Wissenschaft im Trend: Wie der Klimawandel wahrscheinlich die Ichthyosauriern tötete
Seit Generationen sind Kinder (und auch viele Erwachsene) von dem Geheimnis fasziniert, welches das Massenaussterben der Dinosaurier und anderer prähistorischer Tiere verursacht hat. Während Paläontologen für einige der wichtigsten Massenaussterben der Erdgeschichte über solide Theorien verfügen, wobei die bekannteste jene über einen Asteroiden sein dürfte, der vor rund 65 Millionen Jahren auf unserem Planeten eingeschlagen sein soll, gibt es einige berühmte Spezies, deren Aussterben die Wissenschaftler immer noch vor große Rätsel stellen. Dazu gehört der marine Ichthyosaurier. Vom Trias bis zur späten Kreidezeit, als Dinosaurier das Land beherrschten, lebten viele verschiedene Ichthyosaurierarten in den Ozeanen der Erde. Sie ernährten sich vor allem von Fisch und Kalmar und entwickelten stromlinienförmige delfinartige Körper, die auf Schnelligkeit programmiert waren. Sie haben ihren Höhepunkt während des Jura erreicht und verschwanden in der Kreidezeit, mehrere Millionen Jahre, bevor der letzte Dinosaurier verschwunden war. Nicht überzeugende Theorien über das Verschwinden des Ichthyosauriers Wissenschaftler haben verschiedene Theorien zu diesem Thema aufgestellt, die sich meist auf die Nahrungsversorgung des Tieres konzentrierten, um das Schicksal der Ichthyosaurier zu erklären. Doch keine davon konnte die Mehrheit der Wissenschaftsgemeinschaft überzeugen. Ein Argument war, dass sie im Wettstreit um Nahrungsmittel gegen andere Meeresraubtiere verloren haben. Andere wiederum behaupten, dass sie aufgrund eines Massenaussterbens ihres Hauptbeutetiers verhungerten. Jetzt hat ein Team aus Wissenschaftlern aus Belgien, Frankreich, Russland und dem Vereinigten Königreich das Argument vorgebracht, dass der Klimawandel in der Kreidezeit wahrscheinlich zur Umwälzung der Meeresökosysteme geführt habe und damit das Todesurteil für die Ichthyosaurier kam. Ihre Erkenntnisse sind in der Zeitschrift „Nature Communications“ veröffentlicht. Die Forscher durchkämmten Museumssammlungen und Literatur, in denen Funde von Ichthyosaurierfossilen beschrieben werden. Sie entwickelten daraus einen komplett aktuellen und detaillierten Stammbaum der vielen Ichthyosaurierarten, die Millionen von Jahren existierten, als die Tiere die Erde bevölkerten. Anschließend führten sie eine Analyse durch, um die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Spezies und die Art und Weise, wie sie sich über die Zeit entwickelten, zu untersuchen. Eine der ersten Schlussfolgerungen war, dass die Wettbewerbshypothese nicht richtig mit dem verfügbaren Wissen über die Tiere zusammenpasste. Sie konnten kein Tier nennen, das zur gleichen Zeit existierte und die Möglichkeit gehabt hätte, den Ichthyosauriern die Nahrungsgrundlage wegzunehmen. Sie widerlegten auch die Theorie, dass das Aussterben der Hauptnahrungsquelle, des Belemniten, einer tintenfischartigen Kreatur, der Grund für den Untergang der Ichthyosaurier war, da die Ichthyosaurier als Gruppe sehr unterschiedlich waren. Der Klimawandel und sein Einfluss auf das Meeresökosystem der Kreidezeit Indem die Forscher ihre Netze weiter auslegten und mehr Versuche durchführten, um herauszufinden, welche Umweltveränderungen am ehesten das Geheimnis lüften könnten, entdeckten sie, dass extreme Klimaveränderungen in der späten Kreidezeit die stärksten Anzeichen waren. Es gibt starke geologische und fossile Belege, dass in der Zeit, als die Ichthyosaurier zum ersten Mal zurückgingen, große Umweltveränderungen stattfanden, die sich durch schwankende Meerestemperaturen und chemische Veränderungen in den Ozeanen bemerkbar machten. „Unsere Ergebnisse unterstützen eine wachsende Zahl an Belegen, die zeigen, dass der Anstieg des Meeresspiegels und der Wassertemperaturen die Meeresökosysteme vor etwa 100 Millionen Jahren von Grund auf neu organisierten“, sagte Forschungsleiter Dr. Valentin Fischer von der Universität Lüttich, Belgien, und der Universität Oxford, Vereinigtes Königreich. „Die Ichthyosaurier konnten sich nicht anpassen, [weil] sie sich in den letzten 50 Millionen Jahren ihres Bestehens nur sehr langsam weiterentwickelt hatten. Als sich die Umwelt schnell veränderte, konnten sie nicht mit der Veränderung Schritt halten.“ Als die Ichthyosaurier schließlich alle ausgestorben waren, hatte sich die marine Landschaft von Grund auf verändert. Es herrschten höhere Temperaturen und niedrige Sauerstoffwerte, die Eiskappen an den Polen waren geschmolzen. Diese veränderten Bedingungen korrelieren mit dem möglichen Aussterben anderer gut bekannter Meeresreptilien wie den Mosasauriern. „Auch wenn steigende Temperaturen und Meeresspiegel, die in Gesteinsproben in der ganzen Welt nachgewiesen werden, die Ichthyosaurier vielleicht nicht direkt betroffen haben, sind verwandte Faktoren wie Nahrungsverfügbarkeit, Migrationsrouten, Konkurrenten und Brutplätze mögliche Triebkräfte, die eventuell in Kombination auftraten und das Aussterben der Ichthyosauriers begünstigten“, fügte Dr. Fischer hinzu. Während es vielen anderen Meeresreptilien gelang, länger zu überleben, hat das Leben für die todgeweihten Ichthyosaurier leider keinen Ausweg gefunden. Doch diese Ergebnisse heben hervor, dass ihr Verschwinden vielleicht gar nicht so spektakulär, sondern lediglich Teil größerer Veränderungen auf der Erde war, die vor allem durch den Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Ökosysteme der Ozeane angetrieben wurden.
Länder
Belgien, Frankreich, Russland, Vereinigtes Königreich