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Inhalt archiviert am 2024-04-23

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TOBI: Menschen mit Behinderung – Geist triumphiert über Materie

Menschen mit schweren körperlichen Behinderungen sind zu vielen alltäglichen Dingen, die wir meist als selbstverständlich erachten, nicht in der Lage, obwohl sie eigentlich über den Willen – und die Hirnleistung – dazu verfügen. Dies ändert sich nun dank europäischer Projekte wie TOBI (Tools for Brain-Computer Interaction). Allein mit ihren Gedanken können Menschen mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit E-Mails schreiben und sogar wieder Kontrolle über gelähmte Gliedmaßen erlangen.

Das TOBI-Projekt erhielt 9 Mio. EUR an EU-Forschungsförderung, um praxistaugliche Technologie zur Gehirn-Computer-Interaktion zu entwickeln und so die Lebensqualität von Menschen wie dem 20-jährigen Francesco oder dem 53-jährigen Jean-Luc zu erhöhen. Seit Jean-Luc Geiser einen Schlaganfall erlitt, ist er vollständig gelähmt und unfähig, zu sprechen. Dank dem TOBI-Projekt konnte Jean-Luc wieder kommunizieren, indem er E-Mails mit einem Computer-Cursor verfasste, der durch seine Gehirnströme gesteuert wurde. "Durch die Teilnahme an diesem Projekt konnte ich erkennen, dass ich für die Gesellschaft noch immer von Nutzen sein kann", sagte er in einer Stellungnahme, die von seiner Schwester während des abschließenden Projekt-Workshops verlesen wurde. "Es gibt viele Menschen, die an körperlichen Behinderungen verschiedener Schwere leiden und keine Kontrolle über ihren Körper haben, deren kognitive Leistung jedoch ausreichend hoch ist", sagte Projektkoordinator José del R. Millán, ein Professor an der Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne. "Wir wollen, dass sie Teil unserer Gesellschaft sein können." Im Gegensatz zu ähnlichen Experimenten, bei denen normalerweise nicht-behinderte Patienten oder invasive Hirnimplantate eingesetzt werden, wurden im TOBI-Projekt durch die Entwicklung nicht-invasiver Prototypen neue Maßstäbe gesetzt. Durch die Verwendung kostengünstiger und leicht erhältlicher Ausrüstung konnte das Projektteam in relativ kurzer Zeit viel erreichen. DIE KRAFT DES GEHIRNS Das TOBI-Projekt umfasste mindestens drei Arten von Gehirn-Computer-Dialogen, was bedeutete, dass gelähmte Patienten kommunizieren und sich sogar bewegen konnten. Bei der ersten Methode wurden Gehirnsignale über Elektroden, die an einer auf dem Kopf getragenen Haube befestigt waren, an einen Computer-Cursor gesendet. Allein dadurch, dass sie an die zu tippenden Tasten dachten, konnten die Patienten den Computer-Cursor bedienen, um durch das Internet zu surfen und E-Mails und Texte zu verfassen. Im zweiten Versuch sendeten die Patienten Gehirnsignale, um einen kleinen Roboter mit Video-, Audio- und Hinderniserkennungs-Sensoren zu steuern. Sie konnten den Roboter dann verwenden, um einen "virtuellen" Spaziergang im Krankenhaus zu unternehmen oder sich sogar mit nahestehenden Personen an anderen Orten zu treffen. Andere Patienten waren in der Lage, allein kraft ihrer Gedanken die Kontrolle über gelähmte Gliedmaßen wiederzuerlangen. Dies konnte mit Computersoftware erreicht werden, die dazu entwickelt wurde, die Intention eines Patienten zum Ausführen einer bestimmten Bewegung zu erkennen. In manchen Fällen konnten intensive Übungen und Rehabilitationsmaßnahmen dazu beitragen, dass sie diese Kontrolle selbst nach Entfernen der Elektronik behielten. Während des gesamten Projekts verließen sich die Forscher auf die Rückmeldungen der Patienten, um die Technologie, mit der sie arbeiteten, zu verfeinern. Die Nutzer wurden Teil des Forschungsteams. "Das war keine Hexerei", sagte Professor Millán. "Wir haben uns das Feedback aller Patienten angehört, um Fehler zu korrigieren, und haben alle Änderungen sofort durchgeführt. Wir haben auch die Rückmeldungen der professionellen Endnutzer berücksichtigt, die mit den Patienten im Krankenhaus arbeiteten." Viele Patienten empfanden es auch als befriedigend, sich als Teil von etwas Bedeutendem zu sehen, selbst wenn sie nicht über die anfänglichen Experimente hinaus teilnehmen konnten. EIN HOFFNUNGSSCHIMMER Das Projekt wurde letztes Jahr abgeschlossen, und die Systeme werden weiterhin geprüft und verbessert. Ein Teil der Ausrüstung wird nun in Kliniken und Krankenhäusern verwendet, die TOBI-Partner sind. Fachleute des Gesundheitswesens führten auch viele der Gehirn-Computer-Interaktionen selbstständig oder mit geringfügiger Hilfe der Forscher durch, und Tests wurden in Privathaushalten durchgeführt, außerhalb der gut kontrollierten Laborbedingungen. "Insgesamt belegt dies den Grad der Robustheit und die Möglichkeiten der heutigen Technologie für Gehirn-Computer-Interaktion (brain-computer interaction, BCI)", so Professor Millán. "Es ist zu hoffen, dass unsere Forschung zu weiterer Arbeit auf diesem Gebiet anregen wird, um das Leben behinderter Menschen mit gesundem, funktionstüchtigem Gehirn zu verbessern." Link zur Projektwebsite Link zum Video

Schlüsselbegriffe

RP7, IKT, Gesundheit, Gehirn-Computer, BCI