GFS muss nach Auffassung eines unabhängigen Ausschusses von Grund auf umgestaltet werden
Ein unabhängiger hochrangiger Ausschuss, der sich mit der Prüfung der Arbeitsabläufe innerhalb der Gemeinsamen Forschungsstelle (GFS) der Europäischen Kommission beschäftigt, drängt auf grundlegende Reformen in der Aufgabenstellung und der Organisation der GFS. Solche Reformen sind nach seiner Meinung von entscheidender Bedeutung, damit die GFS einen "sinnvollen wissenschaftlichen Beitrag für die Anhebung des Niveaus von Wissenschaft und Forschung in Europa leisten kann". Die derzeitigen Anstrengungen der GFS zur Verbesserung ihrer Arbeitsabläufe seien "noch nicht zufriedenstellend". Der Ausschuss unter dem Vorsitz von Vicomte Etienne Davignon wurde im Januar dieses Jahres vom europäischen Forschungskommissar Philippe Busquin berufen. Er hat seine Erkenntnisse und Empfehlungen nun in einem Bericht veröffentlicht, in dem er für baldige Reformen der GFS plädiert. Im wesentlichen empfiehlt der Ausschuss, dass die GFS "in eine Stelle im Dienst der Union umgewandelt wird, die zuständiger Ansprechpartner für alle drei Institutionen ist". Dies sei notwendig, um Politik und Rechtsprechung bei wissenschaftlichen Fragen zu unterstützen und auf eine Krise oder neuartige Anforderungen reagieren zu können. "Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Beziehungen der GFS zu den Mitgliedstaaten und zum Parlament auch in Zukunft unklar sind, falls die GFS ausschließlich ein Instrument der Kommission bleibt", so die Warnung des Ausschusses. Würde die GFS diesen neuen Ansatz verfolgen, müssten ihre Aufgabenstellung und ihr Arbeitsplan überarbeitet werden, damit sie zu einem Instrument der EU werden kann. Der Ausschuss empfiehlt weiterhin, dass "die Aufgaben der GFS sich auf die Anforderungen der Institutionen beziehen sollten und nicht darauf, was die GFS für ihre Aufgaben hält". In diese Richtung geht auch seine zweite Forderung, nämlich dass die GFS in die größere wissenschaftliche Gemeinschaft integriert, in integrierter, offener Weise geführt werden und ihre Ergebnisse allen Institutionen der EU zur Verfügung stellen müsse. Darüber hinaus müsse sie Referenz- und Testprodukte vorlegen. Auf diese Weise könnte sie eine Schlüsselrolle bei der Schaffung eines Netzes der europäischen Spitzentechnologie-Zentren spielen, das im Bericht von Kommissar Busquin über den Europäischen Forschungsraum (EFR) vorgesehen ist. "Da sie noch über einen Haushalt bis Ende 2002 verfügt, sollte sich die GFS diese Rolle umgehend zueigen machen", so der Ausschuss. Eine weitere Empfehlung geht dahin, einen Teil des Haushalts für Zulieferer zu verwenden, während Dienststellen der GFS sich mit Markttests beschäftigen, um so ihr Leistungspotenzial zu bestimmen. Der Ausschuss ist jedoch der Ansicht, dass der Haushalt der GFS in Zukunft komplett umgestaltet werden müsse. Insbesondere fordert er vor 2001 noch eine Diskussion darüber, ob der Haushalt der GFS innerhalb des Rahmenprogramms bleiben solle, "was alle Maßnahmen in Europa in einen Zusammenhang stellt, oder ob sie ein ganz eigenes Budget erhält.... Sie sollte sich außer im Nuklearbereich nicht an Kostenbeteiligungsmaßnahmen der Rahmenprogramme beteiligen, solange dies nicht ausdrücklich verlangt wird". Der Ausschuss drängt jedoch darauf, dass die GFS ihre Maßnahmen im Nuklearbereich fortsetzt, da diese "zum Nutzen der Kommission und der gesamten Europäischen Union einem kontinuierlichen, dringenden Bedürfnis nachkommen". Insbesondere wünscht er, dass die GFS sich stärker in der Weltraumforschung, der nuklearen Sicherheitsüberwachung und der Unterstützung der Beitrittskandidaten auf diesem Gebiet engagiert. Die GFS könnte außerdem eine integrierte Strategie entwickeln, um eine bedeutende, unterstützende Rolle im Erweiterungsprozess zu spielen und ihre Beziehungen zum European Safeguards Office in Luxemburg zu verbessern, wie der Ausschuss rät. "Zwischen nuklearen und nicht-nuklearen Tätigkeiten sollte, was die Organisation und Verwaltung anbelangt, eine deutliche Trennung erfolgen, sodass klar wird, dass die Herausforderungen, Chancen und Probleme der GFS im Nuklearbereich sich von denen in anderen Gebieten unterscheiden". Daneben fordert der Ausschuss "dringend" einen Plan zum Problem der Erneuerung und Aktualisierung der Wissensbasis der GFS hinsichtlich zukünftiger Aufgaben im Nuklearbereich. Außerdem müsse sie sich mehr am Kunden ausrichten: "Die GFS muss sich über ihre Mittel und deren Bestimmung im Klaren werden und nicht, wie im Moment, die Höhe der Mittel zwar kennen, aber nur wenig darüber wissen, wie sie ausgegeben werden". Hinsichtlich der Organisation empfiehlt der Ausschuss, dass das Brüsseler Büro angesichts der neuen Rolle der GFS als Instrument der EU eine neue Verantwortung übernimmt, die sich von ihren derzeitigen verwaltungstechnischen Funktionen unterscheidet. "Dies wird zu engeren Beziehungen und einer verbesserten Kommunikation mit den Institutionen führen, damit sichergestellt wird, dass die angeforderten Forschungsarbeiten oder Dienstleistungen rechtzeitig und in entsprechender Form vorgelegt werden", so der Ausschuss. Im Übrigen verweist er auf die Bedeutung der Förderung der Mobilität der Wissenschaftler und der ständigen Erweiterung der Fähigkeiten und schlägt vor, den Mitarbeitern Zeitverträge zu geben, "um einen ständigen Zustrom neuer Talente zu erreichen". Abschließend empfiehlt der Ausschuss, dem Institut für technologische Zukunftsforschung ein neues Mandat und eine genauer definierte Aufgabe zu geben. "Seine Aufgabe sollte vor allem in der Vorlage von Ideen und vorrangigen Zielen der Rahmenprogramme der EU liegen, indem es die Entwicklungen und Veränderungen bewertet, die kurz-, mittel- oder langfristig auf Wissenschaft, Technik und die Gesellschaft insgesamt zukommen.... Ein erster Schritt zur Neuausrichtung der GFS als Einrichtung der Union wäre erreicht, wenn alle Institutionen im Aufsichtsrat der GFS vertreten wären", so der Ausschuss. Ein solch radikaler Wechsel dürfe jedoch nicht überstürzt werden. "Herr Busquin findet diese Idee nicht besonders gut, denn die GFS arbeitet eigentlich bereits für das Parlament und mit externen Zulieferern zusammen. Eine Neugestaltung des Aufsichtsrats der GFS und deren Umwandlung in eine Einrichtung der Union würde nur die Verwaltung noch komplizierter machen", wie ein Sprecher des Kommissars kommentierte. Busquin unterstreicht dies in einer Anmerkung, die seine ersten Reaktionen auf den Bericht des Ausschusses enthält. In dieser Anmerkung lehnt der Kommissar auch den Vorschlag des Ausschusses ab, die GFS nach dem Vorbild anderer EU-Stellen und -Behörden in eine unabhängige Forschungseinrichtung mit eigenem Budget umzuwandeln. Die Ideen des Ausschusses für grundlegende Reformen hinsichtlich des Verwaltungsrates der GFS werden ebenfalls ausgeschlossen. Es wird jedoch einige Veränderungen in Bezug auf den bestehenden Rat geben, die ihm eine wichtigere Rolle bei der Förderung der Vernetzung in der Wissenschaftsgemeinschaft verleihen sollen. Trotzdem stehen innerhalb der GFS wohl grundlegende Änderungen an. In Presseinterviews ließ Philippe Busquin jüngst verlauten, dass er beabsichtige, den Ratschlägen des Ausschusses zu folgen, nach denen die GFS sich mehr auf Kernaufgaben und große strategische Projekte konzentrieren soll, wie beispielsweise die nukleare Sicherheit, die Verfolgbarkeit von GVO in der Umwelt oder die Prüfung der Übereinstimmung mit Umweltauflagen z.B. bei der Senkung von Kohlendioxidemissionen. Die Kommission beabsichtigt, ihre nächste größere Veröffentlichung über die Forschungsförderung der EU im Oktober zu veröffentlichen.