Einzelne Elektronen steuern für neuartige Bauelemente
Quantencomputer basieren auf der Ausnutzung von Qubits, dem Quanten-Analogon zum klassischen Bit. Während das klassische Bit entweder den Wert 0 oder 1 annehmen kann, können Qubits in mehr als einem Zustand gleichzeitig sowie sogar in einer unendlichen Anzahl von Überlagerungen zweier Zustände zu einem beliebigen Zeitpunkt existieren. Das Qubit speichert Informationen auf Basis des Spins eines Elektrons (Spin-up- bzw. Spin-down-Orientierung), einer Eigenschaft, die im Zusammenhang mit der Ausrichtung des Eigendrehimpulses steht. Diesen Elektronenspin steuern und manipulieren zu können, ist somit die Grundlage der Quantencomputer der Zukunft. In kleinen Halbleitermaterialstückchen konnten Spins einzelner Elektronen bereits hervorragend gesteuert werden (Quantenpunkte). Das fehlende Teil des Puzzles ist jedoch der kohärente Transport des Elektronenspins von einem Ort zum anderen und somit die Chance auf nicht-lokale Wechselwirkungen zwischen den Qubits. Mit Hilfe der EU-Finanzierung des Spintransfer-Projekts ("Coherent transport of a single electron spin in semiconducting nanostructures") wollen europäische Wissenschaftler nun mit dem Nachweis des kohärenten Transfers zwischen zwei Quantenpunkten das fehlende Stück bereitstellen. Nach der erfolgreichen Entwicklung der Verfahren zur Nanofabrikation von Punktstrukturen und der Technologie zum Nachweis des Elektronenzustands demonstrierten die Wissenschaftler die effiziente Übertragung eines einzelnen Elektrons von einem Quantenpunkt zu einem anderen fern von diesem liegenden. Die Übertragung kam überdies im zeitlichen Rahmen von Nanosekunden zustande, was von entscheidender Bedeutung ist, um die Technologie bei den zur Quanteninformationsverarbeitung erforderlichen schnellen Berechnungen verwenden zu können. Zu den wichtigsten Ergebnissen der Arbeit des Spintransfer-Teams zählte der Nachweis, zwei Elektronen in einem Singulett-Zustand (gepaart mit entgegengesetzten Spins) trennen zu können, um potenziell ein Paar verschränkter Elektronen mit Fernwirkung zu erzeugen. Verschränkung bedeutet, dass der Zustand des einen Elektrons einen korrelierten Zustand in dem anderen induziert, obgleich sie sich voneinander trennen können und kein Paar mehr sind. Die Erkenntnisse wurden im renommierten Fachjournal Nature und etlichen Pressemitteilungen weltweit veröffentlicht. Die bahnbrechenden Experimente von Spintransfer und die wissenschaftlichen Fortschritte öffnen nun die Tür zu spannenden neue Wegen der Untersuchung des kohärenten Transports einzelner Elektronen. Die Projektforscher brachte die Gemeinschaft der Wissenschaftler und Verbraucher einen Schritt näher hin zu modernen Spintronikbauelementen, bei denen der Elektronenspin für neuartige Funktionalitäten ausgenutzt wird.