Brite-Euram-Projekt erhielt höchste Auszeichnung für Verbundwerkstoffe
Ein in einem von der EU geförderten Projekt entwickelter innovativer Verbundwerkstoff erhielt für ein umweltfreundliches thermoplastisches Material, das zur Produktion großer Flächen eingesetzt werden kann, eine der höchsten Auszeichnungen der Verbundwerkstoff-Branche. Der Stoff Twintex, der mit Unterstützung des Brite-Euram-Programms im Rahmen des Envirocomp-Projekts entwickelt wurde, ist neuartig, da er im Gegensatz zu ähnlichen Verbundwerkstoffen in großen Stücken geformt werden kann und bei der Herstellung keine schädlichen Styroldämpfe austreten, die, wenn sie eingeatmet werden, sehr schädlich für die menschliche Lunge und das Nervensystem sind. Der britische Bootsbauer Halmatic nahm für das Projekt im Rahmen einer Feier auf der "JEC Composites Show 2000" die JEC-Verbundwerkstoff-Auszeichnung für Transportinnovation in Empfang. Bei der "JEC Composites Show 2000" handelt es sich um die weltweit wichtigste Veranstaltung für Verbundwerkstoffe und neue Materialien. Halmatic ist einer von mehreren Partnern, die drei Jahre lang im Envirocomp-Projekt zusammenarbeiteten und die Verwendbarkeit von Twintex im Bootsbau erfolgreich nachweisen konnten. JEC-Geschäftsführer Frédérique Mutel sagte dazu: "Dies ist das erstemal, daß der Verbundwerkstoff-Branche ein Boot aus verstärktem Thermoplast gezeigt wurde. Halmatic demonstrierte die sehr gute Leistung eines sehr guten Produkts." "Drei Kriterien bestimmten die Vergabe der Auszeichnung. Erstens der technische Aspekt - es muß sich um eine Innovation, etwas neues handeln. Zweitens muß es sich nachweislich um eine gewerbliche Anwendung handeln. Und schließlich spielt auch die Qualität der Partnerschaft eine Rolle. Die ausgewählten Produkte sollten darüber hinaus umweltfreundlich sein." "Halmatic wurde für seine exzellenten Leistungen in allen Kategorien ausgezeichnet. Dieses Projekt ist ein sehr anschauliches Beispiel einer europäischen Partnerschaft - sie umfaßte ein deutsches Forschungsinstitut und einen französischen Hersteller, dessen Materialien im praktischen Einsatz in Produkten britischer und dänischer Unternehmen nachgewiesen wurde." Die "JEC Composites Show" soll ein Treffpunkt für FuE-Manager, Einkäufer der Endmärkte und Hersteller von Verbundwerkstoffen sein. Über 17.000 Besucher aus 85 Ländern konnten Twintex begutachten, was der Envirocomp-Partnerschaft bedeutende Marketingchancen für die Zukunft einbrachte. "Seit der Veranstaltung haben wir bedeutendes Interesse erfahren, und zwar sowohl aus Europa als auch von außerhalb", so Gerry Boyce von Euro-Projects, einem britischen Spezialisten für die Gestaltung und Entwicklung von Verbundwerkstoffen, der das Envirocomp-Projekt leitete. "Wir wollen zur Zeit in Europa bleiben, um so der europäischen Industrie einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Die Forschung wäre ohne öffentliche Mittel nicht möglich gewesen, und wir wollen, daß diese Technik im Gegenzug etwas leistet. Wir werden beweisen, daß diese Art der Zusammenarbeit einen Prozeß hervorbringen wird, der einsatzbereit ist." Das Konzept hinter dem erfolgreichen Projekt war die Entwicklung einer umweltfreundlichen Alternative zu faserverstärkten Kunststoffen, dem beliebtesten Material für die Konstruktion großflächiger Strukturen für alle möglichen Verkehrsmittel und insbesondere Boote. Faserverstärkte Kunststoffe sind aufgrund ihres geringen Gewichts und ihrer Robustheit beliebt, was sie zum idealen Baumaterial für verschiedene Transportmittel macht. In Westeuropa werden jährlich über 300.000 Tonnen faserverstärkte Kunststoffe gefertigt. Ihre Haltbarkeit ist dadurch beschränkt, daß sie nur in kleinen Flächen hergestellt werden können, so daß der Schwachpunkt in der Verbindung zwischen den Teilen liegt. Ein bedeutenderes Problem ist, daß neunzig Prozent dieser Produkte unter Verwendung von flüssigem Polyesterharz gefertigt werden, das am Arbeitsplatz Styroldämpfe absondert. Styroldämpfe greifen die Lunge und das Nervensystem an, was zu Depressionen, Konzentrationsschwierigkeiten, Muskelschwäche, Müdigkeit und Übelkeit führt. Aus Forschungen geht darüber hinaus hervor, daß diese Dämpfe möglicherweise krebserregend sind. Immer strengere Gesundheits- und Sicherheitsvorschriften führten bereits zur Senkung der zulässigen Styrolwerte am Arbeitsplatz. Um die Zielwerte zu erreichen und Umweltprobleme im Zusammenhang mit Styrol zu lösen, hat Euro-Projects in Zusammenarbeit mit seinen europäischen Partnern einen Vorschlag für das Envirocomp-Projekt vorgelegt, der 1996 Mittel der Gemeinschaft erhielt. "Das Projekt beschäftigte sich mit einem europäischen Problem, der Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften, sowie mit einem technischen Problem, was zusammen ein gutes Forschungsprojekt macht", so Frédéric Gouardères, wissenschaftlicher Referent in der GD Forschung der Europäischen Kommission. "Ihr Ansatz war innovativ, die Partnerschaft setzte sich aus vielen guten Experten zusammen und man zielte auf umweltbezogene Vorteile ab, denn das Produkt kann recycelt werden." Das Projekt basiert auf dem Einsatz von Twintex, einem Strang aus Glas- und Polypropylenfasern, der vom französischen Glashersteller Vetrotex entwickelt wurde. Die Fasern werden zu einem Stoff verwoben, der um ein beliebiges Objekt gegossen werden kann. Der Stoff wird dann auf 190 Grad Celsius erhitzt, so daß das Polypropylen schmilzt. Mehrere Projektpartner sind potentielle Endverbraucher von Twintex; während des Projekts konnten sie Thermoplast-Verbundstrukturen bei niedrigem Druck formen, darunter Bootsrümpfe, Blätter von Windrädern, Flaggenmasten und Kühlanhänger-Türen. Einer der am Projekt beteiligten Wissenschaftler, Philippe Papin, hat sowohl an der Entwicklung des Materials als auch an der Vorstellung des Produkts mitgewirkt. Er sagte: "Twintex ist ein exzellentes Material - der Fertigungsprozeß ist kurz und es läßt sich an eine Vielzahl von Formen anpassen. Nach der Fertigung ist das Produkt fast unzerstörbar, läßt sich aber einfach reparieren." "Es hat auch ökologische Vorteile - Schnittabfall und Formmassen lassen sich recyceln, und schädliche styrolhaltige chemische Verbindungen werden nicht verwendet." Mit Twintex arbeitete er zum erstenmal als Student an der Universität von Poitiers, die mit Vetrotex zusammenarbeitete. Er erhielt ein Marie-Curie-Stipendium, um bei Halmatic im Vereinigten Königreich weiter an dem Material zu arbeiten. Inzwischen ist er dort angestellt. "Mein Aufenthalt in England und die Arbeit mit diesem Material war eine sehr gute Erfahrung für mich. Außerdem konnte ich meine Sprachkenntnisse verbessern. Meine Arbeit war wohl erfolgreich, denn Halmatic hat mich für weitere Projekte angestellt."