Busquin sagt "Ja und Nein" zu Vorschlag über Europäischen Innovationsraum
Der EU-Kommissar für Forschung, Philippe Busquin, wollte bei einer Ansprache am 5. April in Brüssel den Vorschlag des deutschen MEP Rolf Linkohr über die Notwendigkeit eines Europäischen Innovationsraums weder begrüßen noch zurückweisen. Der Innovationsraum oder -rat soll, nach Dr. Linkohr, die Verbesserung der Innovationskapazitäten kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) zum Schwerpunkt haben und neben den Rahmenprogrammen und dem European Research Council (ERC) eine der drei Säulen der europäischen Forschung bilden. Busquin sprach bei einem vom der Region Stuttgart organisierten Diskussionsforum, das von Dr. Linkohr geleitet wurde, und gab zu, provokativ zu sein, wenn seine Antwort auf den Vorschlag "Ja und Nein" lauten müsse. Er gab vier Gründe für seinen Widerwillen an, sich voll für diese Initiative auszusprechen. Erstens "brauchen wir eine solide Forschungsgrundlage um die Innovationsbemühungen zu steigern. Es gibt keine Innovationen ohne Forschung," sagte der Kommissar. Zweitens liegen "Innovationen im Zuständigkeitsbereich der Unternehmen und sind mit öffentlichen Geldern nur schwer zu finanzieren." Als dritten Grund gab er an, doppelte Kraftanstrengungen vermeiden zu wollen und die letzte Erklärung für seine Position war, dass er die nationalen politischen Entscheider nicht von ihrer augenblicklichen Priorität der Erhöhung der Investitionen in die Forschung ablenken wolle: "Die Forschung steht auf der politischen Agenda und wir müssen den Schwung beibehalten," erläuterte er. Stattdessen brachte Busquin eine Reihe anderer Vorschläge vor, die auf die Ankurbelung der Innovation in Europa abzielten. Die Strukturfonds seien ein hilfreiches Mittel, meinte er. Und wenngleich nicht alle Regionen diese Mittel nutzen können - da sie sich an Regionen mit einem unterdurchschnittlichen Pro-Kopf-Einkommen richten - könnten entwickeltere Regionen wie Stuttgart durch bessere Möglichkeiten zum Aufbau von Netzwerken mit innovativen Regionen, die durch die Finanzierung der Strukturfonds geschaffen werden, profitieren, so der Kommissar weiter. Busquin unterstützte die Idee eines KMU-Helpdesk, der, wie er sagte, "in dieselbe Richtung geht" wie der von Dr. Linkohr vorgeschlagene Innovationsraum, und betonte den Wert, den er in der Verwendung finanzpolitischer Maßnahmen zur Förderung der Innovation sehe. Steuerliche Anreize könnten eingesetzt werden um für Privatunternehmen die Investitionen in Forschung und Innovation leichter und gewinnbringender zu machen, aber diese müssten auf nationaler Ebene eingeführt werden und sollten EU-weit übereinstimmen, fügte der Kommissar hinzu. Schließlich forderte Busquin engere Verbindungen zur Europäischen Investitionsbank (EIB) zwecks Finanzierung von Innovationsbemühungen und sagte, dass seines Erachtens nach im Jahr 2010 mehr Geld von der Bank zur Verfügung stehen werde. Die EIB und der EIF (Europäischer Investitionsfonds) wurden auch von Isi Saragossi angesprochen, Leiter der Direktion Investition in Forschung und Verbindung zu anderen Prioritäten der GD Forschung. Er gab bekannt, dass der EIF kürzlich eine Untersuchung in Angriff genommen habe um zu ermitteln, ob es sich lohnen würde, ein Programm zur Förderung der Netzwerke zwischen den Universitäten zu starten. Der Aufbau von Netzwerken war ein zentraler Punkt bei den Diskussionen des Forums. Heinz Zourek, stellvertretender Generaldirektor der GD Unternehmen, umriss die Initiativen, die seine GD zur Förderung der Zusammenarbeit zwischen den Regionen umgesetzt habe wie beispielsweise die Innovation Relay Centres (IRCs), die innovativen Regionen in Europa (IRE) und PAXIS, die Pilotaktion für Exzellenz bei innovativen Start-ups. "Alle laufen weiter", sagte Zourek, "aber sie hängen alle davon ab, ob die Regionen an der Zusammenarbeit an einem gemeinsamen Projekt interessiert sind." Horst Soboll, Leiter der Abteilung Forschungspolitik bei DaimlerChrysler und Mitglied des Europäischen Forschungsbeirats (EURAB) hob ebenfalls die Notwendigkeit des Aufbaus von Netzwerken zwischen KMUs und großen Unternehmen hervor. Derartige Partnerschaften erleichterten die Verwertung von Forschungsergebnissen, erklärte Dr. Scholl. Das Nichtbeachten der Möglichkeiten für Netzwerke zwischen großen und kleinen Firmen würde dazu führen, "die Fragmentierung Europas durch eine andere Fragmentierung zu ersetzen mithilfe eines Programms für Grundlagenforschung, eines Programms für angewandte Forschung und eines Programms für KMUs," fügte er hinzu. Dr. Linkohr bat Herrn Saragossi, sich darüber zu äußern, ob die EU regionale Forschungs- und Innovationsnetzwerke, die Exzellenz beweisen, finanzieren sollte. Schließlich, so Dr. Linkohr, hänge die Wettbewerbsfähigkeit der EU als Ganzem von der Wettbewerbsfähigkeit einzelner Regionen ab. Herr Saragossi gab zu, dass dies eine heikle Frage sei, bestand aber darauf, dass andere Mittel zu Finanzierung solcher Initiativen zur Verfügung ständen. Warum solle die Kommission bei der Finanzierung eine Region der anderen vorziehen? fügte er hinzu. Bernd Steinacher, Regionaldirektor Verband Region Stuttgart, stellte eine Verbindung zwischen der regionalen Autonomie und Erfolg bezüglich von Forschung und Innovation her. Stuttgart sei eine der drei deutschen Regionen mit einer direkt gewählten Regionalversammlung und alle hätten ähnliche Ergebnisse erzielt, sagte Dr. Steinacher. Er führte den Erfolg zurück auf einen verbindlichen und stabilen institutionellen Rahmen. Herr Zourek unterstrich unterdessen den "deutlichen Zusammenhang" zwischen Innovation und wirtschaftlichem Wachstum. "Die Regionen, die im Bereich Innovation viel leisten, wachsen schneller als die anderen," sagte er. Allerdings gehe es bei einer Erhöhung der Forschungs- und Innovationsbemühungen nicht nur um eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Jan Dekker, Präsident der European Association of Research and Technology Organisations (EARTO), fasst die Gründe für eine Konzentration auf diese Fragen zusammen: "Forschung an sich nutzt nicht viel [...]. Wir wollen so bleiben wie wir sind. Wenn wir nicht mehr tun, werden wir meiner Meinung nach unseren derzeitigen Lebensstandard nicht halten können."