Auf Konferenz in Polen werden Forderungen nach einer Umstrukturierung des EU-Haushalts laut
Auf einer Konferenz, die am 4. Februar in Warschau, Polen, stattfand, waren sich die Redner einig, dass der EU-Haushalt zugunsten der Forschung neu geordnet werden müsse. Weniger Einigkeit hingegen bestand hinsichtlich der Frage, welche Aspekte der Forschungspolitik am stärksten von höheren Finanzmitteln profitieren sollten. EU-Wissenschafts- und Forschungskommissar Janez Potocnik nutzte die Konferenz zur Zukunft der EU-Forschungspolitiken und zu den Chancen für die neuen Mitgliedstaaten als Forum, um eine 'Lissabonisierung' des EU-Haushalts zu fordern. Er bezeichnete die bevorstehende Entscheidung des Europäischen Rats über die Finanziellen Perspektiven für 2007 bis 2013 als 'Stunde der Wahrheit'. 'Die Staats- und Regierungschefs müssen entscheiden, ob sie ein Europa des Wissens erreichen möchten', erklärte er. Nach Aussage des Kommissars liegt das Hauptproblem darin, dass 'die Einzelstaaten versuchen, die Wechselwirkungen zwischen europäischem und nationalem Haushalt zu maximieren. Wir müssen die Logik des EU-Haushalts maximieren. Wenn uns dies gelingt, werden wir wettbewerbsfähiger sein.' Potocnik fügte hinzu, dass immer offensichtlicher werde, wie eng die Schaffung von Wissen mit der Wettbewerbsfähigkeit verknüpft sei. Jerzy Buzek, polnisches MdEP und ehemaliger Premierminister, sprach sich ebenfalls für ein höheres Forschungsbudget aus. 'Wenn wir den Beitrag zum EU-Budget weiterhin auf ein Prozent des nationalen BIP beschränken, werden wir unsere Ziele nicht erreichen und nicht wettbewerbsfähig sein', erklärte er. 'Wenn es, wie in der EU-Verfassung angegeben, mehr Europa geben soll, muss es auch mehr Geld geben', fügte er hinzu. Weniger Einigkeit herrschte über die Prioritäten der europäischen Forschungsförderung. Potocnik stellte zwei vorrangige Bereiche heraus, die seiner Ansicht nach für Polen und die anderen neuen Mitgliedstaaten von Bedeutung sind - Mobilitätsprogramme und Infrastruktur. Ein Konferenzteilnehmer erhielt viel Unterstützung für seinen Vorschlag, der Mobilität weniger Bedeutung beizumessen und statt dessen den Ausbau von Forschungsinfrastrukturen stärker zu fördern. Als Reaktion auf diesen Beitrag unterstrich der Kommissar die Bedeutung von Mobilitätsprogrammen, wenn es darum gehe, polnische Wissenschaftler, die im Ausland tätig waren, zurück nach Polen zu holen. Er räumte jedoch ein, dass die Forschungsinfrastrukturen verbessert werden müssen und es lediglich um die Frage gehe, wie dies am besten getan werden sollte. 'Wir dürfen die Solidarität nicht vergessen, doch hierfür gibt es die Struktur- und Kohäsionsfonds. Mit Forschungsmitteln muss Erstklassigkeit gefördert werden, denn anderenfalls haben wir nichts, was wir solidarisch weitergeben können', erläuterte Potocnik. Dr. Andrzej Siemaszko, Direktor des polnischen National Contact Point (NCP) für die EU-Forschungsprogramme, schlug vor, dass Polen von 2007 bis 2013 aus den geschätzten Mittelzuweisungen der Strukturfonds in Höhe von 73 Milliarden Euro zehn Milliarden in Forschungsinfrastrukturen investieren solle. Professor Michal Kleiber, polnischer Minister für Wissenschaft, Forschung und Informationstechnologien, nahm den Vorschlag auf und bat die Europäische Kommission, sein Ministerium bei der Erarbeitung von Argumenten für die Investition dieser Finanzmittel in Forschungsinfrastrukturen zu unterstützen. 'Ein gutes Wort vonseiten der Europäischen Kommission wäre sehr hilfreich', erklärte er. Professor Kleiber gab zudem ein Versprechen für die Zukunft ab. Auch wenn Polen derzeit Forderungen stelle, werde das Land die Unterstützung in der Zukunft zurückzahlen, so wie dies Irland derzeit tue, erklärte er. Zu den weiteren von den Teilnehmern genannten Forschungsprioritäten gehörten die Intensivierung der Beziehungen zwischen akademischer Welt und Industrie, um eine umfassende Beteiligung der Industrie an den EU-Forschungsprogrammen sicherzustellen, sowie die Umsetzung von Forschungsergebnissen in marktfähige Produkte. Professor Claus Weyrich, Leiter der Zentralabteilung Corporate Technology bei Siemens, sprach einige dieser Punkte an. Er mahnte an, dass der Anteil der für die Industrie bestimmten Finanzmittel in den EU-Forschungsprogrammen zurückgehe. Außerdem äußerte er Bedenken dahingehend, dass die Unternehmen mit der Gründung des Europäischen Forschungsrats für Grundlagenforschung weiter ins Abseits gedrängt werden könnten. 'Die Stärkung der Grundlagenforschung darf nicht auf Kosten der angewandten Forschung erfolgen', betonte er. Polen kommt nicht besonders gut mit dem aktuellen Sechsten Rahmenprogramm (RP6) zurecht. Das Land belegt im Hinblick auf die Beteiligung am RP6 nur Platz zehn, es bestehen jedoch Aussichten auf eine Verbesserung der aktuellen Situation. Bis zum Ende des RP6 werde Position sechs angestrebt, so Dr. Siemaszko.
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