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Personalised Prognostic Tools for Early Psychosis Management

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Neuartige Algorithmen können Psychosen vorhersagen, noch bevor diese auftreten

Die präzise Prognose von Psychosen basiert derzeit auf der Einschätzung und Erfahrung der Kliniker. Dank der Prognosealgorithmen, die im Zuge des Projekts PRONIA entwickelt wurden, könnte sich dies ändern.

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Das gesellschaftliche Streben nach immer mehr Wohlstand, Komfort und Wachstum führt dazu, dass Bürger in die Enge gedrängt werden. Affektive und nichtaffektive Psychosen waren noch niemals so weit verbreitet. Dies reicht so weit, dass sich Psychosen zu der kostspieligsten hirnspezifischen Erkrankung in Europa entwickelt haben. Das Muster bei affektiven Erkrankungen ist oftmals gleich: ein bewegungsarmer, schlafarmer Lebensstil mit wenig Sonnenlicht, der in jungen Jahren beginnt, in Kombination mit steigendem Drogenkonsum und wachsender emotionaler Vernachlässigung. „Die Kosten für die Gesellschaft sind überwältigend“, sagt Prof.Dr. Nikolaos Koutsouleris von der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Jüngere Bevölkerungsgruppen sind stark betroffen, und die daraus resultierende Beeinträchtigung über die Lebensdauer – aufgrund der häufigen Rückfälle bei solchen Erkrankungen – verursacht in 50 % der Fälle sehr hohe direkte und indirekte Kosten.“ Allein in Europa beziffern sich psychotische und affektive Erkrankungen jährlich auf eine Belastung in Höhe von 207 Milliarden Euro. Es stellt sich die Frage, wie diese steigende Flut von Geisteskrankheiten zu bewältigenden ist. Laut Prof. Dr. Koutsouleris gibt es bei den derzeitigen Gegenmaßnahmen drei zentrale Schwachstellen. Die erste ist, dass die präventive Psychiatrie in den meisten EU-Ländern noch in den Kinderschuhen steckt, ohne dass geeignete Infrastrukturen für die psychische Gesundheitsfürsorge vorhanden wären. Der zweite Grund liegt in den Früherkennungsstrategien, die von statistischen Analysen auf Gruppenebene abgeleitet werden, wodurch die verlässliche Identifizierung des individuellen Risikos sehr schwierig wird. Schließlich werden frühe Interventionsverfahren (hauptsächlich Psychotherapie) ebenfalls von klinischen Studien auf Gruppenebene abgeleitet, die nicht auf die Erstellung von Behandlungsempfehlungen für einzelne Patienten zugeschnitten wurden. Menschen mit einem hohen Risiko können für diese klinischen Studien nur sehr schwer gewonnen werden. Das Projekt PRONIA (Personalised Prognostic Tools for Early Psychosis Management) wurde an diesem Bedarf an repräsentativeren Studien und Personalisierungsinstrumenten ausgerichtet. „Bei PRONIA zielten wir darauf ab, dieses zweite Defizit anzugehen, also den Bedarf an Instrumenten, die eine präzisere und repräsentativere Messung des Risikos einzelner Patienten ermöglichen. Wir versuchten ebenfalls, schlechtere Ergebnisse weitläufiger zu operationalisieren, indem wir z. B. die funktionelle Störung unseres Prognoseziels berücksichtigten sowie weitere objektive Daten wie z. B. Neurobildgebung, neurokognitive Daten und genetische oder proteomische Informationen in unsere Prognoseinstrumente miteinbezogen.“ Die PRONIA-Prognoseinstrumente sind auf Populationen mit hohem Risiko zugeschnitten, bei denen dieses Risiko bereits durch einen Kliniker festgestellt worden ist. Sie ergänzen das „Bauchgefühl“, das derzeit im Bereich der Patientenprognose vorherrscht, durch eine Quantifizierung des tatsächlichen Risikos. „In Zukunft könnte dies zu einem stratifizierten Präventionsansatz und zu einer sinnvolleren Zuweisung therapeutischer Ressourcen führen. Die zentrale Innovation gründet auf der Schulung unserer Maschinenlernalgorithmen in der Prognose von Ergebnissen auf individueller Ebene, indem diese mit sequentiell erworbenen multimodalen Prognosedaten gespeist werden“, erklärt Prof. Dr. Koutsouleris. „In gewisser Weise ist dies den Prognoseketten in klinischen Umgebungen aus der realen Welt nachempfunden. Wir ergänzen diese Arbeitsabläufe um computergestützte Unterstützung zur Verbesserung der medizinischen Entscheidungsfindung an kritischen Nahtstellen des Prozesses.“ Konkret werden klinische Experten ein Instrument nutzen können, das quantitative Risikoabschätzungen – Risikobewertungen – in verschiedenen Bereichen ermöglicht, hierzu zählt z. B. das Risiko des Übergangs zu Erkrankungen oder das Risiko auf funktionelle Störungen an verschiedenen Verlaufskontrollpunkten (nach sechs Monaten, einem Jahr oder zwei Jahren). Ein solcher Ansatz könnte eine flexiblere, umfassendere und präzisere Risikoquantifizierung bei einzelnen Patienten vereinfachen, auch wenn hierdurch keine infrastrukturellen Herausforderungen gelöst werden. Das PRONIA-Konsortium ist mit der Erstellung eines Geschäftsplans für ein Unternehmen beschäftigt, welches das telepsychiatrische Prototyp-Entscheidungsfindungssystem in verschiedenen EU-Ländern in klinischen Umgebungen aus der realen Welt testen wird. „Bei der Übertragung vom Labor an das Krankenbett gilt es offenkundig zahlreiche Herausforderungen zu meistern, darunter die Zulassung, die Patientensicherheit und ethische Erwägungen“, lautet die Schlussfolgerung von Prof. Dr. Koutsouleris.

Schlüsselbegriffe

PRONIA, Psychose, psychische geistige Gesundheit, Algorithmus, Prognose, Diagnose

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