Franz Fischler: Lebensmittelkennzeichnung ist ohne Trennung von genetisch veränderten und nicht genetisch veränderten Pflanzen "nutzlos"
Laut Landwirtschaftskommissar Franz Fischler ist die Einführung eines EU-weiten Kennzeichnungssystems "nutzlos", wenn nicht für eine klare Trennung von GV (genetisch veränderten)-Pflanzen und nicht GV-Pflanzen in Europa gesorgt wird. Bei seiner Rede auf der AGRIBEX-Fachmesse am 13. Februar in Brüssel hob Fischler die Forschungsergebnisse hervor, die zeigen, dass die Situation je nach Kultur sehr unterschiedlich ist. Bei Kartoffeln beispielsweise ergeben sich dadurch, dass genetisch veränderte und nicht genetisch veränderte Pflanzen nebeneinander angebaut werden, keine besonderen Schwierigkeiten, wohingegen beim Mais die Anbaumethoden geändert werden müssen, damit das unbeabsichtigte Vorhandensein genetisch veränderter Pflanzen unter dem Schwellenwert bleibt, der in dem GVO-Verordnungsentwurf festgelegt ist. "Der Verbraucher muss frei zwischen genetisch veränderten und nicht genetisch veränderten Produkten wählen können. Dafür brauchen wir eine gemeinschaftsweit einheitliche Kennzeichnung. Allerdings bringt die einheitliche Kennzeichnung nichts, wenn es uns nicht gelingt, genetisch veränderte und nicht genetisch veränderte Pflanzen auf den Feldern zu trennen", betonte Fischler. Beim biologischen Landbau ist die Situation besonders schwierig. Einerseits erwarten die Verbraucher in Europa, dass biologische Erzeugnisse völlig GVO-frei sind, andererseits ist das unbeabsichtigte Vorhandensein genetisch veränderter Pflanzen im biologischen Landbau in einigen Fällen wahrscheinlicher als im konventionellen Landbau. Allerdings ist die Gefahr unbeabsichtigter GVO-Kontaminationen im biologischen Landbau geringer, weil es hier bereits getrennte Produktions- und Vermarktungsketten gibt. Fischler forderte eine Politik zum Schutz des konventionellen und des biologischen Landbaus vor unbeabsichtigten GVO-Kontaminationen. "Künftig müssen konventionell wirtschaftende Betriebe dem Beispiel des biologischen Landbaus folgen. Die Betriebe müssen die Produktions- und Vermarktungsketten voneinander trennen, Mindestabstände zwischen den Feldern einhalten, aber auch die Aussaat von genetisch veränderten und nicht genetisch veränderten Sorten zeitversetzt vornehmen", erklärte er. Kommissar Fischler warnte bei dieser Gelegenheit davor, dass Europa im Bereich der neuen Technologien ins Hintertreffen geraten könnte, wenn Entscheidungen emotional getroffen werden. "Europa fehlt es in Bezug auf genetisch veränderte Organismen an einer gemeinsamen Perspektive und einem gemeinsamen Ziel. Gegenwärtig reagieren wir auf die Herausforderungen in diesem Bereich mit Konzeptlosigkeit. Entscheidungen über ein so heikles Thema wie die Biotechnologie dürfen nicht rein emotional getroffen werden. Es ist höchste Zeit, dass Europa sich mit solchen Fragen auseinandersetzt wie z.B. 'Wollen wir genetisch veränderte Lebensmittel überhaupt essen'", so der Kommissar.