VK-Forscher: Ursuppe war heiß
Ein Forscherteam aus dem VK hat eine neue Theorie aufgestellt, warum die Sprache unserer Gene komplexer ist, als sie es sein müsste. Darüber hinaus sagt das Team in seinem Artikel, dass die Ursuppe, mit der alles Leben auf der Erde anfing, wahrscheinlich heiß war, nicht kalt, wie viele Wissenschaftler annehmen. In ihrem Artikel, der in der aktuellen Ausgabe des Journal of Molecular Evolution erschienen ist, stellen die Forscher der Universität Bath ihre Theorie über ein Phänomen vor, das der Wissenschaft seit der Entzifferung der Sprache der DNA Rätsel aufgibt. 1968 erhielten M. Nirenberg, H.G. Khorana and R. Holley den Nobelpreis für ihre Entdeckung, wie Proteine aus genetischem Code entstehen. Sie fanden heraus, dass dreibuchstabige "Wörter" - so genannte Codons - aus dem DNA-Code gelesen und dann in eine von 20 Aminosäuren übersetzt werden. Diese Aminosäuren werden in einer vom DNA-Code diktierten Reihenfolge aneinandergereiht und dann in komplexe Formen gefaltet, die ein bestimmtes Protein ergeben. Da das DNA-"Alphabet" aus vier Buchstaben - den so genannten Basen - besteht, gibt es im DNA-Wörterbuch 64 dreibuchstabige Wörter: alle mathematisch möglichen Kombinationen aus vier Buchstaben in Dreiergruppen. Diese Redundanz von 64 möglichen Wörtern im DNA-Wörterbuch gibt den Forschern seit der Entdeckung des DNA-Codes Rätsel auf, und bis jetzt hat sich jede einzelne der zahllosen Theorien, die angeblich das Rätsel lösen, als falsch erwiesen. Dr. Jean van den Elsen von der Fakultät für Biologie und Biochemie: "Die Frage, warum es so viel mehr Codons als Aminosäuren gibt, fasziniert die Forscher seit dem Tag, an dem entdeckt wurde, wie der genetische Code funktioniert. Diese Redundanz bedeutet doch, dass der genetische Code nicht die mathematische Brillanz besitzt, die man von so einem fundamentalen Baustein des Lebens auf der Erde erwarten sollte." Eines der Merkmale des genetischen Codes sind die Gruppen von Codons, die alle für ein und dieselbe Aminosäure stehen. So gibt es zum Beispiel sechs unterschiedliche Codons, die alle in Leucin übersetzt werden können. Für andere Aminosäuren jedoch, die ebenfalls wichtige Funktionen haben und in gleichem Maße übersetzt werden, gibt es nur ein kodifizierendes Codon. Die neue Theorie baut auf einer Idee auf, die ursprünglich von F. Crick stammt, einem der Väter der DNA-Struktur, nämlich dass sich der dreibuchstabige Code aus einem einfacheren zweibuchstabigen Code entwickelt hat, auch wenn Professor Crick davon ausging, dass der Unterschied lediglich auf einem "in der Zeit eingefrorenen" Zufall beruht. Die Forscher der Universität Bath stellen die These auf, dass der ursprüngliche Doubletten-Code in Dreiergruppen gelesen wurde, wobei jedoch nur die ersten beiden "Präfix"- oder die letzten beiden "Suffix"-Basenpaare aktiv gelesen wurden. Die Wissenschaftler können durch Kombinierung der Doubletten-Codes die Aminosäuren-Tabelle darstellen. Das würde erklären, warum einige Aminosäuren aus Gruppen von zwei, vier oder sechs Codons übersetzt werden können. Sie können auch erklären, wie die Gruppen der hydrophilen und hydrophoben Aminosäuren entstanden sind, nämlich aus überlappenden "Präfix"- und "Suffix"-Codons. "Wenn man unsere Theorie eines Doubletten-Systems zu einem Tripletten-System weiterentwickelt, kommt man zu genau der Anzahl und Bandbreite der Aminosäuren, die wir heute kennen", so Dr. van den Elsen. "Diese einfache Theorie erklärt viele bislang ungelösten Merkmale des genetischen Codes." Die neue Theorie beschäftigt sich insbesondere mit zwei Aminosäuren, die von dem Doubletten-System ausgenommen werden können und wahrscheinlich relativ junge "Erwerbungen" des genetischen Codes sind. Die Tatsache, dass diese beiden Aminosäuren - Glutamin und Asparagin - ihre Form bei hohen Temperaturen nicht beibehalten können, bedeutet, dass sie aufgrund der Hitze irgendwann in der Vergangenheit nicht vom Code aufgenommen werden konnten. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass der letzte gemeinsame Vorfahre, der Last Universal Common Ancestor (LUCA), aus dem sich alles Leben auf Erden entwickelte, in einem heißen Schwefelpool oder einer thermischen Aufstiegszone lebte. Erst als der LUCA in kühlere Gefilde zog, konnte er die beiden weiteren Aminosäuren aufnehmen und sich in komplexere Organismen entwickeln. Dies wäre ein weiterer Nachweis, dass das Leben aus einer heißen - nicht einer kalten - Ursuppe entstanden ist. "Irgendwo versteckt in unserer DNA und der Struktur unserer Zellen gibt es noch Relikte des ganz alten, einfachen Codes", ist sich Dr. van den Elsen sicher und verweist auf mehrere Moleküle, die an der Proteinsynthese beteiligt sind und sich nur um Basenpaare in Triplett-Codons kümmern. "Je weiter sich der Code entwickelt hat, desto besser konnte er sich anpassen und neue Aminosäuren aufnehmen. Ich weiß nicht, ob wir irgendwann einmal einen vollen Satz von 64 Aminosäuren erreichen werden. Ein Kompromiss zwischen dem Aminosäurenvokabular und der Fähigkeit des genetischen Codes, Fehler zu minimieren, könnte ihn auf sein derzeitiges Format festgelegt haben", schließt er.
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