Europäische Wissenschaftler weisen neue Verbindung zwischen Stammzellen und Tumoren nach
Wissenschaftler am Europäischen Labor für Molekularbiologie (EMBL) in Heidelberg und am Institut für Biomedizinische Forschung im Parc Científic de Barcelona (IRB-PCB) haben jetzt die These, dass einige Typen von Krebs durch Defekte an Stammzellen hervorgerufen werden, untermauert. In einer Studie, über die diese Woche in der Online-Ausgabe von Nature Genetics berichtet wurde, zeigen sie, dass tödliche Tumore entstehen können, wenn sich wichtige Moleküle vor ihrer Teilung nicht am richtigen Ort in den Stammzellen befinden. Zellen im Frühstadium des Embryos sind austauschbar und teilen sich schnell. Sie beginnen sich jedoch bald auszudifferenzieren und werden schließlich zu spezialisierten Zellen wie Neuronen, Blut oder Muskeln. Wenn sie sich ausdifferenziert haben, sollten sie sich nicht mehr teilen und werden üblicherweise zu einem Bestandteil spezifischer Gewebe. Einige Tumorzellen ähneln Stammzellen: Sie sind identisch, können sich schnell teilen und können im schlimmsten Fall Metastasen bilden, die sich im ganzen Körper ausbreiten und sich selbst in neues Gewebe implantieren. Da spezialisierte Zellen auf natürliche Weise durch Alter oder Verletzungen sterben können, hat der Körper Stammzellenbestände, aus denen Ersatzzellen entstehen. Üblicherweise teilen sich die Stammzellen in zwei Typen: eine, die wie die Elternzelle ist und zur Aufrechterhaltung des Bestands dient, und eine andere, die sich ausdifferenziert. Dies geschieht mit Neuroblasten: Die Zellteilung schafft einen großen Neuroblast und eine kleinere Zelle, die Teil eines Nervs werden kann. Dieser Prozess wird durch Ereignisse gesteuert, die vor der Teilung stattfinden: Die Elternzelle wird asymmetrisch und sammelt eine Reihe spezieller Moleküle, einschließlich Prospero und anderer Proteine, in dem Bereich, der zur spezialisierten Zelle wird. "Diese Asymmetrie versorgt die neue Zelle mit den Molekülen, die sie benötigt, um neue genetische Programme einzuleiten, die ihr sagen, was sie werden soll", erklärt Cayetano González, dessen Gruppe das Projekt am EMBL begann und die Arbeit fortsetzte, als sie in das IRB-PCB umzogen. "Im Rahmen der derzeitigen Studie wird untersucht, was passiert, wenn der Prozess der Lokalisierung dieser Moleküle gestört wird." Ob Prospero und seine Partner an die richtige Stelle gelangen, hängt von der Aktivität spezifischer Gene in der Stammzelle ab. Emmanuel Caussinus, EMBL-Doktorand in der Gruppe um González und Mitverfasser des Artikels, gelang es, Neuroblasten zu schaffen, in denen diese Gene gestört wurden. "Wir hatten keine normalen Neuroblasten und Tochterzellen mehr, die in der Lage waren, Teil eines Nervs zu werden", so Caussinus. "Stattdessen hatten wir einen Tumor." Als diese veränderten Zellen in Fliegen transplantiert wurden, kam es zu schnellen und dramatischen Ergebnissen. Das Gewebe, das die veränderten Zellen enthielt, wuchs auf das 100-fache seiner ursprünglichen Größe an, die Zellen drangen in anderes Gewebe ein und der Tod folgte. Caussinus zufolge wurde der wachsende Tumor "unsterblich" und Zellen konnten über Jahre hinweg in neue Träger retransplantiert werden, Generation für Generation, mit ähnlichen Auswirkungen. Die Studie belegt, dass spezifische Gene in Stammzellen - diejenigen, die das Schicksal der Tochterzellen steuern - von entscheidender Bedeutung sind. Falls derartige Gene gestört werden, sind die neuen Zellen möglicherweise nicht mehr in der Lage, ihre Reproduktion zu kontrollieren, und dies könnte zu Krebs führen. "Dies zeigt die zentrale Bedeutung der Ereignisse, die asymmetrische Sammlungen von Molekülen innerhalb der Stammzellen schaffen", so Dr. González. "Daraus ergibt sich, dass sich neue Untersuchungen mit der Beziehung zwischen Stammzellen und Tumoren in anderen Modellorganismen und Menschen beschäftigen sollten."
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