung von Nano- oder Mikrokolloiden mit Polymeren, aus denen kurze, einzelsträngige DNA-Sequenzen (eine Hälfte des DNA-Moleküls) herausragen, kann die Bildung dreidimensionaler Kolloidnetzwerke angeregt werden, wenn diese "sticky ends" an andere Kolloide binden, die komplementäre "sticky end"-Sequenzen tragen. Da jedoch noch relativ wenig über die Thermodynamik und Kinetik der DNA-Selbstassemblierung bekannt ist, können der Prozess und dessen Produkte schlecht kontrolliert werden. Das Projekt DNAColloids (Self-assembly of DNA-coated colloidal particles) zielt darauf ab, diese Hürden durch innovative Algorithmen zu beseitigen, indem auf Basis experimenteller Daten theoretische Modelle entwickelt werden. Die Forscher entwickelten ein mathematisches DNA-Modell für die elektrostatischen Interaktionen im DNA-Rückgrat. Durch rechnerische Vereinfachung wurden die minimalen Systemparameter ermittelt, damit die gewünschte Aktivität erzielt wird. Anschließend wurde eine Monte Carlo-Simulation entwickelt, um die spezifische Bindung zwischen "sticky ends" zu simulieren. Mit den im Rahmen von DNAColloids entwickelten Modellrechnungen können die Eigenschaften zufälliger DNA-beschichteter Kolloidsysteme berechnet und computergestützt komplexe DNA-beschichtete Bausteine entworfen werden. Relevant ist dies für Fortschritte bei der gerichteten Selbstassemblierung komplexer Strukturen.