Neue Erkenntnisse zu Membranproteinen
Die Vorteile von Festkörper-NMR liegen vor allem in der einfachen Probenvorbereitung und darin, dass die Untersuchungen in biologisch relevanten Phospholipid-Umgebungen durchgeführt werden können. Zusammen mit Neutronensteuung konnte so die Struktur von Protein-/Lipidaggregaten aufgeklärt werden. Das EU-finanzierte Projekt "Neutrons for membrane protein structure, interactions, and assembly" (NEMPSIA) erforschte die Struktur von antimikrobiellen Peptidkomplexen, Lipid II-Peptid-Komplexen und Membranproteinen auf filamentösen Bakteriophagen. Diese Biomoleküle wurden nach ihrer vermuteten Relevanz für die Entwicklung antibakterieller Substanzen ausgewählt. Der Einsatz von antimikrobiellen Peptidkomplexen minimiert bei der Entwicklung neuer Antibiotika und anderer Bakterizide das Risiko arzneimittelresistenter "Superbugs", etwa Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus. Ein Beispiel hierfür ist das kommerzielle Lipopeptid Daptomycin, dessen aggregierte Struktur und Dynamik mittels SANS, Quarzmikrowaage-Messung und Neutronenreflektometrie ermittelt wurde. Derzeit werden hierzu zwei Forschungsbeiträge vorbereitet. Auch die Störung der bakteriellen Zellwand (CW)-Synthese hat sich inzwischen als wirksam im Kampf gegen Bakterieninfektionen erwiesen. Eine Schlüsselkomponente der bakteriellen CW ist Lipid II, zu dessen Struktur allerdings nur wenig bekannt ist. Die Wissenschaftler entwickelten ein Protokoll und produzierten deuteriertes Lipid II für neutronenreflektometrische Messungen, zu denen erste Daten bereits vorliegen. Zellfunktionen beruhen auf der Bildung makromolekularer Mehrkomponentenkomplexe, wie diese Assemblierung aber genau stattfindet, ist kaum erforscht. So wurde der Zusammenbau des großen Hüllproteins P8 im filamentösen Bakteriophagen B5 untersucht, der mit grampositiven Bakterien assoziiert wird. Den Forschern gelang es, diese Phagen in ausreichender Menge herzustellen und mit Elektronenmikroskopie darzustellen. Das Projekt lieferte damit neue Erkenntnisse zu Strukturen bestimmter Membranproteine, zu Interaktionen und Assemblierungsprozessen und entwickelte Werkzeuge, die für die künftige Forschung bedeutsam sind, vor allem für die Entwicklung von Antibiotika, die auch langfristig keine Resistenzbildung befürchten lassen. Die durch arzneimittelresistente infektiöse Stämme verursachten Behandlungskosten könnten dadurch erheblich reduziert werden.
Schlüsselbegriffe
Membranproteine, Biomoleküle, magnetische Kernresonanz, Kleinwinkel-Neutronenstreuung, Membranproteinstruktur, antimikrobielle Peptid-Komplexe, Lipid II, Bakteriophagen, bakterizide Substanzen, Arzneimittelresistenz, Daptomycin, Neutronenreflektometrie