Supraleitende Technologie für International Linear Collider gewählt
Eine wichtige Entscheidung über die Technologie für den zukünftigen internationalen Teilchenbeschleuniger wurde getroffen, wodurch nun der Weg für den Projektbeginn frei ist. Eine internationale Gruppe von Physikern hat empfohlen, für den International Linear Collider (ILC) anstelle der "X-Band"-Beschleunigungsstrukturen, welche bei Raumtemperatur arbeiten, supraleitende Beschleunigungsstrukturen zu verwenden, die bei 2 Kelvin arbeiten. Die Empfehlung wurde vom Committee for Future Accelerators am 20. August anlässlich einer Konferenz in Peking angenommen. "Für den Linearcollider wären sowohl die 'warme X-Band-Technologie als auch die 'kalte Superleittechnologie geeignet", erklärte Barry Barish, der Vorsitzende der mit der Empfehlung beauftragten Gruppe. "Jede Technologie hat ihre jeweiligen Vorteile, und jede weist jahrelange Forschungs- und Entwicklungsarbeit (F&E) von sehr talentierten und engagierten Wissenschaftlern und Ingenieuren auf. Zu diesem Zeitpunkt wäre es zu kostspielig und zeitraubend, beide Technologien bis zum Bau zu entwickeln." Die 'Sieger-Technologie wurde von dem Konsortium TESLA entwickelt, an dem Forscher aus Armenien, China, Finnland, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Russland, Spanien, der Schweiz, Großbritannien und den USA beteiligt sind. Doch wie im Text der Empfehlung erklärt wird, basiert die Wahl einer Technologie gegenüber einer anderen allein auf der Technologie und nicht auf der Konzeption. "Wir gehen davon aus, dass das endgültige Konzept von einem Team entwickelt wird, das sich aus Spezialisten sowohl für die warmen als auch die kalten Linearcollider zusammensetzt, wodurch Erfahrung und Fachwissen beider Seiten in vollem Umfang genutzt werden können." Bei der supraleitenden Technologie wird die Energie im L-Band-Bereich mit 1,3 Giga-Hertz eingesetzt, um die Elektronen- und Positronenstrahlen in den beiden Teilchenbeschleunigern, aus denen der Collider besteht, zu beschleunigen. Zu den in der Empfehlung aufgeführten Vorteilen dieser Technologie gehören eine große Resonatorenöffnung und ein langes Paketintervall, was den Betrieb vereinfacht, die Empfindlichkeit gegenüber Bodenbewegungen verringert, ein Feedback zwischen den Bündeln ermöglicht und vielleicht einen höheren Strahlstrom zulässt; die größten Kostenfaktoren - die wichtigsten Linearbeschleuniger- und rf-Systeme - weisen ein vergleichsweise geringeres Risiko auf, und der Einsatz der supraleitenden Resonatoren setzt den Energieverbrauch deutlich herab. Der Collider wird zunächst zum Auffinden des Higgs-Bosons - hypothetisches Elementarteilchen aus dem Standardmodell für Teilchenphysik - oder eines alternativen Mechanismus an seiner Stelle verwendet. Sollte es existieren, müsste das Higgs-Boson im Large Hadron Collider (LHC) bei CERN in Genf, Schweiz, entdeckt werden, aber die genaue Messung seiner Eigenschaften erfordert einen TeV-Elektron-Position-Linearcollider. Doch die Arbeit am Higgs-Partikel wird laut Hirotaka Sugawara, der auch Mitglied des Empfehlungsausschusses ist, "erst der Anfang" sein. "Wir gehen davon aus, dass einige der verlockenden Partikel entdeckt werden können und uns die Tür öffnen, um eines der großen Rätsel des Universums zu verstehen: dunkle Materie. Vielleicht sind wir auch in der Lage, zusätzliche Raum-Zeit-Dimensionen zu untersuchen, die sich uns bisher entzogen haben", meinte er. Nun, da eine Entscheidung gefallen ist, kann die internationale Gemeinschaft der Teilchenphysiker mit der Konzeption des Linearcolliders beginnen. Gleichzeitig müssen die die Wissenschaft finanzierenden Stellen in Europa und andernorts eine Einigung über die Finanzierung des Projekts erzielen.