Mit Raumfahrttechnologie zu neuem Paralympics-Rekord in Athen
Am 21. September gelang es dem deutschen Athleten Wojtek Czyz bei den Paralympics in Athen, mithilfe von Raumfahrttechnologie den paralympischen Rekord über 100 Meter in der Kategorie T42 zu brechen. Er hofft auf eine weitere Goldmedaille in seiner Lieblingsdisziplin Weitsprung. Czyz verlor vor drei Jahren bei einem Unfall einen Teil seines linken Beins. Als leidenschaftlicher Sportler trainierte er mit einer Prothese weiter. Die Standardprothese war für Sportwettkämpfe allerdings nicht optimal geeignet, insbesondere nicht für den Weitsprung. "Ich hatte große Probleme mit meiner alten Prothese, da der Verbindungswinkel zwischen der Knie- und der Unterschenkelfeder beim Weitsprung oft kaputt ging", erklärte Czyz. Das war nicht nur ein praktisches Problem, sondern schaffte auch eine psychische Barriere: "Beim Training hatte ich immer Angst, dass mein künstliches Bein nicht halten würde. Ich wusste nie, wie sehr ich meinen Körper und die Prothese beim Springen belasten konnte." Die Europäische Raumfahrtagentur (ESA) und MST Aerospace, der deutsche Technologietransfermakler, der das Technologietransfernetzwerk der ESA verwaltet, erfuhren von Czyzs Schwierigkeiten und beschlossen zu erforschen, ob die Möglichkeit einer auf Raumfahrttechnologie basierenden Lösung bestand. Als eines der Hauptprobleme wurde das Kniegelenk identifiziert - eine L-förmige Klammer zwischen dem künstlichen Knie und der Karbonfeder, die den Unterschenkel ersetzt. Man wandte sich an ein Unternehmen mit Erfahrung in der Entwicklung von leistungsstarken Materialien für den Weltraumeinsatz und konnte zwei neue Klammern herstellen - eine zum Sprinten und eine für den Weitsprung. Die erste wird aus einer hochfesten Aluminiumlegierung hergestellt, die zweite aus Karbonfaser und Stoffschichten. Die Raumfahrttechnologie spielte jedoch bei der Vorbereitung von Czyz auf Athen nicht nur bei der Prothese selbst eine Rolle. Der Sportler hatte auch Schwierigkeiten, die Prothese an seinem Bein zu befestigen. "Abhängig von meiner allgemeinen Verfassung kann sich der Stumpf ausdehnen oder zusammenziehen, so dass es schwierig ist, die Prothese sicher zu befestigen. In manchen Trainingseinheiten ist sie sogar abgefallen", erklärte er. Nach Gesprächen zwischen dem Europäischen Astronautenzentrum und dem Europäischen Netzwerk für Gesundheitsschutz (ebenfalls der ESA angegliedert) durfte Czyz den "perkutanen elektrischen Muskelstimulator" (PEMS) ausprobieren. Der PEMS wurde ursprünglich entwickelt, um Muskelatrophie, Knochenmineralisierung und kardiovaskuläre Dekonditionierung bei Astronauten zu verhindern. "Ich konnte 10 Wochen lang mit dem PEMS trainieren. Dadurch hat sich die Muskelmasse meines Beins erhöht, so dass ich mit dem Anpassen meiner Prothese keine Probleme mehr habe. Auch wenn ich mich nicht wohl fühle, bleibt die Muskelmasse meines Beins gleich", erklärte Czyz. Des Weiteren trug Czyz einen aus einer Speichermembran hergestellten Trainingsanzug. Dieses Material wird normalerweise für die Herstellung von einklappbaren Rädern an Planetenerkundungsfahrzeugen verwendet sowie für entfaltbare Weltraumstrukturen.
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