Sieger des EU-Wettbewerbs für junge Wissenschaftler
Thessaloniki, die griechische Stadt der Philosophen, erstrahlte im Glanz der hellen Köpfe der zukünftigen Wissenschaftler, die sich vom 19. bis 26. September 1999 dort zum jährlichen Wettbewerb für junge Wissenschaftler der EU trafen. Fünf junge Wissenschaftler mußten ihre heißen Diskussionen mit den Kollegen unterbrechen, um auf der Preisverleihung am 25. September die drei Hauptpreise entgegenzunehmen, die mit jeweils 5.000 Euro dotiert waren. Sie wurden von den griechischen Ministern Magriotis, Venizelos und Papazoi sowie von Professor Jorma Routti, dem Leiter der Generaldirektion Forschung der Europäischen Kommission, überreicht. Sarah Flannery aus Irland verglich unter Einsatz der höheren Mathematik zwei Kryptographiesysteme. In ihrer Studie belegt sie, daß ein neues System zur Datenverschlüsselung im Internet genauso sicher und bedeutend schneller als das System ist, das zur Zeit weit verbreitet ist. Sverrir Gudmundson, Pall Melsted und Tryggvi Thorgeirsson aus Island studierten Hunderte von Galaxien und wiesen dabei die Möglichkeiten der modernen Datenverarbeitung und des Internet nach. Michal Ksizkiewich aus Polen stellte mit Hilfe von Flechten eine systematische Methode zur Untersuchung der Luftverschmutzung auf. Ihre Bewerbungen wurden aus 57 Projekten aus über 30 Ländern ausgewählt. Dieser Wettbewerb ist Teil des Programms zur Verbesserung des Humanpotentials, das von der Generaldirektion Forschung durchgeführt wird. Durch diesen Wettbewerb will die Kommission das Interesse junger Leute an der Wissenschaft fördern und hervorheben; sie erhalten dabei die Möglichkeit, sich aktiv an echten Forschungsprojekten zu beteiligen. Nach dem Wettbewerb stoßen speziell ausgewählte junge Wissenschaftler zu Forscherteams, die unter der Leitung der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission an Projekten in Ispra (Italien), den europäischen Observatorien der nördlichen Halbkugel auf den Kanarischen Inseln und der Royal Geographic Society auf den Seychellen arbeiten. Die Heranführung junger Menschen an eine wissenschaftliche Laufbahn ist von entscheidender Bedeutung für die Zukunft der europäischen Forschung. Forschungskommissar Philippe Busquin sagte dazu: "Dieser Wettbewerb geht genau in die Richtung, die ich mir für Europa vorstelle. Alle europäischen Teilnehmer haben allein durch ihre Auswahl als Vertreter ihres Landes viel erreicht, und die Projekte decken eine interessante Auswahl an Wissenschaftsgebieten ab. Sie zeugen von Phantasie, Hartnäckigkeit und Organisationstalent; dies sind die Grundlagen dafür, daß die Wissenschaft und eine neue Generation von Wissenschaftlern einen echten Beitrag für das Europa von morgen leisten." Die Bewerbungen wurden von einer internationalen Jury aus 14 Wissenschaftlern beurteilt, darunter der Vizepräsident des Europäischen Patentamts, dessen Team den jungen Wissenschaftlern bereitwillig Tips zur Patentierung und zu Patenten gab. Neben den Hauptpreisen wurden drei mit 3.000 Euro dotierte zweite und drei dritte Preise im Wert von 1.500 Euro vergeben. Darüber hinaus wurden Vertreter ausgewählt, die an der Verleihung des Nobelpreises auf dem "International Youth Science Forum" in Stockholm und dessen Pendant in London teilnehmen. Professor Pedro Guerreiro, der Präsident der Jury, sagte: "Die Begeisterung dieser außergewöhnlich talentierten jungen Leute zu erleben, ihre Motive zu verstehen und ihre Intelligenz zu sehen ist eine sehr lohnenswerte Aufgabe. Diese Veranstaltung hat sich für mehrere Teilnehmer als wichtiges Sprungbrett für eine verheißungsvolle wissenschaftliche Laufbahn erwiesen und bringt außerdem die kommende Generation der europäischen wissenschaftlichen Gemeinschaft näher zusammen." Die Veranstaltung gab den Jugendlichen darüber hinaus Gelegenheit, Verbindungen zu knüpfen und den Dialog mit anderen Teilnehmern zu suchen, die eines Tages vielleicht Kollegen sein werden. Sarah Flannery, 17, die gerade in Cork ihr Abitur macht, meinte: "Ich habe mich in Thessaloniki absolut wohl gefühlt. Das war die schönste Woche meines Lebens." Sarah kam nach einer Unterhaltung mit ihrem Vater, einem Mathematikdozenten, auf die Idee für ihre Arbeit "Cryptography: a new algorithm vs the RSA". Im Rahmen eines Praktikums bei der Firma Baltimore Technology konnte sie weiter an ihrer Idee arbeiten und gewann 1998 den irischen Wettbewerb "Esat Young Scientist of the Year". Ihre Arbeit hat bereits das Interesse von Koryphäen der Kryptographie erweckt. Neben ihrem ersten Preis gewann Sarah auch die Teilnahme am "International Youth Science Seminar" in Stockholm, das im Rahmen der Nobelpreisverleihung 1999 stattfindet. Sie sagte: "Ich war wirklich überrascht über meinen Erfolg. Der Sieg bei der irischen Ausscheidung war schon ein toller Erfolg, dieser Sieg war aber wirklich super; ich kann es gar nicht erwarten, nach Stockholm zu reisen." Michal Ksiazkiewicz, 19, studiert gerade im ersten Jahr Biotechnologie an der Universität Adamiciewiez; er begann 1994, sich Gedanken um Flechten zu machen, nachdem er in einem Artikel las, daß die Meßtechniken nicht so korrekt sind, wie sie sein sollten. 1996 und 1997 setzte er seine Forschungsarbeit mit Unterbrechungen durch Regen und schlechtes Wetter, den Nachteilen des Arbeitens unter freiem Himmel, fort. Sein Projekt "Estimation of urban air pollution using epiphytic lichens" wurde aufgrund seines bedeutenden und systematischen Beitrags für die Entwicklung einer Methodik zur Bestimmung der Auswirkungen der Luftverschmutzung anhand der Untersuchung von Epiphyten wie Flechten in städtischen Bereichen ausgezeichnet. Neben seinem Preis gewann Michal eine Reise auf die Seychellen, wo er im nächsten Sommer für die Royal Geographic Society arbeiten wird. Er sagte: "Das Wetter ist mit Sicherheit besser als in Polen; ich kann es kaum erwarten." Die Sieger Sverrir Gudmundsson, 20, Student an einer technischen Hochschule in Reykjavik, Pall Melsted, 19, im letzten Jahr seines Physik-Abiturs in Reykjavik, und Tryggvi Thorgeirsson, 20, der zur Zeit sein Preisgeld im Urlaub in Deutschland ausgibt, haben sich im Astrophysik-Unterricht kennengelernt. Dabei kamen sie mit der Arbeit eines isländischen Astronomen in Kontakt, der auf den Kanarischen Inseln Forschungen für ein optisches Teleskop für die Nordhalbkugel durchführte. Als sie feststellten, daß ihr Dozent zu diesen Astronomen gehörte, sprachen sie mit ihm über die zusätzlichen Daten, die in dem Forschungsprojekt gewonnen, aber nicht vollständig genutzt wurden. In ihrem Projekt "The Galaxy cluster MS1621+2640" verwendeten sie zwei bestehende Datensätze - einen der isländischen Astronomen und einen, den sie mit Hilfe einer Astrophysik-Suchmaschine im Internet fanden, um die Eigenschaften eines Galaxien-Clusters zu analysieren. Ihre Ergebnisse erbrachten einen interessanten neuen Fund, nämlich eine ringförmige Region mit hoher Dichte, der ihrer Meinung nach durch einen gravitationsbedingten Linseneffekt entstanden sein könnte. Das isländische Team gewann einen Studienaufenthalt in den europäischen Observatorien der nördlichen Halbkugel auf den Kanarischen Inseln. Pall Melsted sagte dazu: "Der Wettbewerb war toll - ich habe viele Freunde getroffen, mit denen ich per E-mail in Kontakt bleibe. Unser Sieg war natürlich noch besser; nächsten Sommer sind wir auf den Kanarischen Inseln in den gleichen Laboratorien, in denen die isländischen Forscher die Daten sammelten, die wir verwenden konnten. Das gibt uns die Gelegenheit, einmal mit richtigen Instrumenten in einem richtigen Labor zu arbeiten - obwohl das Labor in unserer Schule auch ziemlich gut war."
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