Partnerschaft zwischen Kommission und Industrie zur Reduzierung von Tierversuchen
Die Europäische Kommission hat eine Partnerschaft mit Industrieverbänden aus den Sektoren Pharmazeutik, Chemikalien, Kosmetik und Biotechnologie zur Suche nach Alternativen zu Tierversuchen vereinbart. Die "European partnership to promote alternative approaches to animal testing" ("Europäische Partnerschaft zur Förderung von Alternativkonzepten zu Tierversuchen") wurde am 7. November auf einer Konferenz in Brüssel vereinbart. Durch die Aufstellung eines Aktionsprogramms mit konkreten Maßnahmen hofft man, die Anzahl der Versuchstiere reduzieren zu können - derzeit werden jährlich in Europa etwa 10,7 Millionen Tiere für Versuchszwecke eingesetzt. Der EU-Kommissar für Wissenschaft und Forschung, Janez Potocnik, der die Konferenz gemeinsam mit Günter Verheugen, dem für Unternehmen und Industrie zuständigen Vizepräsidenten der Kommission, leitete, äußerte sich folgendermaßen: "Die Vereinbarung mit mehreren Industriesektoren ist ein wichtiger Schritt zur Verwirklichung unseres Ziels, validierte Alternativverfahren verfügbar zu machen. Wir werden die Partnerschaft unterstützen, indem wir unsere Bemühungen zur Förderung der Forschung, Entwicklung und Bewertung alternativer Prüfmethoden unter dem neuen Forschungsrahmenprogramm intensivieren." Mit der "3-R-Erklärung", auf die sich die Kommission und die Industrieverbände, darunter CEFIC (Europäischer Rat der Verbände der Chemischen Industrie), ECPA (Europäischer Pflanzenschutzverband) und EFBIA (Europäischer Dachverband der pharmazeutischen Industrie), geeinigt haben, wird eine freiwillige Partnerschaft zur Verbesserung, zur Verminderung und zum Ersatz (Refining, Reducing or Replacing - 3-R-Prinzip) von Tierversuchen eingerichtet. Im ersten Quartal 2006 wird ein Aktionsplan aufgestellt, in dem Maßnahmen zur Förderung der Entwicklung, Validierung und rechtlichen Akzeptanz alternativer Ansätze vorgeschlagen werden. Derartige Maßnahmen könnten die Aufzeichnung von Forschungsarbeiten und Forschungszusammenarbeit, die Entwicklung intelligenter Prüfstrategien und praktische Mechanismen zur Vereinfachung der Akzeptanz alternativer Verfahren in den Rechtssystemen umfassen. EU-Kommissar Verheugen ist sich der Tatsache bewusst, dass der Bereich Tierversuche ein sehr sensibles Thema ist, das eine Reihe gesellschaftlicher Aspekte wie Ethik, Gesundheit, Wirtschaft und Wissenschaft betrifft. "Ich kann Ihnen versichern, dass das Thema Tierschutz mir persönlich am Herzen liegt, [... aber] solange die Wissenschaftler sagen, dass Tierversuche in verschiedenen Industriesektoren immer noch erforderlich sind, um Risiken für die menschliche Gesundheit bewerten zu können, müssen wir weiter nach alternativen Methoden suchen." "Leider ist der Prozess der Entwicklung, Validierung und rechtlichen Akzeptanz alternativer Methoden langsam und in gewissem Maße aufgrund unterschiedlicher Prioritäten in den betreffenden Sektoren auch unkoordiniert", so Verheugen weiter. "Vor diesem Hintergrund könnte unserer Meinung nach ein koordinierter Ansatz [gemeinsam mit der Industrie] helfen, Hindernisse zu überwinden." Verheugen betonte, dass das letztendliche Ziel der EU nicht nur darin bestehe, die Anzahl der Tierversuche zu verringern, sondern sie langfristig ganz abzuschaffen. Doch neben der moralischen Pflicht der Suche nach alternativen Methoden ist auch ein kommerzielles Argument anzuführen. "[�] alternative Testmethoden sind Innovationen, die der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie zugute kommen", erinnerte er seine Zuhörer. Das bisher auf dem Markt erfolgreichste Alternativverfahren, das den Kaninchen-Pyrogen-Test durch einen Test mit Humanzellen ersetzt, hat ein weltweites Marktvolumen von 200 Millionen Euro und rettet jedes Jahr 200.000 Kaninchen das Leben. Abschließend bemerkte Verheugen, dass die Wissenschaft in den letzten zwei Jahrzehnten ihren Schwerpunkt von Tierversuchen auf alternative Ansätze verlegt hat, mit dem Ergebnis, dass die Anzahl der Versuchstiere in dieser Zeit mehr als halbiert werden konnte. "Diese Entwicklung zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Doch wir sollten ehrgeiziger sein und die Entwicklung weiter vorantreiben. Die 'Europäische Partnerschaft zur Förderung von Alternativkonzepten zu Tierversuchen' gibt den Weg und die richtig Richtung vor."