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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Drahtlose Überwachung von Neugeborenen

Ein mittelständisches italienisches Unternehmen hat ein tragbares System entwickelt, das der Überwachung von Babys in den ersten zwei bis vier Stunden ihres Lebens dient. Die Technologie, dessen Marktpotenzial mithilfe finanzieller Unterstützung durch Horizon 2020 ermittelt wurde, wird dazu beitragen, dass kritische Situationen vermieden werden können, ohne dass der wichtige Hautkontakt zwischen Mutter und Baby gestört wird.

Das mittelständische italienische Unternehmen ComfTech – der Name ist ein aus „comfortable technology“ gebildeter Neologismus – hat sich auf die Entwicklung und Produktion von nicht-invasiven tragbaren biomedizinischen Systemen mit in die Kleidung integrierten Sensoren spezialisiert. Im Januar 2015 erhielt das Projekt NEWMOON (Smart Garments in Newborns and Babies Monitoring) im Rahmen der Phase 1 des KMU-Instruments von H2020 finanzielle Unterstützung seitens der EU. Bei NewMoon handelt es sich um ein nicht-invasives System zur kontinuierlichen Überwachung von Neugeborenen. Dieses neue Kleidungsstück stellt eine dringend benötigte Alternative zur regelmäßigen Kontrolle durch Pflegekräfte dar und könnte sich bei der Gewährleistung einer schnellen Reaktion bei einem Notfall als sehr nützlich erweisen. Den Hautkontakt zwischen Mutter und Kind beeinträchtigt es dabei nicht. Dieser Hautkontakt wirkt sich nachweislich positiv auf die Gesundheit des Babys aus, unter anderem auf dessen Widerstandsfähigkeit gegenüber Bakterien, die Stabilität seiner Körpertemperatur, seine Herz- und Atemfrequenz und sogar seine Blutzuckerwerte. Ein kabelgebundenes System könnte all diese Vorteile nicht bieten und wäre überdies unbequem für das Baby. Alessia Moltani, CEO von ComfTech und Koordinator von NEWMOON, zeigt den Mehrwert des Systems auf und gibt Details zu seiner geplanten Weiterentwicklung bekannt. Die ersten zwei bis vier Stunden im Leben eines Neugeborenen sind unglaublich wichtig und prägend. Welche neuartigen Vorteile kann NEWMOON also für diese wichtige Phase bieten? In den ersten zwei bis vier Stunden nach der Geburt bleiben Mutter und Baby im Kreißsaalbereich. Hier wird ihr Zustand üblicherweise in unregelmäßigen Abständen von einer Pflegekraft überprüft. Innerhalb der ersten Stunden nach der Geburt kann die kontinuierliche Überwachung von Biosignalen erheblich dazu beitragen, dass kritische Situationen abgewandt werden können. Herkömmliche kabelgebundene Systeme sind jedoch invasiv und stören die Stärkung der Bindung zwischen Mutter und Kind sowie deren Hautkontakt, der als extrem wichtig betrachtet wird. Aus diesem Grund werden diese Systeme in den meisten Krankenhäusern nur bei Frühgeborenen eingesetzt oder wenn Risiken für das Neugeborene bestehen. Daher stellt die Ausweitung der Überwachung auf alle Neugeborenen eine große Herausforderung für Krankenhäuser dar. Wir haben unser tragbares Überwachungssystem unter Berücksichtigung von drei Zielen entwickelt: Es musste präzise und zuverlässig funktionieren, sollte bequem und drahtlos sein und die Stärkung der Mutter-Kind-Bindung nicht beeinträchtigen. Zudem sollte es einfach anzuwenden sein. Welche Vorteile bietet NEWMOON für das medizinische Personal? Mit dem Überwachungssystem sollen die Arbeitsabläufe des Pflegepersonals optimiert werden, sodass die Qualität der Pflege verbessert wird, indem die unregelmäßige qualitative Überwachung durch kontinuierliche quantitative Überwachung ersetzt wird. Ein wichtiger Hinweis hierzu: Das System wurde nicht entwickelt, um die visuellen Kontrollen des Pflegepersonals überflüssig zu machen, sondern um diese mit harten Zahlen (EKG, Atmung) zu ergänzen. Sollten Anomalien auftreten, sendet das Überwachungssystem sofort eine Meldung an die Pflegekraft. Eines der wichtigsten Ziele des Projekts war die Vermeidung invasiver Überwachung. Wie haben Sie dieses Ziel erreicht? Tatsächlich haben wir uns bei der Entwicklung aller drei Komponenten des Systems an unserem Ziel, ein nicht-invasives System zu entwickeln, orientiert. Zunächst einmal ist das System vollständig drahtlos. Seine „Sensitex Unit“ ist ein Kleidungsstück aus weicher Baumwolle, das mit Textilsensoren ausgestattet ist. Bei seinem Design wurde sorgfältig darauf geachtet, dass der Hautkontakt zwischen Mutter und Kind so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Die zweite Komponente des Systems ist die kleine und kompakte „Beat Unit“, ein kleines elektronisches Gerät, das die Daten erfasst und an das Smartphone der Pflegekraft oder die Krankenhaussysteme sendet. Es wird von einer weichen und wasserdichten Hülle geschützt. Ein weiteres wichtiges Ziel war Sicherheit. Das kleine elektronische Messgerät lässt sich per Induktion wieder aufladen – eine wichtige Eigenschaft, da dies die elektrische Sicherheit gewährleistet, indem es den Kontakt des Babys mit der Stromquelle unmöglich macht. Seine Hülle ist wasserdicht und kann nach Gebrauch sterilisiert werden. Können Sie uns mehr über Ihre intelligenten Textilien und deren Funktionsweise erzählen? Unser Unternehmen hat sich auf die Entwicklung und Produktion von Textilsensoren für verschiedene Produkte und Anwendungsbereiche spezialisiert, einschließlich der Sport-, Wellness-, Automobil- und Spielzeugbranchen. Wir entwickeln sogar unser eigenes Garn, wodurch wir mehr Flexibilität bei der Einbindung der Textilsensoren gewinnen. Für das NEWMOON-Projekt verwendeten wir sehr kleine und weiche Sensoren, die sorgfältig in die Ärmel des Kleidungsstücks integriert wurden. Dabei haben wir großes Augenmerk auf das Zusammenspiel zwischen dem Garn und der Textur der Sensoren gelegt, um zu gewährleisten, dass die Sensoren zuverlässig funktionieren und das Kleidungsstück gleichzeitig bequem für das Baby ist. Auch der Preis war entscheidend, da das Kleidungsstück selbst aus hygienischen Gründen nur zur einmaligen Verwendung bestimmt ist. (Die ComfTech-Sensoren können abgewaschen werden, doch da das Kleidungsstück direkt nach der Geburt angezogen wird, kann es nur einmal genutzt werden.) Wurde das System bereits in Krankenhäusern getestet? Und was können Sie uns zu den Ergebnissen sagen? ComfTech hat die weltweit erste klinische Studie durchgeführt, die vom italienischen Gesundheitsministerium und dem ethischen Komitee des Krankenhauses genehmigt wurde. Letzteres ist für die Prüfung der Compliance, Tragbarkeit und Zuverlässigkeit jedes Überwachungssystems für Neugeborene zuständig, das in den ersten zwei bis vier Stunden nach der Geburt genutzt wird. In Bezug auf die Software für die schnelle Visualisierung aller Daten haben wir intensives Feedback der Pflegekräfte eingeholt, um sicherzustellen, dass sie leicht verständlich und einfach und schnell zu bedienen ist. NEWMOON Im Rahmen von H2020-SMEINST-1 finanziert. Projektseite auf CORDIS

Länder

Italien

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