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Inhalt archiviert am 2023-03-07

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Wenn Milchzähne bummeln: Ein Fall für den Kieferorthopäden?

Eine überaus spannende Frage für alle Babyeltern: Wann wohl taucht der erste Milchzahn im Mund ihres Lieblings auf? Fünf Gene beeinflussen diesen Zeitpunkt maßgeblich, stellen Genetiker aus dem Vereinigten Königreich und Finnland in einer in der Open-Access-Fachzeitschrift Pub...

Eine überaus spannende Frage für alle Babyeltern: Wann wohl taucht der erste Milchzahn im Mund ihres Lieblings auf? Fünf Gene beeinflussen diesen Zeitpunkt maßgeblich, stellen Genetiker aus dem Vereinigten Königreich und Finnland in einer in der Open-Access-Fachzeitschrift Public Library of Science (PLoS) Genetics erschienenen Arbeit fest. Wenngleich diese Zähne auch nur eine vorübergehende Aufgabe haben, gingen die Wissenschaftler davon aus, dass sie für die allgemeine Gesundheit und das Wohlergehen des Babys äußerst wichtig sind. Ihre Vermutung erwies sich nun als völlig korrekt. Die Ergebnisse der Studie sind Teil des EURO-BLCS-Projekts ("Biological, clinical and genetic markers of future risk of cardiovascular disease"), dem innerhalb des Themenbereichs "Lebensqualität" des Fünften EU-Rahmenprogramms (RP5) 1,4 Mio. EUR zur Verfügung standen. Sich einen Mund voll glänzender Zähne wachsen zu lassen erstreckt sich über einen Zeitraum, der locker die ersten drei Jahre des Lebens in Anspruch nehmen kann. Dabei beginnt die Zahnentwicklung schon im Mutterleib mit der Bildung von Zahnknospen, die gewissermaßen den Grundstein für die ersten Zähne darstellen. Eltern entdecken den ersten Zahn - ein unübersehbares Zeichen, wie schnell ihr Kind wächst - oft, wenn das Baby etwa sechs Monate alt ist. Im Allgemeinen ist das auch genau die Zeit, in der ihr Baby beginnt, feste Nahrung aufzunehmen. Bei Frühstartern kann man die erste kleine weiße Spitze bereits mit drei Monaten sehen, während sich Spätzünder mit dem Durchbruch fast bis zum ersten Geburtstag Zeit lassen. Erscheinen die ersten Zähne tatsächlich so unerwartet, wie das Baby die ersten wackeligen Schrittchen wagt? Die Forscher visierten nun die entscheidende Rolle der Genexpression an und waren dabei fest entschlossen, die überragende Bedeutung des pränatalen Milieus beim Zahnwachstum zu bestätigen. Das Team suchte den gesamten genetischen Code von 6.000 Probanden aus Finnland und dem Vereinigten Königreich ab, die an der nordfinnischen Geburtskohortenstudie und der Avon Längsschnittstudie zu Eltern und Kindern teilnahmen. Indem sie die Teilnehmer von der frühen Schwangerschaft der Mutter an bis ins Erwachsenenalter unmittelbar verfolgen konnten, verschafften diese Studien Professorin Marjo-Riitta Järvelin von der School of Public Health am Imperial College London im Vereinigten Königreich und ihren Kollegen einen wunderbaren Einblick, wie sich Zähne von Anfang an entwickeln. Bei der Massenuntersuchung blieb eine Gruppe von fünf Genvarianten im Raster hängen, die anscheinend den Zeitpunkt des Durchbrechens der ersten Zähne steuern. Zuerst erscheinen meistens die beiden unteren vorderen Zähne, die auch als mittlere Schneidezähne bezeichnet werden. Die Zähnchen sprießen dann einer nach dem anderen, die beiden oberen mittleren folgen, und schließlich erscheinen noch die seitlichen und hinteren Milchmolaren. Interessant ist dabei, dass die gleichen fünf Genvarianten, wenn sie denn miteinander verbunden sind, auch den Schlüssel zur späteren Zahnentwicklung darstellen. Professorin Järvelins Forschungsteam stellte sich überdies die Frage, ob die Zahnanzahl im Alter von einem Jahr in ähnlicher Weise von Genvarianten gesteuert wird. So einfach die Frage auch schien, ist die Antwort darauf jedoch um einiges komplizierter. Zähne werden normalerweise erst nach der Geburt sichtbar. Ihre Bildung beginnt jedoch in einem wesentlich früheren Entwicklungsstadium. Sobald das Babygesicht im Mutterleib Gestalt annimmt, werden durch die Genexpression die Entwicklung der Zähne und des Gaumens räumlich und zeitlich streng gesteuert. Abnormitäten können in der Entwicklung von Zähnen außerhalb der normalen Reihe und fehlenden Zähnen resultieren. Die neuen Erkenntnisse könnten Wege zur Bekämpfung derartiger Missbildungen weisen. Die Wissenschaftler beschreiben in ihrer Arbeit, wie es zum Aufbau eines Zahns des konzertierten Einsatzes Hunderter Gene bedarf - aber mit diesen fünf Genvarianten erscheint Babys erster Zahn tendenziell zu einem späteren Zeitpunkt. Außerdem haben diese Spätzünder im Alter von einem Jahr eher weniger Zähne vorzuweisen und brauchen im späteren Leben möglicherweise eine kieferorthopädische Behandlung. Die Genetiker deckten überdies auf, dass die Auswirkungen dieser bemerkenswerten Erkenntnisse weit über die Zahnentwicklung hinausgehen. Überraschenderweise enthält diese Liste Gene, von denen bekannt ist, dass sie an der Entwicklung etlicher anderer Körperteile wie des Schädels, der Finger und Zehen sowie des Herzens beteiligt sind. Obgleich ein Gen mit mehreren Funktionen nichts Ungewöhnliches ist, hoffen die Wissenschaftler, dass ihre Forschungsarbeit nach einer Bestätigung der Ergebnisse zur Feststellung genetischer Varianten führen könnte, die das Risiko auf Krebs und andere aggressive Krankheiten im späteren Leben erhöhen. Professorin Järvelin dazu: "Wir hoffen... , dass wir auf Basis dieser Entdeckungen genauer beurteilen können, warum das Wachstum des Fötus ein so wichtiger Faktor in der Entwicklung vieler chronischer Krankheiten zu sein scheint."

Länder

Finnland, Vereinigtes Königreich