Die Genetik der Muskelmasse
Der Verlust von Muskelmasse und Stärke im Laufe des Alterungsprozesses oder aufgrund von Krankheit beeinträchtigt die Lebensqualität. Die Muskelmasse wird durch die Anzahl und Größe der reifen Zellen des Muskelgewebes (Muskelfasern) bestimmt. Von Mensch zu Mensch unterscheiden sich Anzahl und Größe der Muskelfasern in den einzelnen Muskeln deutlich. Die Hälfte der Schwankungen bei der Muskelmasse sind erblich, was bedeutet, dass Personen mehr oder weniger Muskelmasse haben, weil sie bestimmte Varianten der betreffenden Gene geerbt haben. Die Identität solcher Gene ist von besonderem Interesse, da sie Ziele für die Entwicklung von Therapien für Muskelschwunderkrankungen bieten könnte. Studien bei Säugetieren belegen, dass gemeinsame Mechanismen an der Regulation der Muskeleigenschaften verschiedener Arten beteiligt sind. Das von der EU finanzierte Projekt 'Genetic mechanisms of muscle fibre variation' (GENETMUSCLEFIBREVAR) sucht nach den hauptsächlichen genetischen Faktoren der Muskelmasse. Insbesondere konzentriert sich die Studie auf der M. soleus, also den Wadenmuskel, der bei Mäusen aus der gleichen Arten von Fasern besteht, wie sie auch in menschlichen Muskeln zu finden sind. Zuerst analysierten die Forscher die Rolle von Genen bei der Bestimmung der Eigenschaften der Fasern in M. soleus bei Mäusen. Anzahl, Größe und Anteil der verschiedenen Arten von Fasern wurden in 11 Stämmen von Labormäusen untersucht. Da die Anzahl der Fasern nach der Geburt weitgehend unverändert bleibt, ist die Rolle der Gene besonders wichtig. Es wurde festgestellt, dass die Anzahl der Fasern in M. solei verschiedener Stämme mehr als doppelt so hoch sein kann. Diese Ergebnisse zeigten, dass eine bestimmte Muskelmasse auf unterschiedliche Weise erreicht werden kann: durch die Anzahl, die Größe und den Anteil der verschiedenen Fasertypen. So wurden geeignete Modelle für die Suche nach Genen, die zu den genetischen Faktoren des Muskels beitragen aufgestellt. In der nächsten Phase des Projekts suchten die Forscher anhand von Modellen, die sie entwickelten, nach bestimmten Genen, die sich auf die Eigenschaften der Muskelfasern auswirken. In einer Assoziationsanalyse konnte die Verbindung zwischen den spezifischen Regionen des Genoms und der entsprechenden Eigenschaft in der Population identifiziert werden. Die Analyse identifizierte eine Anzahl von Genomregionen, die zum Unterschied in der Fasergröße und im Anteil der verschiedenen Arten von Fasern zwischen den beiden Stämmen beigetragen. Ferner wurden Genombereiche, die mehr als ein Gen enthalten, untersucht. Jedoch sind weitere Studien notwendig, um die verantwortlichen Gene zu identifizieren. Die Identifizierung dieser spezifischen Gene wird neue Ziele für pharmakologische Wirkstoffe eröffnen, um Muskelschwund zu bekämpfen. Die Entwicklungen in diesem Bereich kommen auch Tierzüchtern zugute, die Rassen mit guter Fleischqualität und bessere Ausbeute entwickeln könnten.