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Inhalt archiviert am 2024-04-18

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Big Data ermöglicht bessere Netzwerke für den städtischen Verkehr

Den öffentlichen Verkehr zu verbessern, kann sich als schwierige Aufgabe erweisen. Aber wie wäre es, wenn Städte auf das unbegrenzte Potential von Big Data zugreifen könnten, um bessere Entscheidungen zu treffen? Dank der Software as a Service SIADE können sie nun Mobilitätsmuster von Fahrgästen erkunden und die Stärken und Schwächen vorhandener oder geplanter Netzwerke für den öffentlichen Nahverkehr aufdecken.

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Das Projekt SIADE SaaS (Spatial Decision Support System for Transportation Planning) stellt eine deutliche Veränderung der Marktposition des spanischen KMU Terrain Technologies dar. Nach einem rund um einen Algorithmus entwickelten Beratungsservice, mit dem Rückschlüsse auf Reiseziele von Fahrgästen ermöglicht werden, beantragte das Unternehmen Unterstützung durch Horizont 2020, um sich als Softwaredienstanbieter zu positionieren. Heute können Städte in ganz Europa von einer Lösung profitieren, bei der Big Data mit einer Raumkomponente ergänzt wird, sodass komplexe Analysen der Verhaltensmuster von Reisenden möglich werden, mit denen Netzwerke für den öffentlichen Verkehr verbessert werden können. María J. Arguelles, Projektkoordinatorin, erzählt uns mehr über die Lösungen des Unternehmens und seine bisherigen Erfolge. Wie kann Big Data dazu beitragen, ein besseres Erlebnis im öffentlichen Verkehr in Europa anzubieten? María J. Arguelles: Die heute schon im öffentlichen Nahverkehr vieler Städte verfügbaren intelligenten Tickets ermöglichen riesige Datenmengen. Diese Datensätze spiegeln wider, wie sich die Menschen verhalten. Dies ermöglicht eine Beurteilung des Verkehrsbedarfs und die Bereitstellung eines genauen Abbildes der Gewohnheiten, entweder als Gruppen (basierend auf Ticketkosten, zum Beispiel Student, ältere Menschen usw.) oder Einzelpersonen. Dank Big Data-Analysen können wir den öffentlichen Verkehr an diesen Bedarf anpassen, neue Dienstleistungen planen, Gehzeiten minimieren usw. Wo lagen die Probleme bei den bisherigen Versuchen, diese Daten zu nutzen und wie zeichnet sich Ihre Software diesbezüglich aus? Es ist wichtig, zu klären, dass Big Data große Komplexität ins Verkehrswesen bringt, weil es etwas beinhaltet, was allgemein als die „5 Vs“ (Volume, Velocity, Veracity, Variety und Value – Volumen, Geschwindigkeit, Richtigkeit, Vielfalt und Wert) definiert wird. Eine große Datenmenge impliziert zum Beispiel eine große Speicherkapazität. Wir dürfen nicht vergessen, dass Städte wie Madrid zum Beispiel nahezu 500 Millionen bzw. rund 1,2 Milliarden Fahrten für den gesamten Großraum Madrid pro Jahr generieren. Das entspricht ungefähr den Zahlen von Istanbul. Die Dimension Vielfalt umfasst Datensätze aus unterschiedlichen Quellen, zum Beispiel Fahrkartenentwerter in Bussen oder Mobiltelefone, während Wahrhaftigkeit die Bedeutung hochwertiger Daten und das Maß an Vertrauen hervorhebt. Was das Bild noch komplizierter macht, ist die Tatsache, dass Transportaufzeichnungen mit geografischen Standorten verknüpft sind. Das bedeutet, dass wir es mit Daten mit einer räumlichen Komponente also räumlichen Big Data zu tun haben. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, wurde die Software as a Service SIADE im Kern als eine GIS-Entwicklung konzipiert, wobei die räumliche Natur der Daten mit fortschrittlichen Datenanalysemethoden zusammengeführt werden. Wie genau kompensieren Sie das Fehlen von Daten zu den Reisezielen von Fahrgästen? Das ist einer der Kern-Algorithmen von SIADE. Wir können in bis zu 88 % der Fälle mit einer Genauigkeit von 96 % Rückschlüsse auf die Reiseziele von Fahrgästen führen. Diese Ergebnisse bestätigen, dass wir sehr stark darin sind, auf der Basis von Verkehrsdaten viel schneller, viel günstiger und vollständiger als diejenigen, die bei Verkehrsbefragungen traditionelle Methoden einsetzen, Matrizen zu ursprünglichen Fahrtzielen zu erstellen. Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass unsere Matrizen auf Millionen Aufzeichnungen basieren, während Befragungen auf einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung beruhen. Was haben Sie dank der Förderung durch die EU bisher erreicht? Was müssen Sie bis Projektende außerdem noch in Angriff nehmen? Das Projekt basierte auf dem Verständnis, dass wir das Geschäftsmodell ändern müssen und es in ein Modell des Typs SaaS (Software as a Service) verwandeln müssen. Hierbei handelt es sich allerdings um einen kostspieligen Prozess, weshalb wir unser Ziel ohne Förderung durch die EU nicht so schnell erreicht hätten. An diesem Projekt waren außerdem mehrere Verkehrsberatungsunternehmen, Verkehrsbetriebe und/oder Verkehrsagenturen aus ganz Europa beteiligt, was für den Test der SIADE-Versionen von entscheidender Bedeutung war. Darüber hinaus freuen wir uns sehr, von einer Gruppe von durch die EU bereitgestellten Schulungsleitern unterstützt worden zu sein, die unsere Entscheidungen bezüglich der Marktstrategie begleiten. Mittlerweile haben wir zwei der drei Phasen des Projekts, darunter das Analysemodul und den Simulator, abgeschlossen. Der Simulator kann die Veränderungen des Passagierflusses nach einer Änderung oder Löschung eines der Elemente in einem Verkehrsnetzwerk, wie zum Beispiel, Bushaltestellen, Linien, Verkehrsrichtlinie, Frequenz usw., mit einer Genauigkeit von 93 % vorhersagen. Derzeit arbeiten wir in der Phase Big Data an der Lösung der Probleme im Zusammenhang mit den 5-V-Teilen der Algorithmen, die bereits erfolgreich an das neue Rahmenwerk angepasst wurden. Können Sie uns einige Beispiele nennen, welche Herausforderungen von Kundenseite dank Ihrer Technologie überwunden werden konnten? Sicher. Wir haben zum Beispiel erfolgreich aufgezeigt, dass der Busverkehr in Oradea (Rumänien) nicht das ganze Stadtzentrum effizient abdeckte. In Gijón (Spanien) haben wir dank dem Simulator herausgefunden, dass Veränderungen bei der Linie 14 die kommerzielle Geschwindigkeit erhöhen könnten. Dies würde allerdings bedeuten, dass manche Menschen, die in den von der neuen Linienführung betroffenen Regionen wohnen, in Zukunft nicht mehr Bus fahren würden, während die meisten von ihnen eine andere Linie (18) wählen würden, statt die Transfers zu nutzen. In Modena (Italien) wurde das Datenmodell verbessert und verändert, um die Möglichkeiten von SIADE noch besser nutzen zu können. Unsere Empfehlung, in Gijón eine Ringlinie zu schaffen, wurde im neuen Mobilitätskonzept der Stadt umgesetzt. Können Sie uns etwas mehr über Ihre derzeitige Marktabdeckung sagen? Zurzeit arbeiten wir mit mehreren Verkehrsberatungsunternehmen zusammen, um die Chancen für gemeinsame Angebote in Spanien, Lateinamerika und Osteuropa zu erkunden. Die Tatsache, dass wir über ein erfolgreiches, von der EU gefördertes Projekt verfügen, stellt einen außerordentlich großen Wettbewerbsvorteil dar. Wie sehen Ihre weiteren Pläne aus, insbesondere nach dem Abschluss des Projekts? Es ist uns gelungen, eine Plattform zu erstellen, die den Bedarf unserer Kunden und Partner zu 100 % erfüllt, daher können wir davon ausgehen, dass wir auch weitere Märkte außerhalb von Europa und Lateinamerika, zum Beispiel die Vereinigten Staaten und Kanada, erschließen können.

Länder

Spanien

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