CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS

PROcesses for Value added fibres by Innovative Deep Eutectic Solvents

Article Category

Article available in the following languages:

Innovative Zellstofftechnologien für mehr Nachhaltigkeit

Die Papier- und Zellstoffindustrie hat sich zum Ziel gesetzt, Kohlendioxidemissionen deutlich zu reduzieren und gleichzeitig die Energie- und Ressourceneffizienz zu steigern. In diesem Sinne entwickelte eine europäische Initiative eine bahnbrechende Technologie für eine umweltfreundlichere Zellstoffproduktion.

Klimawandel und Umwelt icon Klimawandel und Umwelt
Lebensmittel und natürliche Ressourcen icon Lebensmittel und natürliche Ressourcen
Grundlagenforschung icon Grundlagenforschung

Um Zellulosefasern für die Papierherstellung zu gewinnen, werden in der Holzverarbeitung fossile chemische Substanzen und energieintensive Technologien eingesetzt, deren Entwicklung bereits über hundert Jahre zurückliegt. Es steht außer Frage, dass nachhaltigere und energiesparendere Prozesse benötigt werden, mit denen trotzdem effizient hochwertige Zellstoffe produziert werden können. Die Papier- und Zellstoffindustrie kann dabei einen wichtigen Beitrag für ressourcenschonende Produktionsprozesse leisten und weltweit Bemühungen um eine kohlenstoffarme Bioökonomie unterstützen. Die Partner des EU-finanzierten Projekts PROVIDES entwickelten daher eine innovative Technologie für Rohstoffe aus Lignocellulose, die bei der Holz- und Agrarproduktion anfällt. „Unser Ziel war es, in der Zellstoff- und Papierindustrie den Energieaufwand um 40 % und die CO2-Emissionen um 80 % zu reduzieren“, erklärt Projektkoordinatorin Annita Westenbroek. DES-Lösungsmittel Die PROVIDES-Technologie basiert auf starken eutektischen Lösungsmitteln, einer neuen Klasse von Lösungsmitteln auf natürlicher Basis. Die einzelnen Komponenten solcher Lösungsmittel haben natürlich hohe Schmelzpunkte über 100º C, allerdings bilden sich beim Mischen unter Raumtemperatur schwer flüchtige Flüssigkeiten. Die stark eutektischen Lösungsmittel wurden vor 15 Jahren entdeckt und werden schon länger in der Elektrochemie angewendet. „Erst vor fünf Jahren entdeckte man zudem bei einigen natürlichen stark eutektischen Lösungsmitteln eine hervorragende Löslichkeit für Lignin, was sie als neue Mittel zur Zellstoffherstellung prädestiniert. In unserem Projekt versuchten wir, mit Lösungsmitteln, die bei niedrigen Temperaturen und Atmosphärendruck arbeiten, Lignin aus Holz zu isolieren, um reine, hochwertige Zellulosefasern für die Papierherstellung zu gewinnen“, fährt Westenbroek fort. Das Projekt PROVIDES entwickelte mehr als einhundert stark eutektische Lösungsmittel, von denen einige die hervorragende Fähigkeit haben, Holz zu lösen und es damit bis zu einem gewissen Grad fraktionieren zu können. Die so erzeugten langen, geraden Zellulosefasern eignen sich, um Papier mit guter innerer Bindung und hoher Reißfestigkeit herzustellen. Die Nebenprodukte Lignin und Hemizellulose könnten dann weiterverarbeitet werden. Noch ein wichtiger Erfolg des Projekts war die Entwicklung hydrophober Lösungsmittel, mit der die Auftrennung von Komponenten aus wässrigem Zellstoff deutlich verbessert werden konnte. Weit mehr als umweltfreundliche Technologien „Stark eutektische Lösungsmittel sind natürliche, erneuerbare, biologisch abbaubare und kosteneffiziente Lösungsmittel, die bislang noch nicht in der Zellstoff- und Papierindustrie oder für jegliche andere Fraktionierungsverfahren bei Biomasse eingesetzt wurden“, betont Westenbroek. Mit der Entdeckung von stark eutektischen Lösungsmitteln könnte der Zellstoffherstellungsprozess von Grund auf neu gedacht werden, um künftig Zellstoff extrem energiesparend wie auch emissions- und rückstandsarm zu produzieren. Vor allem könnte der Papiersektor durch Einführung der völlig neuen energie-, kosten- und ressourceneffizienteren Technologie deutlich nachhaltiger werden als bislang. Die stark eutektischen Lösungsmittel eignen sich auch, um Zellulose aus Reststoffen rückzugewinnen und beim Recycling Drucktinte und Verunreinigungen aus Papier herauszulösen. Damit diese Labortechnologie die nächste Stufe erreicht, sind allerdings noch einige technologische Hürden zu nehmen. Derzeit optimiert das PROVIDES-Konsortium die Lignoseextraktion wie auch die Verwertung und Wiederverwendung von DES. So bereiten die Forscher eine Pilotphase vor, in der stark eutektische Lösungsmittel im industriellen Maßstab getestet und die Auswirkungen für Umwelt und Klimaschutz bewertet werden sollen. Der positive Effekt für die Umwelt geht, wie die Ergebnisse von PROVIDES zeigen, über die Papierindustrie hinaus, da reines Lignin in der Chemie künftig fossile aromatische Substanzen ersetzen soll. Insgesamt zielt der Ansatz von PROVIDES darauf ab, herkömmliche Prozesse der Zellstoffherstellung zu verschlanken, indem mit minimalem Energie- und Kostenaufwand Produkte höchster Qualität erzeugt werden. Ultimatives Ziel sei es, so Westenbroek, „die technologische Innovation der stark eutektischen Lösungsmittel bis 2030 kommerziell umzusetzen, damit die Zellstoff- und Papierindustrie ihre Klimaziele erreicht“.

Schlüsselbegriffe

PROVIDES, Zellstoff, Kohlendioxidemissionen, starke eutektische Lösungsmittel

Entdecken Sie Artikel in demselben Anwendungsbereich