Wissenschaft im Trend: Tödlicher Amphibienpilz verursacht weltweites Aussterben von Froscharten
Erste beunruhigende Anzeichen gab es bereits vor mehreren Jahrzehnten, als Frösche, Kröten und Salamander in Australien, Costa Rica und Ecuador auf rätselhafte Weise zu verschwinden begannen. Bis 1990 beobachteten Wissenschaftler erstmals ein weltweites Amphibiensterben. Als Ursache stellte sich ein Pilz heraus, der die Haut angreift und die Tiere bei lebendigem Leib frisst. Die verheerendste Wildtierkrankheit aller Zeiten Und wie sieht die Situation heute aus? Dokumentierte Belege lassen das Ausmaß der Krankheit und ihr zerstörerisches Wirken erkennen. In der Zeitschrift Science veröffentlichte Untersuchungen belegen, dass eine durch den Chytridpilz verursachte Krankheit namens Chytridiomykose bei mindestens 501 Amphibienarten zu einer drastischen Verringerung der Populationszahlen und darunter in sogar 90 Fällen zu einem Aussterben geführt hat. „Hochvirulente Erkrankungen bei wild lebenden Tieren, darunter die Chytridiomykose, tragen zum sechsten großen Massenaussterben auf der Erde bei“, erklärte der Hauptautor des Berichts Dr. Ben Scheele von der Australian National University (ANU) in Canberra, Australien, gegenüber der BBC. „Wir haben einige wirklich faszinierende Arten verloren.“ Die wesentlichen Ursachen dieser weltweiten Pandemie und der wachsenden Verbreitung des Chytridpilzes liegen in der Globalisierung und dem Handel mit Wildtieren. „Die Menschen bewegen Pflanzen und Tiere weltweit in immer rasanterem Tempo von einem Ort zum anderen – und schleppen dabei Pathogene in neue Gebiete ein“, so Dr. Scheele. Der Chytridpilz vernichtet biologische Vielfalt in noch nie gekanntem Ausmaß Wie in dem Bericht dargelegt wird, stellen die 501 Arten 6,5 % der bekannten Gesamtpopulation dar, eine mehr als doppelt so hohe Prozentzahl wie in vorherigen Schätzungen. Davon ist der Bestand bei 124 Arten zu über 90 % zurückgegangen; sie werden sich möglicherweise nicht mehr erholen. „Die Ergebnisse sind wahrlich verblüffend“, fügte Dr. Scheele im Gespräch mit der britischen Zeitung The Guardian hinzu. „Wir wussten ja seit fast zwei Jahrzehnten, dass der Chytridpilz großen Schaden anrichtet, doch eine echte Untersuchung und Quantifizierung dieses Artenrückgangs leistet erst diese Studie.“ Es besteht aber auch Anlass zur Hoffnung: Einige Arten lassen Anzeichen einer natürlichen Regenerierung erkennen. Bei rund 12 % der 501 Arten sind an einigen Orten die Anfänge einer solchen Erholung zu beobachten. Unter Leitung der ANU kamen mehr als 40 Experten in den Bereichen Amphibien und Wildtierkrankheiten aus der ganzen Welt zusammen, um mithilfe von veröffentlichten Aufzeichnungen, Forschungsdaten und Sammlungen in Museen herauszufinden, wie viele Amphibienarten von der Pilzerkrankung betroffen sind. Der Chytridpilz hat sich auf über 60 Länder ausgebreitet. In Australien sowie in Zentral- und Südamerika wütet er wegen des großen Reichtums an Froscharten und der idealen Bedingungen für die Ausbreitung der Krankheit in diesen Regionen besonders heftig. Bei vielen Amphibienarten ist der Pilz die Haupttodesursache. Bei anderen kommen jedoch weitere Faktoren hinzu: Die Zerstörung von Lebensräumen, der Klimawandel und Beutezüge invasiver Arten tragen alle dazu bei, dass Arten aussterben. Das internationale Team machte außerdem deutlich, dass viele Arten auch während der nächsten zehn bis 20 Jahre aufgrund des fortdauernden Populationsrückgangs weiterhin stark vom Aussterben durch den Chytridpilz bedroht sind. Wie kann nun die Ausbreitung des Chytridpilzes und anderer ähnlicher Pathogene verhindert werden? Die Forscher verweisen darauf, dass verbesserte Vorschriften zur Biosicherheit und zum Handel mit wild lebenden Tieren nötig sind, und zwar auf globaler Ebene. „Hinsichtlich der Biosicherheit liegt das Augenmerk auf Bedrohungen der menschlichen Gesundheit und der Landwirtschaft“, gab Dr. Scheele abschließend zu bedenken. „Wir müssen hier das Spektrum erweitern und auch die Umwelt sowie Dinge, die Pflanzen und Tieren schaden, einbeziehen.“
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