Allgemeingültigkeit der ursprünglichen Massenfunktion von Sternen
Die ursprüngliche Massenfunktion von Sternen (stellar initial mass function, IMF) spielt in fast alle Bereiche der Astrophysik hinein - von der Planetologie über die Evolution von Sternhaufen bis hin zur chemischen Anreicherung des interstellaren Mediums. Einer der ersten Versuche, die Form des IMF zu bestimmen, wurde in den 1950er Jahren gemacht. Die IMF benachbarter galaktischer Feldsterne wurde durch ein Potenzgesetz gut beschrieben. Astronomen des EU-finanzierten Projekts FEEDGAL (Feedback regulated star formation in diverse galactic environments) untersuchten nun Sternentstehungsgebiete und junge Sternhaufen in der Milchstraße. Sie kombinierten numerische Simulationen mit statistischen Methoden und glichen die Ergebnisse mit neuesten Beobachtungsdaten ab. Mit dem magnetohydrodynamischen AMR-Code RAMSES (adaptive Gitterverfeinerung) für selbstgravitierende magnetisierte Fluidströme erstellte FEEDGAL 3D-Simulationen turbulenter, magnetisierter und selbstgravitierender molekularer Wolken. Der Code wurde zudem aktualisiert, um die Masse hochdichter Regionen zu berechnen, die kollabieren und aus denen neue Sterne entstehen. In Ergänzung zur numerischen Methode der Analyse von Turbulenzen in den Wolken wurde eine Bayes'sche statistische Methode entwickelt, mit der sich Basisparameter der IMF für junge Sternhaufen ableiten lassen. Vor allem zeigten die Astronomen damit erstmals, dass das Fragment von Sternen des O-Typs nur bei breiter Verteilung der IMF-Parameter reproduziert werden kann. Eines der wichtigsten Ergebnisse war, dass sich die IMF neuer Sternenhaufen nicht mit einer einzigen Verteilungsfunktion beschreiben lässt, sondern dass jeder IMF-Parameter für einen bestimmten Sternmassenbereich durch eine breite Gaußsche Verteilung charakterisiert wird. So ist von nicht-allgemeingültigen IMF in unserer Galaxie auszugehen, die weiter erforscht werden müssen. Die IMF beeinflusst die meisten beobachtbaren Eigenschaften von Sternhaufen und Galaxien. Variationen der IMF legen daher eine breite Verteilung der Anfangsbedingungen nahe, unter denen diese Haufen entstanden. Vor dem Start des Projekts FEEDGAL war man bei Analysen lokaler neuer Sternhaufen und älterer kugelförmiger Haufen offenbar zum Großteil von einer "universellen" IMF ausgegangen.
Schlüsselbegriffe
Ursprüngliche Massenfunktion, FEEDGAL, Milchstraße, Entstehung neuer Sterne, Gaußsche Verteilung