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Inhalt archiviert am 2023-03-24

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Ein Schritt in die richtige Richtung, um Navigationsverhalten zu verstehen

Mit neuen Einblicken in das Navigationsverhalten bringt uns das EU-finanzierte Projekt ANT NAVIGATION der nächsten Generation neurowissenschaftlicher Durchbrüche einen Schritt näher.

Die meisten Tierarten, einschließlich des Menschen, verlassen sich auf ihre Fähigkeit, durch ihre Umwelt navigieren zu können. Tatsächlich hängt davon häufig das Überleben ab, zum Beispiel, wenn man auf Nahrungssuche ist. Um wirksam navigieren zu können, muss man Informationen aus verschiedenen Quellen miteinander kombinieren (multimodale Integration). Aus diesem Grund wurde die Fähigkeit zu navigieren oft als Indikator für eine kognitive Arbeitsweise auf hohem Niveau betrachtet, da sie sich von analytischen Fähigkeiten sowie der Fähigkeit, zu vergleichen und zu beurteilen ableitet, um so die geeignetsten Strategien zu entwickeln und fähig zu sein, zu lernen und sich zu erinnern. Die Forschung weist jedoch darauf hin, dass ein komplexes Navigationsverhalten nicht unbedingt die geistigen Fähigkeiten erfordert, die man zuvor angenommen hat. Im Rahmen des EU-finanzierten Projekts ANT NAVIGATION wurde diese Hypothese anhand einer genauen Studie an Ameisen überprüft. Laut Forschungskoordinator Dr. Paul Graham gab es einen guten Grund, ausgerechnet Ameisen zu untersuchen: „Da Insekten mit begrenzten neuronalen Ressourcen entstanden sind, zeigen sie wirtschaftliche Strategien, mit denen Probleme gelöst werden könnten.“ Daraus kann man folgern, dass ein genaueres Verständnis der Art und Weise, wie die Navigation der Insekten funktioniert, auch Aufschluss über die wirtschaftlichen Methoden liefert, wie Informationen im Allgemeinen vom Gehirn verarbeitet und genutzt werden, auch bei Menschen. Multimodale Integration bei der Navigation der Arbeiter-Wüstenameisen Dr. Graham und sein Team untersuchten das Verhalten der Arbeiter-Wüstenameisen im Süden Spaniens und in Tunesien genau. Zum einen, weil Arbeitsameisen, so wie er sich ausdrückt „in ihrem Leben nicht viel mehr tun als zu navigieren.“ Zum zweiten sind diese Ameisen Einzelgänger und verlassen sich nicht auf soziale Signale wie chemische Spuren. Zusammen mit der Tatsache, dass Wüstenlandschaften nur geringe visuelle Stimuli auslösen, bietet sich so eine einzigartige Gelegenheit, um Navigationstechniken zu untersuchen. Wüstenameisen gehen auf Nahrungssuche, daher wurde traditionell angenommen, dass die Navigationsstrategie, die es ihnen ermöglicht, wieder an ihren Ausgangspunkt, für gewöhnlich zu ihrem Bau, zurückzukehren, auf dem Prinzip der Pfadintegration beruht. Dies wurde mit der maritimen Technik verglichen, kontinuierlich die Entfernung zu einem Ausgangspunkt und die Fahrtrichtung zu aktualisieren, wodurch man Orientierung erhält. Diese Technik wurde durch frühere Versuche veranschaulicht. In diesen Versuchen manipulierte man das Aussehen der Sonne, so dass sich die Wahrnehmung der Richtung verändert. Oder man verlängerte die Beine der Ameisen, was dazu führte, dass sie über das Ziel ihres Rückweges (z. B. ihren Bau) hinaus liefen. Einer der Beiträge, den das Projekt ANT NAVIGATION lieferte, bestand in der sorgfältigen Verfolgung der Bewegungen der Ameisen. „Wir waren eine der ersten Gruppen, die nicht nur die Wege der Ameisen aufzeichneten, sondern auch ihre Geschwindigkeit, wenn sie durch Pfadintegration geleitet wurden und sich in den frühen Lernstadien zu anderen Umweltreizen befanden. Das war eine leichte Aufgabe, aber sie wurde zuvor noch nie realisiert“, erklärt Dr. Graham. Indem man die Geschwindigkeit der Ameisen aufzeichnete, konnte man darauf hindeuten, dass die Ameisen einer inhärenten Regel folgen. Diese Regel korreliert die Geschwindigkeit der Ameisen mit der Bedeutung eines Ortes. Also nehmen sich Ameisen die nötige Zeit, um an wichtigen Standorten höherwertige visuelle Informationen aufzunehmen. Wie Dr. Graham versichert, ist dies interessant, „weil es zeigt, wie Ameisen die relativen Vorteile verschiedener Informationsquellen abwägen, ohne darüber ‚nachdenken‘ zu müssen, welchen Wert diese Information hat.“ Geteiltes Wissen für einen großen Sprung nach vorn Auf die Frage nach den Auswirkungen des Projekts ANT NAVIGATION, betont Dr. Graham, inwiefern sich ein reicheres Verständnis der Berechnungen, die mit den Navigationsstrategien der Insekten verknüpft sind, auf die Gestaltung kleiner autonomer Roboter auswirken kann, deren Verhaltensmuster eines Tages jenen der Insekten entsprechen könnten. „Wir arbeiten eng mit Ingenieuren zusammen, so dass die Erkenntnisse aus unseren Studien für die Robotik genutzt werden können“, erklärt er. Die biologischen Wissenschaften haben durch das Studium sogenannter „Modellsysteme“, wie beispielsweise Fliegen und Mäuse, viel darüber gelernt, wie Organismen funktionieren. Darüber hinaus wurden einige Tiere wegen ihrer speziellen funktionalen Fähigkeiten intensiv untersucht, wie zum Beispiel die Wüstenameisen aufgrund ihrer visuellen Navigation. Um die Wissenschaft auf die nächste Ebene zu bringen, weist Dr. Graham auf die Notwendigkeit einer Synthese zwischen Verhaltensforschung und neurowissenschaftlichem Wissen hin. Er stellt dar, dass „wir hoffen, bald in der Lage zu sein, die neuronalen Schaltkreise der navigierenden Ameisen zu manipulieren und unsere Erkenntnisse in eine Beziehung zum detaillierten Wissen über die wesentlichen neuronalen Schaltkreise bei Fliegen setzen zu können. Dies wird für die Neurowissenschaft ein großer Sprung nach vorn sein und Hoffnung geben, wirklich autonome kleine Roboter zu entwickeln, die für Anwendungen, wie beispielsweise Aufsichtsfunktionen nach Katastrophen oder landwirtschaftliche Überwachungsfunktionen, nützlich sein könnten.“ Weitere Informationen: CORDIS-Projektseite

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