Kommissionsmitglied beschreibt Herausforderungen für die europäische Wissensgesellschaft
In einer vom Fernsehen übertragenen Rede auf der Konferenz "Social and human capital in the information society" am 28. Oktober in Brüssel legte Anna Diamantopoulou, das für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten zuständige Mitglied der Europäischen Kommission, die Herausforderungen für die europäische Wissensgesellschaft dar. In ihrer Rede sagte sie: "Nach dem Boom der Dotcom-Firmen und dem anschließenden Platzen der Internet-Blase lässt sich nun genauer, realistischer und sorgfältiger abschätzen, was die Wissensgesellschaft für das Europa von heute und von morgen bedeutet." Sie bezeichnete die Wissensgesellschaft als "das Herzstück der auf dem Lissabonner Gipfel vereinbarten Strategie, Europa bis 2010 zu einer führenden globalen Wirtschaftsmacht zu machen, damit die Wirtschaft wettbewerbsfähiger, innovativer und dynamischer, die Arbeitskräfte qualifizierter und anpassungsfähiger, das Ziel der Vollbeschäftigung zumindest annähernd erreicht und Armut, Ausgrenzung und Marginalisierung deutlich verringert werden". Sie erklärte, dass das Humankapital, also das Wissen, die Fertigkeiten und die Merkmale, die für einen Menschen unabdingbar sind, um die genannten Ziele zu erreichen, den wichtigsten Faktor für die wissensbasierte Wirtschaft darstellt. "Um das Potenzial der New Economy voll auszuschöpfen, brauchen wir qualifizierte und gut ausgebildete Arbeitskräfte, denn es entstehen neuartige Anforderungen an den Arbeitsmarkt, und die neuen, sich schnell verändernden Technologien bringen ebenfalls neue Herausforderungen mit sich." In den letzten fünf Jahren seien zwar über 60 Prozent aller neuen Arbeitsplätze in den hoch qualifizierten Sektoren entstanden, doch sie verwies auf die anstehenden Probleme. "Wir müssen jedoch feststellen, dass 150 Millionen EU-Bürger nicht einmal das Grundniveau der höheren Schulbildung besitzen, dass die Schulabbrecherquote in manchen Ländern bei 25 Prozent liegt und weniger als 10 Prozent der Erwachsenen schulische und berufliche Weiterbildungsmaßnahmen besuchen." "Für immer weniger Arbeitsplätze reicht ein grundlegender Bildungsabschluss aus", erklärte sie. "Die Fähigkeit, einen Computer zu nutzen, ist unabdingbar, genau wie begriffliche und zwischenmenschliche Kompetenzen und die Fähigkeit, im Team zu arbeiten, Probleme zu lösen und innovativ zu werden, sowie Selbstmanagement und Kommunikationsfähigkeiten. All diese Merkmale werden von den Arbeitgebern immer mehr gesucht. Es ist eigentlich ganz einfach: Kompetenzen und berufliche und schulische Bildung sind von entscheidender Bedeutung für das zukünftige Wirtschaftwachstum, die Produktivität, das Wohlergehen und die Nachhaltigkeit Europas." IKT und Wissensgesellschaft seien jedoch kein Allheilmittel: "Wir müssen darauf achten, dass keine neue Kluft im Technologiebereich zwischen Ländern, Regionen, Gruppen oder Einzelpersonen entsteht." Dabei sei darauf zu achten, inwiefern die Wissensgesellschaft auch andere Aspekte des Lebens und insbesondere unsere Arbeitswelt beeinflusst. "Positiv fällt auf, dass IKT gestatten, die Arbeit in flexiblerer Weise auszuführen, da sie neue, innovative Arbeitsweisen und Arbeitszeitplanungen erlauben, mehr Flexibilität am Arbeitsplatz ermöglichen und die Qualität und Zufriedenheit mit der Arbeit erhöhen. Neue Technologien können jedoch gleichzeitig auch mehr Stress und Informationsüberlastung bedeuten, was sich negativ auf das Klima am Arbeitsplatz und zu Hause auswirkt." Nach Angaben des Kommissionsmitglieds ist die EU fest entschlossen, die wissensbasierte Wirtschaft und Gesellschaft in Europa Realität werden zu lassen. "Dazu gehören Investitionen in Human- und Sozialkapital, die Verlagerung des Schwerpunkts auf die Verbesserung und Modernisierung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung, die Schaffung einer Kultur der Bildung und des lebenslangen Lernens für Menschen jeden Alters, die bessere Verfügbarkeit neuer Technologien und die Bereitstellung staatlicher und Behördenangebote im Internet." Abschließend beschrieb sie die für diese Ziele eingesetzten Mittel, bei denen es sich um ein breites Spektrum an Politiken, Programmen und Initiativen handelt, darunter die Beschäftigungsstrategie, der Europäische Sozialfonds, die Soziale Integrationsstrategie, der soziale Dialog auf europäischer Ebene und der Aktionsplan eEurope 2005 .