Studienergebnis: EU hinkt bei öffentlichen Ausgaben für die Krebsforschung hinter den USA her
Die EU bleibt laut einer von der Europäischen Kommission finanzierten Studie bei den öffentlichen Ausgaben für die Krebsforschung weit hinter den USA zurück. Das Problem besteht darin, dass die Mitgliedstaaten die Krebsforschung nicht in angemessener Weise unterstützen, sondern sich darauf verlassen, dass die EU das mangelnde Engagement mit Fördermitteln wettmacht, die im Grunde genommen dazu gedacht sind, zusätzliche Impulse zu liefern. Außerdem kam die Studie zu dem Ergebnis, dass Wohltätigkeitsorganisationen ohne Erwerbszweck einen wachsenden Beitrag zur Krebsforschung leisten. Schon vormals war festgestellt worden, dass in der EU nicht so viele private und öffentliche Finanzierungsmittel für Forschung und Entwicklung im Bereich der Krebsbekämpfung aufgebracht werden wie in den USA, doch erst jetzt wird deutlich, wie groß die Kluft gerade bei der öffentlichen Förderung ist. Die im Peer-reviewed Open Access Journal (PLoS) veröffentlichte Studie befasst sich mit den öffentlichen Ausgaben, die in den Jahren 2002/2003 von der gesamten EU, der Europäischen Freihandelsgemeinschaft (EFTA) und den assoziierten Ländern getätigt wurden, und berücksichtigt dabei sowohl nationale öffentliche Finanzierungsorganisationen als auch die Europäische Kommission und transeuropäische Einrichtungen. Der Vergleich zwischen den öffentlichen Ausgaben der EU und denen der USA ergab, dass die europäischen Staaten insgesamt 1,43 Milliarden EUR für öffentliche Krebsforschung ausgaben, während sich die Ausgaben des National Cancer Institute in den USA im selben Zeitraum auf 3,6 Milliarden EUR beliefen. Das entspricht Pro-Kopf-Ausgaben von 2,56 EUR in der EU gegenüber 17,63 EUR in den USA. Der Prozentsatz des BIP, den die USA für die Krebsforschung ausgab, war viermal so hoch wie der Prozentsatz des BIP, den europäische Staaten durchschnittlich aufbrachten. Der Studie zufolge ist dieses Missverhältnis in erheblichem Maße der Ungleichheit bei der von den alten und den neuen Mitgliedstaaten getätigten Forschungsinvestitionen in diesem Bereich zuzuschreiben. So würde sich die Diskrepanz zwischen den USA und der EU um das Fünffache verringern, wenn man die Ausgaben der USA lediglich mit denen der 15 alten EU-Mitgliedstaaten vergleichen würde. Ingesamt geben die EU-25 durchschnittlich 1,3 Milliarden EUR im Jahr für öffentliche Krebsforschung aus. Subventionierungsspitzenreiter in Europa ist mit 388 Millionen EUR das VK, während Malta überhaupt keinen Beitrag zur Krebsforschung in Europa leistet. Drei Länder geben über 100 Millionen EUR aus, neun über 10 Millionen EUR und zehn weniger als eine Million EUR. Dieser Mangel an Finanzierungsmitteln für die Krebsforschung auf Ebene der Mitgliedstaaten führt laut Studie dazu, dass die EU die nationalen Kassen mit Subventionen auffüllt, die ursprünglich dazu gedacht sind, zusätzliche Impulse zu geben und Mehrwert zu schaffen. Da in der gesamten erweiterten EU die Notwendigkeit besteht, die Ziele der Agenda von Lissabon zu verfolgen und die Ausgaben für Forschung bis 2010 auf 3 Prozent des BIP der EU zu erhöhen, fordern die Verfasser der Studie dringende spezifische Maßnahmen. Ein Teil der zusätzlich benötigten Finanzierungsmittel könnte aus dem Wohlfahrtssektor kommen, der laut Studie in den Jahren 2002/2003 bereits 50 Prozent der Gesamtausgaben für die öffentliche Krebsforschung tätigte. 65 Wohltätigkeitsorganisationen aus 23 Ländern leisteten einen Beitrag in Höhe von 667,3 Millionen EUR. Auch an der Europäischen Kommission üben die Verfasser der Studie Kritik. Die Forschungsausgaben seien unzureichend, um den derzeitigen Forschungsbedarf im Bereich der Krebsbekämpfung auf transeuropäischer Ebene zu decken. In den Jahren 2002/2003 steuerte die Kommission 90 Millionen EUR zur Krebsforschung bei - das entspricht lediglich sechs Prozent der ermittelten direkten Ausgaben (1,3 Milliarden EUR) für diesen Forschungsbereich. Wenngleich diese Zahl wahrscheinlich zu niedrig angegeben ist, da Krebsforschung auch aus anderen indirekten Finanzierungsquellen der Kommission unterstützt wird, kommt die Studie dennoch zu dem Schluss, dass sie nicht ganz mit der Subventionierung der Tabakindustrie, die laut Studie bei 1 Milliarde EUR liegt, zusammenpasst. Im Rahmen des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) erhielt lediglich ein Fünftel der förderfähigen Vorschläge im Bereich Krebsforschung Fördermittel, und nur 50 Prozent der Projekte, die als qualitativ hochwertig eingestuft worden waren, wurden gefördert. Die Verfasser der Studie hoffen, dass sich die Lage unter dem Siebten Rahmenprogramm wandeln wird. "Das RP7 könnte die Krebsforschung und ihre Anwendungsmöglichkeiten bei neuen Therapieformen und bei der Diagnose entscheidend verbessern. Solche Verbesserungen können allerdings nur dann erzielt werden, wenn die EU ihre Ausgaben für diesen Bereich sowohl zentral als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten deutlich erhöht und die Mittel gezielt in die klinische Krebsforschung investiert werden. Des Weiteren müssen diese zusätzlichen Finanzierungsmittel auf EU-Ebene mit mehr Transparenz bei der Finanzierung einer echten transeuropäischen Krebsforschung einhergehen", heißt es abschließend in der Studie. Die Ergebnisse der Studie kommen rechtzeitig, um daran zu erinnern, wie wichtig die Finanzierung von Krebsforschung ist - bis 2020 wird die Krebsrate mit voraussichtlich 15 Millionen Neuerkrankungen weltweit um 50 Prozent steigen.