Skip to main content
Weiter zur Homepage der Europäischen Kommission (öffnet in neuem Fenster)
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

Article Category

Inhalt archiviert am 2023-01-01

Article available in the following languages:

Schweizer Forscher: Dialog mit den Bürgern kann die öffentliche Meinung beeinflussen

Auf der Informationsveranstaltung der Schweizer Forschung zum Thema "Wenn direkte Demokratie und wissenschaftliche Forschung aufeinanderprallen: Dialog der Naturwissenschaften und der Gesellschaft" am 20. November in Brüssel betonten alle Redner die Bedeutung der Kommunikation...

Auf der Informationsveranstaltung der Schweizer Forschung zum Thema "Wenn direkte Demokratie und wissenschaftliche Forschung aufeinanderprallen: Dialog der Naturwissenschaften und der Gesellschaft" am 20. November in Brüssel betonten alle Redner die Bedeutung der Kommunikation für die Förderung der Forschung. Die Redner aus der Schweiz betonten die besondere Bedeutung der öffentlichen Meinung in ihrem Land, denn in der Schweiz bedeutet direkte Demokratie, dass bei wichtigen politischen Entscheidungen, darunter auch forschungspolitische Angelegenheiten wie die Gentechnik, die Bürger befragt werden. Claude Longchamp, Politikwissenschaftler und Direktor des GfS-Forschungsinstituts in Zürich und Bern, betonte, dass gerade die Frage der Gentechnik die Schweizer Wissenschaft dazu gebracht hätte, die Kommunikation mit der Öffentlichkeit deutlich zu verstärken. 1995 löste ein Beschluss der EU, das Genom einer Maus zu kartieren, eine weltweite Diskussion über die Gentechnik aus, die auch die Schweiz nicht ausließ. Die Öffentlichkeit reagierte zunächst emotional und äußerst ablehnend. Da man davon ausgehen musste, dass es zu einer Volksbefragung und infolgedessen zu einem Moratorium für die Gentechnik in der Schweiz kommen könnte, erkannte die Forschung, wie wichtig der Dialog mit der Öffentlichkeit ist. Longchamp beschrieb die drei Wege, mit denen der Dialog die öffentliche Meinung veränderte, sodass das Moratorium 1998 abgelehnt wurde. Aus seiner Sicht war der Wissensstand der Schweizer über die Gentechnik anfangs geringer als in anderen Ländern. Daher konnte die Wissenschaft durch Kommunikation das Wissen und damit auch das Verständnis vertiefen. Die Vermittlung dieses Wissens führte zu mehr Meinungsvielfalt, denn die Bevölkerung begann, die Risiken der Gentechnik gegenüber ihrem möglichen gesellschaftlichen Nutzen abzuwägen. Ferner ermöglichte die öffentliche Diskussion eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Ausrichtungen der Gentechnik, wobei die Akzeptanz für die medizinische Forschung größer war, die Gentechnik im Nahrungsmittelbereich aber nach wie vor abgelehnt wurde. Wie schaffte es die Schweizer Forschung aber, die öffentliche Meinung umzukehren? "Wissenschaftler schlossen sich zusammen und verteilten Flugblätter. Sie versuchten herauszufinden, welche Informationen sie vermitteln müssen", sagte Bruno Oesch, CEO und Mitbegründer der Prionics AG, einem Spinoff-Unternehmen der Universität Zürich. Von Interesse für die Teilnehmer der Informationsveranstaltung war die Frage, ob Naturwissenschaftler aus anderen Ländern motiviert werden könnten, auch eine solch proaktive Vorgehensweise einzuschlagen. "In der Schweiz stand man vor der Entscheidung, entweder Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben oder zu scheitern. In anderen Ländern bringt gute Kommunikation überhaupt nichts. Man muss immer wieder Beiträge veröffentlichen", sagte ein Teilnehmer der Veranstaltung. Oesch sah die Angelegenheit positiv und sagte, viele Naturwissenschaftler hätten ihre ersten Kontakte mit der breiten Öffentlichkeit genossen. Es sei auch nicht elitäres Denken gewesen, das sie davon abgeschreckt hat, ihre Arbeit in der Öffentlichkeit darzulegen, sondern die Annahme, dass dies ohnehin niemanden interessiert, erklärte Oesch. Oesch betonte außerdem, dass bereits der Prozess der wissenschaftlichen Kommunikation sich als problematisch erweisen kann: "Naturwissenschaft stützt sich auf Erkenntnisse und Tatsachen, und die Lücken, die es in der Forschung schon immer gegeben hat, lassen Raum für Deutungen", sagte er vor allem mit Bezug auf die Medien. Am Beispiel der BSE-Problematik erläuterte Oesch, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse in Journalen veröffentlicht werden, die von anderen Naturwissenschaftlern, aber nicht von der Öffentlichkeit gelesen werden. Die Angaben darin werden anschließend von verschiedenen Interessengruppen umformuliert und erreichen die Öffentlichkeit in abgewandelter Form. "Dies ist ein Hauptproblem. Journalisten brauchen ihre Story. Ich will zwar nicht den Journalisten die Schuld zuweisen, aber oft wird ein kleines naturwissenschaftliches Detail zu einer Story aufgeblasen", sagte Oesch. Naturwissenschaftler sollten daher einen Teil der Verantwortung übernehmen, indem sie dafür sorgen, dass ihre Inhalte stimmen. Rainer Gerold, der Direktor der Direktion "Wissenschaft und Gesellschaft" bei der Kommission, erklärte, der Dialog mit der Öffentlichkeit sei auf der europäischen Ebene schwieriger als auf der nationalen. "Wir sind größer, und zwischen uns und der Gesellschaft steht noch mindestens eine Ebene - die nationalen Regierungen und manchmal auch noch die Regionen", so Gerold. Die Kommission wolle nunmehr den Dialog pflegen, statt belehrend aufzutreten, und den Dialog nützlich gestalten, statt die Konfrontation zu suchen. Gerold kündigte an, die Kommission werde schon in wenigen Wochen eine Mitteilung über ein effektiveres Verhältnis zwischen wissenschaftlicher Beratung und Beschlüssen der Kommission vorlegen.

Länder

Schweiz