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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Sollten wir den Brain Drain stoppen? Mobilität der Wissenschaftler - Pro und Kontra

Forscher waren schon immer relativ mobile Erwerbstätige, und es ist allgemein anerkannt, dass internationale Zusammenarbeit und der Austausch von Ideen von entscheidender Bedeutung für das Voranschreiten der Wissenschaft sind. Aber was passiert, wenn die Forscher nur in eine R...

Forscher waren schon immer relativ mobile Erwerbstätige, und es ist allgemein anerkannt, dass internationale Zusammenarbeit und der Austausch von Ideen von entscheidender Bedeutung für das Voranschreiten der Wissenschaft sind. Aber was passiert, wenn die Forscher nur in eine Richtung strömen? Wie können ärmere Länder den Massenexodus ihrer besten und intelligentesten Wissenschaftler in reichere Länder stoppen? Und was unsere Region betrifft, wie kann die EU die besten Forscher anziehen und halten? Diese Fragen wurden am 17. Juli auf dem Euroscience Open Forum in München von einem Gremium debattiert, dem auch zwei Forscher angehörten, die nach Europa gekommen waren, um ihre Laufbahnen voranzutreiben. Mario Cervantes von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), der das Thema in einen Kontext brachte, stellte heraus, dass qualifikationsgetriebene Migration nichts Neues sei. Als er kürzlich in Rom eine Kirche aus dem 12. Jahrhundert besichtigt habe, habe er festgestellt, dass die Buntglasfenster von französischen und flämischen Künstlern angefertigt worden seien. Bei den heutigen qualifizierten Arbeitsmigranten handelt es sich eher um medizinisches Personal, Spezialisten im Bereich Informationstechnologie (IT), Studenten, Unternehmer und natürlich Forscher. Es gibt häufig Berichte über brillante Wissenschaftler, die Europa auf der Suche nach einer strahlenderen und wahrscheinlich reicheren Zukunft in den USA verlassen haben. Es werden außerdem ethische Fragen in Bezug auf die Einstellung von Forschern aus Entwicklungsländern durch Institutionen in Industrieländern aufgeworfen. Diese anekdotenhaften Berichte kaschieren jedoch den enormen Datenmangel zur Mobilität von Forschern, der eine Analyse des Gesamtbilds sehr schwierig macht. Während viele Einzelheiten weiterhin unklar bleiben, ist es dennoch klar, dass es eine Nettobewegung von Forschern aus Entwicklungs- in Industrieländer gibt, und in gewissem Maße von Industrieländern in die USA. Sehr häufig präsentiert die Presse diesen "Brain Drain" als ein weitgehend negatives Phänomen. Georges Bingen von der GD Forschung der Europäischen Kommission stellte jedoch heraus, dass die Mobilität der Forscher viele Vorteile mit sich bringt. "Brain Circulation kann äußerst vorteilhaft sein", sagte er. "Sie transferiert Wissen und eröffnet Verbindungen. Daher fördert die Kommission die Mobilität außerhalb Europas." Er wies darauf hin, dass Mobilität in denjenigen Fällen ein Problem sei, in denen ein systematischer Widerwillen in Bezug auf die Rückkehr bestehe, wenn die besten Talente unverhältnismäßig betroffen seien und wenn keine Entschädigung durch den Zustrom von Intelligenz erfolge. Was veranlasst also die Wissenschaftler, ins Ausland zu gehen, und was können ihre Heimatländer gegebenenfalls tun, um sie zur Rückkehr zu überzeugen? Dr. Rohini Kuner verließ ihr Heimatland Indien nach ihrem Abschluss in Pharmazie, um in den USA zu promovieren. Sie kam anschließend nach Europa, wo sie ihre postdoktorale Forschung in Heidelberg aufgenommen hat. Ihre Entscheidung, in Europa zu bleiben, wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) beeinflusst. "Mit 30 Jahren erhielt ich die Chance, eine Forschungsgruppe mit Hilfe der DFG zu leiten", sagte sie. "Dies ist sehr wichtig, um junge Wissenschaftler zu halten." Als sie Indien verließ, wollte der Großteil der Absolventen in bestimmten Fächern das Land verlassen. Zehn Jahre später ist die Situation etwas besser, da indische IT-Institute beginnen, ihren guten Ruf zu festigen und gute Absolventen und sogar ausländische Forscher anzuziehen. Diese Institute sind jedoch noch die Ausnahme, nicht die Regel. Sie stellte heraus, dass es nicht ausreiche, promovierte Forscher auszubilden und dann zu erwarten, dass sie in ihr Heimatland zurückkehren, um ihre Forschung fortzusetzen. Dies sei besonders relevant für ihren Fachbereich, biomedizinische Forschung, wo die Durchführung von erstklassiger Forschung mit der Verwendung äußerst teuerer Ausrüstung verbunden sei, die für Forscher in Entwicklungsländern nicht leicht zugänglich sei. Eine alternative Perspektive stammte von Brian O'Neill, einem amerikanischen Klimaforscher, der die letzten vier Jahre am Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Österreich tätig war. O'Neill, der sich selbst als einen "Brain Circulator" beschrieb, sagte, er plane, in ein paar Jahren in die USA zurückzukehren. Er habe sich entschieden, nach Europa zu kommen, weil in Europa ein Teil der weltweit besten Arbeit im interdisziplinären Bereich der Forschung zum Klimawandel durchgeführt werde und das IIASA neben anderen in diesem Bereich führend sei. Darüber hinaus sei die internationale Art der Wissenschaft und Politiken in Bezug auf den Klimawandel mit umfangreicher Erfahrung verschiedener Forschungsgemeinschaften weltweit verbunden, die zum Verständnis der Themen beitrage. Er hob außerdem die rein persönlichen Vorteile des Lebens im Ausland hervor wie die Gelegenheit, Fremdsprachen zu lernen und verschiedene Kulturen kennen zu lernen. Laut Dr. O'Neill ist ein Faktor, der viele Forscher davon abhält, ins Ausland zu gehen, die mangelnde Gelegenheit zur Rückkehr. Dies sei teilweise eine Frage der Sichtbarkeit oder eher der mangelnden Sichtbarkeit. Aus den Augen bedeute wirklich aus dem Sinn. Für einige Rückkehrer gestalte sich außerdem die Rückkehr auf den Arbeitsmarkt schwierig, da im Ausland verbrachte Zeit als Auszeit für die lokale Forschungskarriereleiter angesehen werden könne. Ein weiteres Problem, das er in Österreich habe, sei das Akquirieren von Geldern. Es stünden nur wenige Mittel für ausländische Forscher zur Verfügung und die Verfahren, um diese zu erhalten, seien verwirrend. Ebenso werde es bei seiner Rückkehr in die USA schwierig sein, Fördermittel zu erhalten, da er einige Zuschüsse erst dann beantragen könne, wenn er dort einen bestätigten Arbeitsplatz habe. Schließlich gibt es auch Schwierigkeiten beim Umzug mit einer Familie. Nicht selten erhalten die Ehegatten von Wissenschaftlern keine Arbeitserlaubnis, weswegen ein Umzug für Wissenschaftler, deren Ehegatten ihre eigene Laufbahn verfolgen möchten, nicht in Frage kommt. Die Kinder von Forschern können ebenfalls Schwierigkeiten bei der Integration in ausländische Schulen haben, insbesondere wenn sie die Sprache nicht sprechen. All das wirft die Frage auf, was Länder und Regionen wie die EU tun können, um Wissenschaftler anzuziehen und zu halten. Alle Teilnehmer des Gremiums waren sich einig, dass internationale Mobilität aus den oben aufgeführten Gründen insgesamt eine gute Sache sei. Der Schlüssel zur Rückgewinnung von Forschern sei die Schaffung von Rückkehrmöglichkeiten. Die EU verleiht hierzu Stipendien für ein Studium außerhalb der EU, für die am Ende die Rückkehr des Begünstigten in die EU Bedingung ist. Die kürzlich eingeleitete ERA-Link-Initiative stellt außerdem sicher, dass Forscher, die von der EU in die USA abwandern, miteinander und mit Forschern in der EU in Kontakt bleiben können. Um Nicht-EU-Wissenschaftlern die Arbeit in der EU zu erleichtern, hat die Kommission ein spezielles Wissenschaftlervisum eingeführt sowie ein Programm zur Unterstützung von Forschern bei Steuerproblemen oder Schwierigkeiten in Bezug auf die Niederlassung ihrer Familien im Gastland. Letzten Endes ist die beste Möglichkeit für das Gewinnen von Wissenschaftlern für Europa die Verbesserung der Arbeits- und Karrierebedingungen. Dies erfordert höhere Investitionen in Forschung und Entwicklung von Regierungen und Privatsektor gleichermaßen.

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