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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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ERC Storys - Wie man zwei Elektronen verschränkt … immer und immer wieder

Die Quantentheorie, obwohl sie eine der erfolgreichsten wissenschaftlichen Theorien in der Geschichte ist, wirft einige bizarre Vorstellungen auf: Quanten-Spin, Unschärferelation, Welle-Teilchen-Dualismus, Quanten-Verschränkung und Nichtlokalität - oder "spukhafte Fernwirkung", wie Einstein es einmal genannt hat. Aber diese sind nicht nur abstrakte Konzepte oder reine Theorie: Dr. Szabolcs Csonka arbeitet an der Isolierung fundamentaler Teilchen, um diese Phänomene aus erster Hand an Elektronen studieren zu können und so einen Schritt näher an die Realisierung von Quantencomputern zu kommen.

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"Elektronen befinden sich in supraleitenden Materialien in einem seltsamen Zustand", beginnt Dr. Csonka. "Wir wollen mithilfe dieser Supraleiter verschränkte, räumlich getrennte Elektronenpaare erzeugen, die sich wie ein einzelnes Quantenobjekt verhalten." Im Inneren des Atoms umkreisen Elektronen in festen Bahnen den zentralen Kern. Und genauso wie sich die Erde täglich um ihre eigene Achse dreht, während sie die Sonne umkreist, haben auch Elektronen einen sogenannten Spin. Das war es dann aber auch an Ähnlichkeiten. Das Quantenkonzept des Elektronenspins ist fast unmöglich zu visualisieren. Da die Spin-Informationen bei der Übertragung von Elektronen aber erhalten bleiben, könnten dieser Quantenspin eine Grundlage für Quantencomputer und die Informationsverarbeitung bieten. Teilchen wie etwa Elektronen können sich auch "verschränken", so dass jede Messung des Spins des einen Elektrons mit dem Spin, der am anderen gemessen wird, korreliert - egal wie weit sie voneinander entfernt sind! Die "Nichtlokalität" dieser Verschränkung bedeutet, dass man zwei Teilchen als ein einzelnes Objekt betrachtet kann, auch wenn sie räumlich voneinander getrennt sind - eine seltsame Vorstellung, die von Wissenschaftlern in immer mehr Details erforscht wird. Paare trennen Einen speziellen Fall dieser Art stellt das sogenannte "Cooper-Paar" dar, das auf natürliche Weise durch zwei Elektronen in einem Supraleiter gebildet wird - letzteres ist ein Material mit einem elektrischen Widerstand gleich null oder nahezu null. "Unser Ziel ist es, die Elektronen eines Cooper-Paares zu trennen und auf unterschiedliche Leitungen oder Elektroden zu leiten", so Dr. Csonka. Dabei benutzt er einen "Ein-Elektronen-Transistor" (single-electron transistor, SET) an jedem Ende eines Supraleiters, um die verschränkten Elektronen "einzufangen". "Dieser funktioniert wie ein Drehkreuz, wo jeweils nur eine Person durchgehen kann", erklärt der Forscher. Der SET lässt jeweils nur ein Elektron passieren, so dass das zweite Elektron des Paares frei in dem Supraleiter verbleibt. "Aber Supraleiter mögen keine einzelnen Elektronen", fährt Dr. Csonka fort, "so dass sich das freie Elektron sofort zum anderen Ende bewegt, wo es in einen weiteren SET gelangt. Jetzt haben wir an jedem Ende jeweils ein Mitglied des verschränkten Paares." Bringt man an den Transistoren Leitungen an, erhält man ein "Verschränkungs-Gerät", mit dem man verschränkte Paare herstellen und effizient steuern kann. "Vor unseren Arbeiten lag die Effizienz solcher Geräte bei rund 3 %", sagt Dr. Csonka, "inzwischen sind wir bereits bei 20 % angelangt. Und wir arbeiten weiter an der Verbesserung der Transistoren und der Effizienz." Immer noch verschränkt? Mit dem zweiten Teil des Projekts soll bewiesen werden, dass die getrennten Elektronenpaare immer noch verschränkt sind. Außerdem will man herausfinden, wie weit und wie lange sie getrennt werden können, ohne diese Verschränkung zu verlieren. Dr. Csonka: "Wenn wir die Trennung optimieren können, lassen sich verschränkte Paare in Quantencomputern einsetzen, wo verschränkte Quantenbits relativ weit auseinander angeordnet werden müssen. Darüber hinaus können wir unseren Generator für verschränkte Elektronenpaare mit einem 'Elektronen/Photonen-Konverter' kombinieren. Die Spin-Information des Elektrons wird dann in die Polarisation des Photons übersetzt - und da die Elektronen verschränkt sind, werden auch die Photonen verschränkt." So kann aus einem schnellen, effizienten Generator für verschränkte Elektronen auch ein effizienter Generator für verschränkte Photonen werden. Durch die "Massenproduktion" verschränkter Elektronen- und Photonenpaare, so die Hoffnungen von Dr. Csonka, stehen die Rohstoffe für viel weitere Experimente zur Verfügung - ein weiterer Schritt in Richtung Quantencomputer. Einzelheiten zum Projekt: - Leitender Forscher/Leitende Forscherin: Dr. Szabolcs Csonk - Gasteinrichtung: Budapest University of Technology and Economics, Hungary - Projekt: Cooper pairs as a source of entanglement - Projektakronym: CooPairEnt - ERC-Aufforderung: Starting Grant 2011 - ERC-Finanzierung: 1,5 Mio. EUR - Projektdauer: fünf Jahre Weitere Informationen - Website der Forschungsgruppe von Dr. Szabolcs Csonka Glossar - Kopenhagener Deutung: eine weithin akzeptierte Ansicht der Quantenmechanik. Sie befasst sich nur mit den Wahrscheinlichkeiten der Beobachtung und Messung von Eigenschaften von "Teilchen", die sich auch wie Wellen verhalten. - Elektronen-Spin (oder Quanten-Spin): Wie die Erde, die sich während ihres jährlichen Sonnenumlaufs täglich einmal um ihre eigene Achse dreht, haben auch Elektronen ihren eigenen "Spin", während sie den Kern eines Atoms umkreisen. Im Unterschied zur Erde entspricht ein "Quanten-Spin" nicht einer Drehung im gewöhnlichen physikalischen Raum. - Quantenverschränkung: das Ergebnis der Interaktion zweier Teilchen (z.B. Photonen oder Elektronen) auf eine Weise, dass das Paar (Position, Impuls, Spin, Polarisation usw. Beider Teilchen) durch ein einziges untrennbares quantenmechanisches Phänomen beschrieben werden kann. Der Kopenhagener Deutung zufolge sind die beobachtbaren Werte ihres gemeinsamen Zustandes unbestimmt, bis sie gemessen werden. Zu diesem ​Zeitpunkt erhält ein Mitglied des Paares einen bestimmten Wert (z.B. "spin up"), während man bei dem anderen einen korrelierenden Wert beobachten kann (z.B. spin down). Die Ergebnisse der Messungen an jedem einzelnen Element des Paares korrelieren miteinander, unabhängig davon, wie weit die verschränkten Teilchen voneinander entfernt sind.