Schulen bereiten Schüler nicht auf eine wissenschaftliche Laufbahn vor, warnt die britische Royal Academy
Die Prüfungen in naturwissenschaftlichen Fächern an britischen Schulen bereiten die jungen Erwachsenen nicht auf ihre zukünftige berufliche Laufbahn oder ihr Studium vor, so die Warnung der britischen Wissenschaftsakademie Royal Society. Die Warnung schließt sich an die Veröffentlichung eines Berichts des King's College London zur Leistungsbewertung in naturwissenschaftlichen Fächern für 14- bis 19-Jährige an. Im Bericht wird angegeben, dass der naturwissenschaftliche Unterricht an weiterführenden Schulen keine ausreichende Bandbreite an Kenntnissen und Fähigkeiten vermittelt, sondern stattdessen darauf ausgerichtet ist, die Schüler auf die Prüfungen vorzubereiten und standardisierte Versuche mit vorhersehbaren Ergebnissen durchzuführen. Die von Arbeitgebern und Universitäten geforderten Kenntnisse hingegen werden nicht vermittelt. "Wenn man Schülern beibringt, meist simple wissenschaftliche Versuche durchzuführen, die praktisch nie fehlschlagen, erhalten sie kein Gefühl dafür, wie dynamisch die wissenschaftliche Forschung in der Realität ist", erklärte Professor Mick Brown, Vorsitzender des Lenkungsausschusses der Royal Society für die Leistungsbewertung im naturwissenschaftlichen Unterricht an Schulen. "Wir brauchen ein System, dass die Begeisterung der Schüler für das Thema weckt, indem ihnen die aufregende Welt der Problemlösung, Erfindung und Innovation nahe gebracht und gleichzeitig der Erwerb von Fachwissen gefördert wird." Kurzfristig empfiehlt die Royal Society daher, dass die staatliche Prüfungsaufsichtsbehörde und die mit der Prüfungskonzeption beauftragten Stellen gemeinsam die Vermittlung einer größeren Bandbreite an Fähigkeiten im naturwissenschaftlichen Unterricht an weiterführenden Schulen fördern. Nach Meinung der Akademie könnte dies gelingen, indem weniger Prüfungen angesetzt werden und stattdessen eine kontinuierliche Leistungsbewertung eingeführt wird. "Die fachlichen Fähigkeiten und die Zeit [der Lehrer] müssen besser genutzt werden, um Naturwissenschaften derart zu vermitteln und die Leistung der Schüler derart zu bewerten, dass die Schüler erfolgreich eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen können, als informierte Mitglieder unserer Gesellschaft ihren Weg finden und die anstehenden Prüfungen erfolgreich absolvieren", erläuterte Professor Brown. "Dies bedeutet, dass die analytischen Fähigkeiten gefördert werden müssen. Die Leistungsbewertung sollte als Werkzeug dienen, das die Schüler darin unterstützt, zu lernen und sich für ein Thema zu begeistern, und nicht nur als reines Mittel zur Bewertung der Qualifikation herangezogen werden." Die Empfehlungen der Royal Society werden von den naturwissenschaftlichen Lehrkräften begrüßt. "Der naturwissenschaftliche Unterricht sollte darauf abzielen, die jungen Leute mit einem fachlichen Verständnis auszustatten, das ihnen dabei hilft, sich intelligent mit komplizierten Fragestellungen wie globale Erwärmung, Stammzellenforschung und gentechnisch veränderte Lebensmittel auseinander zu setzen, und gleichzeitig diejenigen Schüler mit einer wissenschaftlichen Neigung im Hinblick auf ein Studium und eine berufliche Laufbahn in diesem Bereich inspirieren", erklärte Michael Terry, Lehrer der Naturwissenschaften aus London. Die Studie über die Leistungsbewertung im naturwissenschaftlichen Unterricht wurde im Zusammenhang mit dem verzeichneten Rückgang der Zahl junger Menschen erstellt, die sich für eine wissenschaftliche Laufbahn entscheiden. "In einer Zeit, in der besorgniserregend wenige 16-Jährige Naturwissenschaften wählen und viele Institutionen Probleme haben, talentierte naturwissenschaftliche Lehrkräfte zu finden und zu halten, dürfen wir die Rolle der Leistungsbewertung im naturwissenschaftlichen Unterricht weder ignorieren noch zulassen, dass sie durch staatliche oder politische Vorgaben untergraben wird", warnte die Royal Society.
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Vereinigtes Königreich