Finnen erklären, warum sie weltweit führend in der IKT sind
Bei einer Informationssitzung über die IKT- und IST-Strategie Finnlands bzw. der EU am 26. Mai in Brüssel, Belgien, umrissen die Teilnehmer Finnlands Strategie, auch in den kommenden vier Jahren führender Hersteller und Anwender von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu bleiben. Zwar gebe es viele Möglichkeiten für Finnland auf diesem Gebiet, jedoch betonten alle Teilnehmer die Notwendigkeit, Bedrohungen und globale Herausforderungen ohne Verzögerung in Angriff zu nehmen. Die finnische Regierung ist auf diesem Gebiet sehr aktiv gewesen und hat ein Informationsgesellschaftsprogramm entwickelt und ein neues Gremium, den Informationsgesellschaftsrat, geschaffen, der die Ziele der finnischen Informationsgesellschaft definieren und sicherstellen soll, dass diese auf der weltweiten Bühne wettbewerbsfähig bleibt. "Die Stärke Finnlands ist, dass jeder an der Entwicklung der Informationsgesellschaft beteiligt ist: Bürger, Industrie, Hochschulen und Regierung", erklärte Ilpo Reitmaa, ein finnischer Delegierter des IST-(Technologien für die Informationsgesellschaft)-Ausschusses. "Es gibt eine umfassende Debatte und eine klare Verpflichtung von Seiten aller Beteiligten", fügte er hinzu. Diese enge Zusammenarbeit zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und den unterschiedlichen politischen Bereichen ist ein wesentlicher Bestandteil für die Entwicklung der Informationsgesellschaft. "Darüber hinaus", erläuterte er, "sind das Vertrauen zwischen den unterschiedlichen Akteuren und Pragmatismus zwei wesentliche Elemente, die den Erfolg Finnlands erklären." "Nun", sagte Reitmaa, "sind die Fakten, auf denen aufgebaut werden muss, die umfangreiche Erfahrung Finnlands in der EU und ihren Rahmenprogrammen, sein hoher Prozentsatz an Ausgaben für F&E [Forschung und Entwicklung] und die entschlossenen Schritte, die Finnland in Richtung auf eine an der Technologie ausgerichteten, wissensbasierten Gesellschaft unternommen hat." Pekka Silvennoinen, Geschäftsführer des Technischen Forschungszentrums von Finnland (VTT), stimmte dem zu und erklärte, dass Finnland sich nun der Herausforderung gewachsen zeigen muss, vor die es durch die Veränderungen auf weltweiter und kommunaler Ebene gestellt wird. Die Hauptfaktoren, die laut Silvennoinen berücksichtigt werden müssen, sind, dass "die Lebensqualität zum führenden Kriterium wird; wir in eine DigiWorld eintreten: alle Dienstleistungen und Vorgänge werden soweit durchführbar digitalisiert; IKT zur Neugestaltung einer wachsenden Zahl von Dienstleistungen und Prozessen beiträgt; Daten- und Informationsmengen überall verteilt werden und der Mehrwert der Datenverfeinerung und des Wissens und der gemeinsamen Nutzung von Wissen steigt." Silvennoinen gab seiner Meinung Ausdruck, dass Finnland sich auf einige wenige Bereiche konzentrieren solle wie zum Beispiel Medientechnologie, digitaler Content, Systeme für unabhängiges Leben und Wohlbefinden, industrielle Informationssysteme, IKT-Systeme für Bauwesen und Logistik sowie Technologie der menschlichen Interaktion. Leo Laaksonen, Direktor des Verbands für finnische Technologieindustrien, befürwortete Silvennoinens Forderung nach einer Konzentration auf einige Kernbereiche. "Finnland hat drauf gesetzt, an den besten Innovationsplattformen beteiligt zu sein", fügte er hinzu. "Diese werden zwar klein, aber von Weltklasse sein, und Schlüsseltechnologien und anderes Know-how in innovative Systeme integrieren." Laaksonen erklärte, dass die finnische IKT-Industrie mehrere Entwicklungsziele für 2008 festgemacht habe: "Investitionen in FTE mit Schwerpunkt auf Themen, die für die industrielle Innovation relevant sind; qualitativ hochwertige Ausbildung zur Gewährleistung von ausreichenden Humanressourcen mit besonderer Betonung auf der Ermutigung von Mädchen, IKT zu studieren; Immigration der besten ausländischen Talente; die echte Förderung von Unternehmertum in KMU [kleine und mittlere Unternehmen]; öffentliche Anreize wie z.B. Steuern und besserer Zugang zu Risikokapital, strategischem Business Management und internationaler Netzwerkbildung." Die einzige Schwäche in der finnischen IKT-Industrie, fügte er hinzu, sei der Mangel an multisektoraler Zusammenarbeit. "Dies ist einer der Schwachpunkte technikorientierter Unternehmen", erklärte er. "Die Herausforderung für Unternehmen lautet nun, mit unterschiedlichen Geschäftssektoren zusammenzuarbeiten. Wir müssen neue horizontale Unternehmens-Cluster bilden." Laaksonen betonte auch den Bedarf an der Schaffung von Synergien zwischen den großen Plattformen der EU-Programme und den regionalen kleinen Projektkonsortien für angewandte F&E. Die Stärke Finnlands sei seine Vision, fuhr er fort. "Die Finnen entwickeln zwar nicht immer neue Technologien, aber sie sind sehr gut darin, diese anzuwenden. Die Stärke Finnlands ist seine Fähigkeit, neue Technologien zu schaffen, zu vernetzen und schnell anzuwenden." Finnland profitiere auch von einem Erbe an hoher technischer Kompetenz, fügte er hinzu. Kari Tilli, Leiter für Technologie bei der Nationalen Technologieagentur (TEKES), fügte hinzu, dass das finnische Innovationssystem flexibel und offen für eine internationale Kooperation sei. Er warnte jedoch davor, dass, auch wenn IKT eine bedeutende Quelle der Produktivität in Finnland sei und keine "bedeutsame Verlangsamung der technologischen Entwicklung in der IKT in Finnland vorgesehen ist", es einige Bedrohungen für die weltweit führende Position Finnlands gebe. Er erklärte, dass die wachsende Vielfalt und Komplexität auf der weltweiten Bühne umfangreiche Investitionen erfordere. Leider verfügten die kleinen finnischen Unternehmen nicht über die geeigneten Ressourcen und würden daher strukturellen Problemen gegenüber stehen. Darüber hinaus, fügte er hinzu, "wachsen der weltweite Wettbewerb und auch der Verlust an Arbeitsplätzen aufgrund von Verlegung und Ausgliederung. Mit zunehmender Globalität und Offenheit des Innovationssystems ändert sich die finnische Rolle in der Mehrwertkette. So ist eine internationale Kooperation von wesentlicher Bedeutung, da mit wachsender internationaler Zusammenarbeit und Untervergabe im Bereich F&E nur ein Fragment der Wertekette in Finnland angesiedelt ist." Dennoch begrüßte Tilli die Tatsache, dass "Finnland in der Lage ist, ausgewählte künftige IKT-Programme entsprechend der auf europäischer Ebene festgesetzten Prioritäten zu synchronisieren." "Die wesentlichen Elemente des finnischen Informationsgesellschaftsmodells sind hohe F&E-Investitionen, öffentliche und kostenlose Bildung, Kreativität und soziale Inklusion. Wir sehen, dass diese grundlegenden Elemente auch auf den Großteil Europas zutreffen", fügte er hinzu. Die Konferenz endete mit einer Erklärung Silvennoinen, dass "die Paradigmen der F&E in Mikro- und Nanoelektronik und Softwareentwicklung im Wandel begriffen sind. Um wirklich Einfluss ausüben zu können, muss man darauf vorbereitet sein, substantielle, steigende Investitionen in die Infrastruktur zu leisten." Außerdem bekomme mit dem schnellen Wandel der IKT die Prognose- und Planungsarbeit eine größere Bedeutung, erklärte er. Gemeinsame Bemühungen auf EU-Ebene sollten daher nach Ansicht Dr. Silvennoinens ausgebaut werden, insbesondere durch technologische Plattformen. "Industrielle Logistik, Produktionskosten und Kostendegression machen es häufig notwendig, Produktionseinrichtungen außerhalb Europas anzusiedeln. Wir können dieses Chinasyndrom immer noch bekämpfen, indem wir geistiges Eigentum schaffen und verwalten, selbst wenn wir dabei oft, wenn auch widerwillig, akzeptieren müssen, dass die Massenproduktion außerhalb Europas stattfindet. Allerdings wird ein Erfolg versprechendes Start-up-Unternehmen allzu oft von einem multinationalen Konzern geschluckt und weniger Betonung aus die Entwicklung neuer Produkte der nachfolgenden Generation gelegt. Könnte es eine europäische Politik über die Verfügbarkeit von Risikokapital geben, um dies zu vermeiden?" fragte Dr. Silvennoinen.
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