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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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COMAN+ bringt die Interaktion zwischen Mensch und Roboter auf die nächste Stufe

Stellen Sie sich einen humanoiden Roboter vor, der industrielle Arbeitskräfte beim Tragen schwerer Objekte oder Ärzte während Physiotherapiesitzungen assistieren kann. Solche vielseitigen Roboter werden dank der Arbeit im Rahmen des EU-finanzierten Projekts CogIMon bald Realität sein.

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Ein Ballspiel zu spielen und Möbel zu rücken mögen zwar wie zwei völlig unterschiedliche Tätigkeiten erscheinen, sie haben jedoch mehrere Dinge gemeinsam. Zunächst einmal sind sie besser gemeinsam zu schaffen. Außerdem ist für diese scheinbar wenig anspruchsvollen Aufgaben tatsächlich eine feine Kombination von Stärke, Mäßigung und Abstimmung erforderlich. Wenn Sie versuchen, mit einem Roboter Ball zu spielen oder einen Tisch zu bewegen, werden Sie feststellen, wie diffizil diese Aufgabe tatsächlich ist. Es gibt jedoch einen humanoiden Roboter, der diese Schwierigkeit bald überwinden könnte. COMAN+ – eine Weiterentwicklung des COMAN-Humanoiden, der im Rahmen des vorherigen RP7-Projekts AMARSi entwickelt wurde – wird von seinen Schöpfern als günstigerer, robuster und vielseitiger Humanoid präsentiert, der Alltagsaufgaben erledigen kann. Prof. Dr. Jochen Steil, Koordinator von CogIMon (Cognitive Interaction in Motion), spricht kurz vor Ende des Projekts im Mai über die wichtigsten Ergebnisse. Welche Art von kollaborativen menschlichen Verhaltensweisen wollten Sie mit diesem Projekt replizieren und zu welchem Zweck? Wir fokussierten uns auf Verhaltensweisen, die ein Verständnis der angewandten Kräfte voraussetzen, und die implizite Kommunikation, die diese erforderlich machen. Dies beinhaltet die gemeinsame Manipulation von Gegenständen (Tische tragen, gemeinsames Anheben schwerer Gegenstände) oder miteinander zu werfen und zu fangen, weil in diesen Situationen Kräfte aus der Bewegung abgeschätzt werden. Ein weiteres Beispiel ist die Kraftkopplung von Joysticks in einem Spiel, bei dem Spieler implizit voneinander durch kraftbasierte Kommunikation lernen. Inwiefern könnte die Industrie durch die Beherrschung dieser Verhaltensweisen revolutioniert werden? Das Verständnis von Kräften ist für physikalische Roboterassistenzsysteme, die den Menschen aktiv unterstützen, indem sie ihre Stärke auf die menschlichen Fähigkeiten und die anstehende Aufgabe einstellen, von fundamentaler Bedeutung. Dies geht über eine Nutzung hinaus, um ausschließlich aus Sicherheitsgründen Konformität zu erreichen: es wird ein fortschrittlicheres und menschenfreundlicheres Handeln ermöglicht, das für die nächsten Generationen von Assistenzrobotern essenziell sein wird. Die vom Menschen angewandten Kräfte zeigen selbst bei sich wiederholenden Aufgaben große Variationen und ein einziges Steuergerät für alle Aufgaben wird demnach keine passende Lösung für die physikalische Interaktion sein. Assistenzroboter müssen ihre Stärke für eine flüssige, ergonomische und effektive Interaktion aktiv steuern können. Warum haben Sie sich speziell auf den COMAN-Roboter fokussiert? Die humanoide Forschung ist der Zehnkampf der Robotik: sie setzt die Integration vieler Gebiete und unterschiedlicher Fachkenntnisse voraus, um eine große technologische und wissenschaftliche Herausforderung anzugehen, die wichtige Fortschritte in Aussicht stellt. Es handelt sich um ein faszinierendes und anspruchsvolles Gebiet, das natürlich viele Spitzenforscher anzieht und gemeinsame Maßnahmen, vor allem unter EU-finanzierten Initiativen, erforderlich macht. COMAN ist eine dieser europäischen Erfolgsgeschichten, dessen Entwicklung maßgeblich durch EU-Forschungsrahmen finanziert wurde. Er ist drehmomentgesteuert und weist in seinem Körper Federn auf, sodass er in der Interaktion zwischen Mensch und Roboter sicher handeln und aktiv die Konformität seines ganzen Körpers regulieren kann. Mit seiner fortschrittlichen Antriebstechnologie zählt er zu den ersten und besten humanoiden Robotern für diese Aufgabe. Diese Geschichte wird in CogIMon durch die Entwicklung von COMAN+ fortgesetzt, den humanoiden Robotern der nächsten Generation, die Alltagsaufgaben robuster, günstiger, vielseitiger und kompetenter ausführen können. Worin sehen Sie die wichtigsten Leistungen des Projekts? Es gibt sowohl wissenschaftliche als auch technologische Errungenschaften. In wissenschaftlicher Hinsicht brachte CogIMon das derzeitige Verständnis der menschlichen Interaktion in Bewegung voran, hierfür sind vor allem unsere Partner im Bereich der Bewegungswissenschaften verantwortlich. Dies hat zu neuen Modellen geführt, wie der Mensch lernt, Kräfte bei der Interaktion zu kontrollieren, die jetzt in Roboter-Steuergeräten eingesetzt werden. Abgesehen von dem neuesten Stand der Technik in der konformen Steuerung von Humanoiden wurden Systeme mit mehreren Armen und mehreren Beinen erheblich vorangebracht. In technologischer Hinsicht stärkt der humanoide Roboter COMAN+ die führende Position der europäischen Forschung in der Entwicklung von Antrieben mit variablem Widerstand und konformen humanoiden Robotern. Wir haben auch Ingenieurswerkzeuge für die Simulation und Steuerung von Robotern entwickelt und quelloffen zur Verfügung gestellt. Schließlich haben wir die Technologie geschaffen, um Roboter-Steuergeräte in der Virtuellen Realität (VR) auszuführen und neue Wege für Anwendungen mit gemischter Realität zu ebnen. Wie sind Sie vorgegangen, um diese Technologien demonstrieren zu können? CogIMon hat erstmals zwei humanoide Roboter vorgestellt, die gemeinsam Gegenstände tragen. Das Projekt hat auch gezeigt, wie vier konforme Roboterarme zusammenarbeiten können, um in Interaktion mit einem Menschen einen schweren Gegenstand anzuheben und zu bewegen, zu neuen Methoden für das vorsichtige Fangen durch Roboter geführt und Werkstücke hergestellt, die zweimal auf der Hannover Messe in die Endrunde für den Kuka Innovation Award kamen. Schließlich haben wir eine überaus vielversprechende Anwendung in der Physiotherapie entwickelt, bei der virtuelle Realität und Robotersteuerung kombiniert werden, um ein Ballfangtraining für Patienten zu ermöglichen. Wir werden COMAN+ und diese Anwendungen auf der anstehenden Messe ICRA der Öffentlichkeit und der Wissenschaftsgemeinde präsentieren. Wie war das bisherige Feedback aus der Industrie? CogIMon ist vor allem Grundlagenarbeit und unsere humanoiden Roboter sind noch weit von der industriellen Anwendung entfernt. Es gibt großes Interesse, aber kein direktes Feedback aus konkreten Anwendungsfällen. Die erfolgreiche Teilnahme an den Innovationspreisen und die Demonstration fortschrittlicher Algorithmen für die Konformitätssteuerung hat jedoch große Aufmerksamkeit erregt. Die für COMAN+ entwickelten Antriebseinheiten werden derzeit kommerzialisiert und die ersten Evaluierungsstudien mit echten Patienten werden für unsere Physiotherapieanwendung durchgeführt. Der VR-Robotik-Ansatz mit gemischter Realität resultierte zudem in einer neuen Zusammenarbeit mit einem KMU. Was sind Ihre Folgepläne? Wir werden uns auf Anwendungen in Gesundheitswesen und Physiotherapie sowie auf die Ergonomie fokussieren, um die Kombination von VR und Robotik weiterzuentwickeln, und eine sichere physikalische Interaktion zu Trainingszwecken zu ermöglichen. Dies macht weitere Fortschritte in Hardware und Ingenieurswerkzeugen erforderlich, um eine kohärente und systematische, aber dennoch flexible Anwendungsentwicklung zu gewährleisten. Die nachfolgende Forschung wird auch Anwendungen mit mehreren Robotern sowie die Steuerung von humanoiden Robotern in Alltagsaufgaben betreffen. Der Zehnkampf im Bereich der humanoiden Robotik wird in den kommenden Jahren weitergehen.

Länder

Deutschland

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