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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Kein Zurück für Gaia?

Der britische Wissenschaftler James Lovelock hat den bisher pessimistischsten Ausblick auf die Zukunft der Erdumwelt veröffentlicht. Gestützt auf seine bahnbrechende und umstrittene "Gaia"-Hypothese ist Dr. Lovelock jetzt überzeugt, dass die Menschheit die Erde unwiderruflich ...

Der britische Wissenschaftler James Lovelock hat den bisher pessimistischsten Ausblick auf die Zukunft der Erdumwelt veröffentlicht. Gestützt auf seine bahnbrechende und umstrittene "Gaia"-Hypothese ist Dr. Lovelock jetzt überzeugt, dass die Menschheit die Erde unwiderruflich zerstört hat, und dass die Systeme, mit denen sich die Erde selbst reguliert, nun Hand in Hand mit der globalen Erwärmung gehen und diese dadurch noch beschleunigen. Dr. Lovelock hat seine "biokybernetische universelle Systemtheorie" in den späten 1970er Jahren entwickelt. Sie entsprang seiner Arbeit über die Mars-Atmosphäre, wo er - anders als auf der Erde - große Mengen Kohlendioxid (CO2) feststellte. Das veranlasste ihn, über das Ökosystem der Erde nachzudenken. Laut der daraus entstandenen Hypothese ist das Ökosystem der Erde ein einziger riesiger lebender Organismus, der in der Lage ist, sich selbst zu regulieren. Er taufte seine Theorie "Gaia", nach einem Vorschlag seines Nachbarn, des Romanciers William Golding. "Die Aerosolverschmutzung der nördlichen Hemisphäre reduziert die globale Erwärmung, da sie das Sonnenlicht zurück ins All reflektiert. Diese Art globale Verdunkelung ist ein vorübergehendes Phänomen. Sie könnte sich innerhalb weniger Tage im wahrsten Sinne des Wortes in den Rauch auflösen, der sie tatsächlich ist, und uns ungeschützt der Hitze des globalen Treibhauses ausgesetzt lassen. Wir befinden uns in einem Scheinklima, das rein zufällig durch Rauch kühl gehalten wird. Aber bevor dieses Jahrhundert zu Ende geht, werden Milliarden von uns sterben, und die wenigen zur Fortpflanzung fähigen Paare, die überleben, werden in der Arktis sein, wo das Klima erträglich bleibt", schreibt Dr. Lovelock in einem Artikel in der englischen Zeitung "The Independent". Während sich die meisten Wissenschaftler darauf beschränken zu untersuchen, wie bestimmte Prozesse ablaufen und wie sich unter Umständen Teile des Klimas erwärmen, betrachtet Dr. Lovelock das System ganzheitlich und möchte wissen, wie es sich unter Stress verhält. Das Phänomen der "globalen Verdunkelung", das Dr. Lovelock postuliert, könnte sich noch verschärfen, wenn die Polkappen weiter schmelzen. Da sie eine glänzende weiße Fläche sind, wirken sie ebenfalls als Reflektoren, die Licht und Wärme zurück ins All werfen. Der Verlust der Polkappen in Verbindung mit der "globalen Verdunkelung" könnte eine todbringende Rückkopplungsschleife sein. In seiner Forschung hat Dr. Lovelock die Entwicklungen der Vergangenheit analysiert und herausgefunden, dass sich die Erde schon einmal in einer ähnlichen Situation befunden hat. Damals fand die Erholung nur langsam statt: Etwa 100.000 Jahre hat sie gedauert, lange genug, um alles Leben auf der Erde, wie wir es kennen, auszulöschen. "Wir sind verantwortlich, und wir müssen die Konsequenzen tragen: Mit dem fortschreitenden Jahrhundert wird die Temperatur in den gemäßigten Zonen um 8 °C steigen und um 5 °C in den Tropen", prognostiziert er. Die Vorhersagen von Dr. Lovelock bieten leider keinen Ausweg aus dieser Situation. "Nichts deutet darauf hin, dass die USA oder die aufstrebenden Wirtschaften Chinas oder Indiens rechtzeitig die Bremse ziehen, und sie sind die Hauptverursacher der Emissionen", so Dr. Lovelock. Dr. Lovelock ist zwar nach wie vor eine Galionsfigur der Umweltbewegung, aber gleichzeitig ist er ein vehementer Anhänger der Atomkraft als einer Möglichkeit, emissionsfrei Energie zu erzeugen. "Der Gedanke, dass es ausreichend Land gibt, um Biokraftstoffe anzubauen oder Windparks zu errichten, ist lächerlich." Dr. Lovelock hat auch versucht, Brücken zu den Anhängern der Evolutionstheorie zu schlagen, die seine ursprüngliche Gaia-Hypothese ablehnten, da sie von einer Art globalen "Intelligenz" und einem globalen Altruismus ausgehe. Dr. Lovelock vertritt jetzt die Ansicht, dass Organismen sowohl ihre Umwelt verändern als auch sich ihr anpassen können, und dass man die Erde daher als ein sich permanent weiterentwickelndes System betrachten könne.

Länder

China, Indien, Vereinigte Staaten

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