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Trans-SAHARA: State Formation, Migration and Trade in the Central Sahara (1000 BC - AD 1500)

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Neue Techniken der Radiokarbondatierung enthüllen Geheimnisse früher Zivilisationen in der Sahara

Jüngsten Forschungen zufolge war die Sahara in ihrer vorislamischen Zeit viel dichter besiedelt als bisher angenommen. Die Ergebnisse zeigten, dass Ansiedlungen an Oasen dabei eine wichtige Rolle spielten und sich der Handel parallel zur Verbreitung der Bewässerungslandwirtschaft entwickelte.

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Aus der Erforschung der Wüstenregionen Nordafrikas ergeben sich viele Fragen, hauptsächlich bezüglich der Art, des Entwicklungsgrads und der Verbundenheit der ersten Gemeinschaften an Oasen in der Sahara. Nach dem traditionellen Bild, das durch das Vermächtnis der modernen Kolonialregierungen in Nordafrika geprägt ist, war die Sahara in der vorislamischen Zeit bis auf ein paar wandernde Nomaden dünn besiedelt. Das EU-geförderte Projekt TRANS-SAHARA („State Formation, Migration and Trade in the Central Sahara (1000 BC – AD 1500)“) hat diese Ansicht auf den Prüfstand gestellt. Dazu wurden mehrere Hauptthemen untersucht, nämlich Handel, Siedlungstyp und Wirtschaftstätigkeit, technologischer Wandel, Beerdigungsrituale und Identität sowie Migration. Revolutionäre Entdeckungen trotz großer Hindernisse Der Bürgerkrieg von 2011 hat es in der libyschen Sahara unmöglich gemacht, Feldforschung zu betreiben. Darum nutzte das Projekt Analysen per Satellitenbildern und Radiokarbondatierung von Siedlungen mit Lehmbauten, um Teile seiner Daten zu gewinnen. „Daraus ergab sich ein extremer Wissenszuwachs über die Besiedlung von Oasen in einigen libyschen Oasengebieten in vorislamischer Zeit. Die Entdeckung hunderter Städte und Dörfer der ‚verlorenen‘ garamantischen Zivilisation erhielt weltweit große Aufmerksamkeit“, erklärt Forschungsleiter Professor David Mattingly. Die Ergebnisse klären die Größe und den Entwicklungsgrad der garamantischen Gesellschaft, die laut Professor Mattingly um 1000 v. Chr. begann. In der Zeit zwischen 1 bis 600 n. Chr. stellte sie wohl den ersten vorislamischen Staat der Zentralsahara dar. Entwicklung an Oasen früher als gedacht Die jüngsten Feldforschungen fanden in Marokko statt und nutzten Satellitenkartierung und Nachuntersuchungen vor Ort, um Beweise für die Datierung zu finden (einschließlich einer weiteren großen Reihe von Radiokarbondaten). Es ergab sich ein ähnliches Muster der frühzeitigen Entwicklung an Oasen, das laut den Thesen aus dem Projekt mit anderen Kennzeichen sozialen Wandels zusammenhängt (Metallurgie, Hierarchie und Komplexität). „Diese Entwicklung scheint zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden zu haben, ab der ersten Hälfte des ersten Jahrtausends n. Chr. Im frühen Mittelalter wurde die Region dann maßgebend bei der Bildung mächtiger islamischer Staaten“, erklärt Professor Mattingly. Eine der außergewöhnlichsten Entdeckungen der Feldforschung in Marokko war eine unbekannte Grabart mit bemalten Grabkapellen für die Ahnenverehrung. Bisher hat TRANS-SAHARA insgesamt 20 gemalte menschliche Figuren gesammelt (wie in der Abbildung), die bemerkenswerte Einblicke in die Gesellschaft, Kleidung, Standeszeichen und einzelne Aspekte von Ritualen und Glauben in der Wüste erlauben. Professor Mattingly will diese Erkenntnisse noch vertiefen: „Wir haben vor, in einer Folgephase des Projekts weitere Gräber auszuheben. In einer anderen marokkanischen Siedlungsstätte haben wir eine auffallend große Menge hunderter in Stein gravierter Bilder gefunden, meist Pferde mit Kriegern als Reiter; wahrscheinlich gab es da eine Art Pferdekult. Wir sind der Ansicht, dass marokkanische Behörden durch solche Entdeckungen leichter Touristenattraktionen oder Museen im Forschungsgebiet schaffen können.“ Bahnbrechende Datierungstechniken für klareren Kontext Das größte Problem der historischen Archäologie der Sahara war bisher die chronologische Ungenauigkeit. Von vielen Ausgrabungsstätten ist bekannt, dass ihnen der historische Kontext völlig fehlt. Das Projekt TRANS-SAHARA hat eine neue Methode eingeführt, mit der Lehmbauten datiert werden können. Dazu werden an organischen Einschlüssen in den Lehmziegeln Radiokarbonmethoden (AMS) eingesetzt. Das hat außerordentlich gut funktioniert und für eine große Bandbreite von Stätten von der vorislamischen bis zur islamischen Zeit klarere Datierungen ergeben. Insgesamt hat der ERC circa 200 AMS-Datierungen gefördert, woraus ein ganz neues Konzept der Oasenentwicklung in der ganzen Sahara entstanden ist. Mattingly weiter: „Wenn unser Datierungsansatz auch in anderen Stätten eingesetzt wird, werden die Entwicklungsverläufe noch klarer.“ Für neue Ansätze Kooperationen pflegen Neben der Erfüllung wissenschaftlicher Ziele, konnte das Projekt auch die Karriere und intellektuelle Entwicklung einer großen Gruppe von Nachwuchsforschern voranbringen. Auf Konferenzen wurden Zusammenarbeit und Kooperationen gepflegt, die über das Kernprojekt hinausgehen. Einige dauern bis heute an. „Das Projekt TRANS-SAHARA hat die zukünftige Agenda für historische und archäologische Studien der Sahara neu ausgerichtet. Dies hat bedeutende Auswirkungen auf die wissenschaftliche Forschung, aber auch für die nationale Identität der Länder in der Sahara und im Maghreb“, erklärt Professor Mattingly.

Schlüsselbegriffe

TRANS-SAHARA, islamische Geschichte, Oase, Kultur, Zivilisation, Lehmziegel, historische Archäologie, Karbondatierung

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