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Inhalt archiviert am 2023-01-20

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US-amerikanische Innovationsexpertin fordert: EU sollte sich auf Führungsposition, nicht auf Wettbewerbsfähigkeit konzentrieren

Mittlerweile ist weithin bekannt, dass das Ziel von Lissabon der EU lautet, bis 2010 "zur weltweit wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Gesellschaft" zu werden. Die nationalen Regierungen und die politischen Entscheidungsträger in der EU sind sich einig, dass die Schaffung un...

Mittlerweile ist weithin bekannt, dass das Ziel von Lissabon der EU lautet, bis 2010 "zur weltweit wettbewerbsfähigsten wissensbasierten Gesellschaft" zu werden. Die nationalen Regierungen und die politischen Entscheidungsträger in der EU sind sich einig, dass die Schaffung und Nutzung von Wissen überlebenswichtig ist, wenn Europa seine Position in der Weltwirtschaft behaupten und ausbauen möchte. Debra Amidon, führende Innovationsexpertin aus den USA und Hauptrednerin auf der Baltic Dynamics 2004-Konferenz, die vom 10. bis 12. September in Riga, Lettland, stattfand, ist der Auffassung, dass das europäische Ziel einer wissensbasierten Wirtschaft im 21. Jahrhundert richtig ist. Amidon gilt als eine der Architektinnen der wissensbasierten Wirtschaft. Ihr internationales Beratungsnetzwerk Entovation 100 erstreckt sich inzwischen auf 90 Länder weltweit. Auch wenn Dr. Amidon die Konzentration Europas auf die Schaffung einer wissensbasierten Volkswirtschaft begrüßt, stellt sie doch verschiedene Elemente der Strategie fest, die veraltet und kontraproduktiv sind. Die traditionelle Wirtschaftstheorie, so Amidon auf der Konferenz, basiere auf dem Konzept der Knappheit und Endlichkeit von Ressourcen wie Arbeitskräften, Kapital und Boden. Wissen hingegen widersetzt sich diesem Konzept. Wissen ist unendlich und je mehr es genutzt wird, desto weiter verbreitet es sich. Darüber hinaus wird echter Wert nur geschaffen, wenn Wissen vom Ort seiner Schaffung zum Ort mit dem höchsten Bedarf an eben diesem Wissen fließt. Nach der Vorstellung dieser grundlegenden Prinzipien der wissensbasierten Wirtschaft erklärte Dr. Amidon, dass einige Punkte der Agenda von Lissabon unnötig seien. "Eine wettbewerbsorientierte Sprache schließt aus. Europa hingegen muss sich der Welt öffnen. In der Weltwirtschaft ist eine erfolgreiche EU vom Erfolg in den USA, Asien, Afrika usw. abhängig. Immerhin basiert das Konzept der EU auf einer Kooperationsplattform, um die die Welt die Europäer beneidet", erläuterte sie. "Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass der Großteil dessen, was ein Unternehmen, ein Land oder eine Region braucht, um innovativ zu sein, außerhalb seiner/ihrer Grenzen liegt - beispielsweise bei den Kunden oder internationalen Partnern. Unabhängig von der eigenen Größe - also selbst wenn es um Europa geht - muss man auf die internationale Zusammenarbeit bauen und aus Erfahrungen weltweit lernen", fügte Dr. Amidon hinzu. Statt sich auf Wettbewerb und Wettbewerbsfähigkeit zu konzentrieren, sollte die EU nach Aussage von Dr. Amidon den Schwerpunkt auf Führungsstärke legen: "Eine globale Führungsrolle übernehmen zu wollen, ist ein gutes Ziel - denn eine Führungsposition schließt Kooperation nicht derart aus, wie dies bei Wettbewerbsfähigkeit der Fall sein kann. Die US-amerikanische Politik ist im Übrigen gleichermaßen wettbewerbsorientiert. Unsere nationale Innovationsinitiative wird beispielsweise vom sog. Wettbewerbsrat koordiniert", gab sie zu bedenken. In Reaktion auf die Argumente von Dr. Amidon erklärte Renate Weissenhorn, Leiterin des Referats Innovationsnetze in der GD Unternehmen der Kommission: "Wettbewerbsfähigkeit bedeutet nicht, in Wettbewerb zu treten, sondern sich zu verbessern. In diesem Zusammenhang besteht also keine negative Konnotation, und die Strategie der EU schließt Kooperation keineswegs aus, im Gegenteil, sie basiert auf Kooperation." Auch wenn viele Indikatoren auf eine immer größere Kluft zwischen der Wirtschaftsleistung der EU und der USA hindeuten, beispielsweise in den Bereichen Produktivität und private Forschungsinvestitionen, ist Dr. Amidon der Meinung, dass Europa in vielen anderen "immateriellen" Bereichen bereits die Führungsrolle übernommen hat. "Internationale Zusammenarbeit, Vielfalt respektieren, eine gemeinsame Vision und Sprache schaffen - in all diesen Bereichen ist die EU sehr stark", erläuterte sie. Zum Abschluss der Baltic Dynamics 2004-Konferenz zeigte sich Dr. Amidon "sehr beeindruckt" davon, dass in den Diskussionen und Beiträgen nicht auf die Informationsgesellschaft Bezug genommen wurde. "Meiner Ansicht nach zeigt dies, dass die hier vertretenen Experten den Unterschied zwischen Information und Wissen kennen. Wissen ist menschlich - eine Funktion von Lernen, Austausch und Anpassung - während Information lediglich eine Sache ist." Als positives Zeichen wertete sie darüber hinaus die Tatsache, dass sich die Diskussionen auf der Konferenz hauptsächlich um die für Innovation erforderlichen Bedingungen gedreht hatten und nicht so sehr um Endprodukte oder -technologien. Damit der öffentliche Sektor die Entwicklung einer innovativen und wissensbasierten Wirtschaft effektiv unterstützen kann, betonte Dr. Amidon: "Es geht nicht nur darum, FuE [Forschung und Entwicklung] zu finanzieren, Technologien zu spezifizieren oder Ideen zu erzeugen. Es geht darum, die Kultur und Bedingungen zu schaffen, die für Innovation erforderlich sind, d.h. ein verantwortungsvolles Eingehen von Risiken zu fördern und den Menschen die Chance zu geben, aus ihren Fehlern zu lernen." Laut Dr. Amidon gibt es kein Patentrezept für eine erfolgreiche wissensbasierte Gesellschaft. Bei gleichen Zielsetzungen müssen verschiedene Städte, Regionen und Länder unterschiedliche Ansätze wählen, um die kulturellen, wirtschaftlichen und bildungsbezogenen Elemente zu verknüpfen, die die Basis der jeweiligen wissensbasierten Gesellschaft bilden sollen. Auf dieser Grundlage bestehe eine der Aufgaben des Entovation-Netzwerks darin, die Entstehung von 100 unterschiedlichen "Wissenszonen" weltweit zu überwachen und in der Öffentlichkeit bekannt zu machen. "Die Idee lautet, diese Wissenszonen sichtbar zu machen und das, was funktioniert, dem gegenüberzustellen, was nicht funktioniert. Die Behörden verschiedener Städte können miteinander kommunizieren und voneinander lernen mit dem Ziel, ihre materiellen und immateriellen Ressourcen besser zu nutzen", erläuterte sie. Dr. Amidon schloss ihren Beitrag mit der folgenden Aussage: "Die Spielregeln haben sich gewaltig verändert. Wir schaffen eine neue Weltwirtschaftsordnung, die auf Wissenstransfer, nicht Technologie, auf Innovation, nicht Information und auf Zusammenarbeit, nicht auf Wettbewerb basiert."

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