Wissenschaft im Trend: Vermischung von Mensch und Neandertaler als mögliche Ursache von Allergien
Frühere Studien hatten belegt, dass ein bis sechs Prozent des modernen eurasischen Genoms von Neandertalern und Denisova-Menschen – einer verwandten Spezies, die in Serbien beheimatet war – geerbt wurden. Die beiden neuen Studien zeigen, dass drei bestimmte Gene (der TLR6-TLR1-TLR10-Cluster), die für das menschliche Immunsystem wichtig sind, übernommen wurden, als kleine Menschengruppen von Afrika nach Eurasien wanderten und sich mit Neandertalern und Denisova-Menschen fortpflanzten. Die Neandertaler und Denisova-Menschen hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits seit 200.000 Jahren an die Bedingungen in Eurasien angepasst und ein Immunsystem entwickelt, das lokale Krankheitserreger wirksam bekämpfen konnte – ein Evolutionsvorteil, der dem modernen Menschen aus Afrika fehlte, dann jedoch erworben wurde. Heutige Menschen, die diese Gene in sich tragen, sind allerdings auch anfälliger für ein überempfindliches Immunsystem und leiden folglich mit höherer Wahrscheinlichkeit an Asthma, Heuschnupfen und anderen Allergien. Durch die Untersuchung der DNA, die im Rahmen des „1000 Genomes Project“ von heute lebenden Menschen gesammelt wurde, konnte ein Team vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig feststellen, dass diese drei Gene noch immer eine Rolle für die „angeborene Immunität“ des Menschen spielen. Das Team erforschte, wie verbreitet die drei Gene bei Menschen auf der ganzen Welt sind. Von den drei Genen konnten zwei der Neandertaler-DNA zugeordnet werden. Am häufigsten waren Sie bei allen nicht-afrikanischen Menschen zu finden, wobei das zweite nur im Genom von Asiaten vorkam. Das dritte Gen war deutlich seltener, ähnelte der DNA von Denisova-Menschen und konnte nur bei einigen wenigen asiatischen Teilnehmern festgestellt werden. „Eine kleine Gruppe moderner Menschen, die Afrika verlässt, wies keine große genetische Vielfalt auf“, sagte Forschungsleiterin Dr. Janet Kelso. „Eine Anpassung ist durch Mutationen möglich, doch durch eine Vermischung mit der lokal bereits vorhandenen Bevölkerung sind einige dieser Anpassungen viel leichter zu erreichen.“ Dr. Kelsos Ergebnisse wurden mit der zweiten veröffentlichten Studie bestätigt, in der Wissenschaftler am Pasteur Institute in Paris unter Leitung von Dr. Lluis Quintana-Murci feststellten, dass, wenn die DNA aus den 1000 Genomes Project mit dem Genom von Urmenschen verglichen wird, die gleichen drei Gene beim modernen Menschen auffallend sind. Zwar haben wir von Neandertalern und Denisova-Menschen offenbar ein robusteres Immunsystem geerbt, jedoch ist dies auch mit einem höheren Risiko auf allergische Reaktionen verbunden, wie Dr. Kelso erklärt: „Wir reagieren stärker auf potentielle Krankheitserreger, doch dadurch reagieren wir auch intensiver auf ungefährliche Dinge, etwa auf Pollen oder Tierhaare.“
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Deutschland, Frankreich