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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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ERC Story – Wurzeln für bessere Pflanzen

Nahezu 842 Millionen Menschen sind der Welternährungsorganisation der Vereinten Nationen zufolge weltweit chronisch unterernährt. Die Welt steht vor großen Herausforderungen, wenn es darum geht, Ernährungssicherheit für eine Weltbevölkerung zu erreichen, die voraussichtlich im Jahr 2050 auf 9 Milliarden angestiegen sein wird. Mit Hilfe des ERC versucht Professor Malcolm Bennett von der Universität Nottingham im Vereinigten Königreich, die Ernteerträge durch ein besseres Verständnis der Wurzeln und der Art und Weise, wie sie wachsen, zu verbessern.

Um alle Menschen zu ernähren, muss die Pflanzenproduktion verdoppelt werden, während gleichzeitig die Auswirkungen des Klimawandels – wie etwa die Verfügbarkeit von Wasser in vielen Teilen der Welt – bewältigt und die negativen Auswirkungen von Düngemitteln reduziert werden müssen. Wir brauchen Nahrungspflanzen, die höhere Erträge produzieren, indem sie effizienter an Wasser und Nährstoffe gelangen und diese auch besser absorbieren. "10 000 Jahre lang konzentrierte sich die Landwirtschaft auf die obere Hälfte der Pflanzen", erklärt Prof. Bennett. Aber der Schlüssel hierzu liegt unter der Erde. Wasser und Nitrate sinken in der Regel tief in den Boden, während Phosphate im Oberboden in der Nähe der Oberfläche vorhanden sind. Wenn wir Pflanzensorten auswählen und züchten können, die den Oberboden besser nutzen und tiefer wurzeln, können wir mehr Lebensmittel produzieren und damit die benötigten Düngermengen senken. Es ist eine Art "technisches Problem", für dessen Lösung wir jedoch die Gene erforschen müssen, die die Wurzeleigenschaften, wie z. B. Winkel, Tiefe und Dichte, bestimmen. Die Erforschung des Wurzelsystems – der "versteckten Hälfte" – ist viel komplizierter als der oberirdischen Teile einer Pflanze. Sie können unter künstlichen Bedingungen im Labor gezüchtet oder aus dem Boden ausgegraben werden, aber bei einer lebenden Pflanze befinden sich die Wurzeln unter der Erde und sind nur schwer zugänglich. "Das Projekt FUTUREROOTS will die Technologie zur Messung und Analyse dieser Wurzel-Architekturen verbessern", sagt Prof. Bennett. Vor kurzem ist es Wissenschaftlern gelungen, auf nicht invasive Art und Weise Aufnahmen von lebenden Wurzeln zu machen, während diese noch im Boden wachsen. Die Röntgen-Computertomographie (CT) ist besser bekannt als medizinisches Scanverfahren, bei dem Bilder des Inneren des menschlichen Körpers erstellt werden. Dank der Fortschritte in der Technologie lassen sich damit jetzt auch die feinsten Wurzelhaare untersuchen. "Aber bis jetzt konnten nur Computertomografien kleiner Bodenvolumen angefertigt werden", so der Professor, "sagen wir einmal von der Größe einer Kaffeetasse, was nicht ausreicht, um das tiefreichende Wurzelsystem der Kulturpflanzen zu untersuchen." Röntgenblick Die Lösung brachten Fortschritte in der CT-Scanner-Technologie in der Luftfahrtindustrie: Ein zimmergroßer Scanner, mit dem Motor- und Flügelteile überprüft werden, kann Bodenproben mit einer Länge von 1 Meter, einem Durchmesser von 0,25 Meter und einem Gewicht von bis zu 80 kg darstellen. "Mittel aus dem Europäischen Forschungsrat, der Wolfson-Stiftung und der Universität Nottingham haben es uns ermöglicht, eine einzigartige Plattform an Wurzelbildern aufzubauen, die Hounsfield Facility", sagt Prof. Bennett. Der ERC hat das neue Röntgen-Scan-Gerät bezahlt, mit dem 3D-Bilder des gesamten Wurzelsystems von Pflanzen gemacht werden können, wie sie im Boden in einem hochmodernen, voll automatisierten Gewächshaus wachsen. "Das Gebäude wurde im Juli fertiggestellt, nur 12 Monate nach dem Start des Projekts", fährt er fort. "Die Instrumente kommen in diesem Herbst an und sind im Januar betriebsbereit." Ein tief verwurzeltes Problem Der Boden ist heterogen, 3D und komplex – wobei Wasser und Nährstoffe überall verteilt sind. Ein CT-Scanner kann das Wasser, den Boden und die Wurzeln zeigen – er fertigt hierfür eine Reihe von "Schichtbildern" des Bodens an, Querschnitttsröntgenaufnahmen, die jede Wurzel nur als winzigen Punkt zeigen, an dem sie die Schicht durchquert. "Die Herausforderung besteht darin, die Wurzeln aus diesen Querschnitten zu rekonstruieren", erklärt Prof. Bennett. "Wir waren in der Lage, Objektverfolgungsverfahren anzupassen – ein Konzept, das in der Sicherheitsbranche Anwendung findet, um Verdächtige aufzuspüren, während sie sich durch Menschenmengen bewegen – um jede Wurzelverzweigung zu erkennen und zu verfolgen und dann den Boden 'abzuziehen' ". Prof. Bennett ist auch Direktor des Zentrums für integrative Pflanzenbiologie (CPIB) an der Universität Nottingham, einem interdisziplinären Zentrum, an dem Mathematiker, Ingenieure und Informatiker sowie Pflanzen- und Bodenwissenschaftler arbeiten. "Durch dieses multidisziplinäre Umfeld hatten wir die unterschiedlichsten Einflüsse – ein fantastischer Schmelztiegel", sagt er. "Wir müssen mit jeder Disziplin zusammenarbeiten, vom Softwareingenieur bis zum Pflanzenbiologen, um dieses anspruchsvolle Projekt anzugehen. Zwanzig von uns sind Mitglied im ERC-Forschungsteam – wobei sechs Doktoranden vom ERC und der Universität mitfinanziert werden. " Das Zentrum arbeitet mit vielen internationalen Gruppen zusammen, u. a. auch mit dem Institut de recherche pour le développement (IRD) in Montpellier, Frankreich, und Professor Jonathan Lynch in den USA – Pionier der zweiten grünen Revolution. Ziel ist es, bessere Pflanzen für Europa und die Entwicklungsländer zu produzieren. "Wir entdecken auch neue Mechanismen, mit denen Wurzeln nach Wasser suchen", so Prof. Bennett abschließend. "Und wenn wir dadurch neue Sorten von Nutzpflanzen erzeugen können, mit denen sich unter schwierigen Bedingungen höhere Erträge erzielen lassen und die Nährstoffe im Boden besser ausnutzen, hat das echte agronomische Auswirkungen." - Quelle: Prof. Malcolm Bennett - Projektkoordinator: Universität Nottingham, Vereinigtes Königreich - Projekttitel: Redesigning root architecture for improved crop performance - Projektakronym: FUTUREROOTS - FUTUREROOTS Projektwebsite - RP7 Finanzierungsprogramm (ERC-Aufforderung): Advanced Grant 2011 - Finanzierung durch die EK: 3 500 000 EUR Projektdauer: 5 Jahre Ausgewählte Publikationen "Developing X-ray Computed Tomography to non-invasively image 3-D root systems architecture in soil." Plant and Soil Mooney SJ, Pridmore TP, Helliwell J, Bennett MJ (2012) vol. 352, 1-22 "RooTrak: Automated recovery of 3D plant root architecture in soil from x-ray micro computed tomography using visual tracking." Plant Physiology Mairhofer S, Zappala S, Tracy S, Sturrock C, Bennett M, Mooney S, Pridmore T (2012) 158, 561-569