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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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EU-Projekt will Verbraucherwissen über den Schutz von Nutztieren verbessern

Verbraucher machen sich zwar im Allgemeinen Gedanken über Tierschutz, jedoch nur wenige stellen eine Verbindung her zwischen Tierschutz und den Fleischprodukten, die sie im Laden sehen. Das sind die ersten Ergebnisse eines von der EU geförderten Projekts. Manche Verbraucher ge...

Verbraucher machen sich zwar im Allgemeinen Gedanken über Tierschutz, jedoch nur wenige stellen eine Verbindung her zwischen Tierschutz und den Fleischprodukten, die sie im Laden sehen. Das sind die ersten Ergebnisse eines von der EU geförderten Projekts. Manche Verbraucher geben auch zu, dass sie bewusst Informationen über den Schutz der Tiere vermeiden, die für die Erzeugung der Lebensmittel verwendet werden, die sie kaufen. Die Umfrage wurde im Rahmen des "Welfare Quality"-Projekts durchgeführt, einer Initiative unter der Priorität "Lebensmittelqualität und -sicherheit" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6). Das Projekt möchte insbesondere den Schutz von Nutztieren verbessern. Auf der Grundlage von Informationen der an der Fleischproduktion beteiligten Parteien, nämlich Bauern, Vertriebsorganisationen, Verbraucher und auch Wissenschaftler, möchte das Projekt innovative, wissensbasierte und praktische tierartspezifische Strategien definieren, die den Schutz der Tiere verbessern. Darüber hinaus soll ein Monitoringsystem entwickelt werden, das den Tierschutz auf dem Bauernhof, während des Transports und im Schlachthof überwacht. Das "Farm-to-Fork"-Konzept ("Vom Erzeuger bis zum Verbraucher") des Projekts umfasst auch ein Informationswerkzeug auf der Basis des Monitoringsystems, das Tierhaltungspraktiken transparenter machen und so den Verbrauchern helfen soll, fundierte Entscheidungen über die Produkte, die sie kaufen, zu treffen. Die repräsentative Umfrage wurde in Frankreich, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Schweden, Ungarn und dem Vereinigten Königreich durchgeführt. Zunächst sollten die Befragten angeben, für wie wichtig sie Tierschutzfragen allgemein halten, und die Mehrheit ordnete sie als wichtig oder sehr wichtig ein. Dies galt für 69 % der Befragten in den Niederlanden, 73 % der Befragten im Vereinigten Königreich, 75 % in Frankreich und 83 % in Schweden und Ungarn. In Italien und Norwegen rangierte das Thema bei 84 bzw. 87 % der befragten Bevölkerung besonders weit oben: Sie sagten, Tierschutz sei ihnen sehr wichtig. Bei näherer Betrachtung hingegen wird deutlich, dass die allgemein hohe Bedeutung des Themas Tierschutz nicht unbedingt heißt, dass die Menschen über bestimmte Aspekte des Themas besonders besorgt sind. Auf die Bitte, die Lebensbedingungen von Hühnern, Schweinen und Rindern zu bewerten, zeigten sich die Befragten, die dem Thema Tierschutz eine hohe Bedeutung beigemessen hatten, nur verhältnismäßig wenig besorgt über die Lebensbedingungen dieser Tiere - insbesondere Rinder und Schweine - in ihrem eigenen Land. Obgleich die norwegischen und schwedischen Befragten angaben, dass ihnen Tierschutz wichtig sei, äußerten sich lediglich 25 bzw. 23 % besorgt über die Transportbedingungen der Rinder, im Vergleich zu 58 % in Ungarn und 56 % in Italien. Ähnliche Ungereimtheiten waren in den Antworten auf die Frage zu verzeichnen, ob Tierschutz die Kaufentscheidung für Rindfleisch beeinflusst. Während 84 % der Norweger und Ungarn Tierschutz allgemein als wichtig ansehen, denken nur 26 bzw. 36 % darüber nach, wenn sie Fleisch kaufen. Die Befragten wurden gebeten, die Wichtigkeit der Faktoren Preis und Behandlung (einschließlich der Schlachtumstände der Rinder und der Freilaufmöglichkeiten für Hennen) beim Kauf von Eiern und Rindfleisch zu bewerten. Im Schnitt gaben 66 % der Befragten dem Faktor Behandlung der Tiere oberste Priorität. Jedoch die tatsächlichen Kaufgewohnheiten widersprachen wieder den vorher geäußerten Meinungen. So sagten 83 % der Ungarn und 84 % der Italiener, dass ihnen Tierschutz wichtig sei, aber 53 % bzw. 51 % gaben an, dass es ihnen zu zeitaufwändig sei, "tierfreundliche" Produkte zu suchen. "Die Forschungsergebnisse bestätigen zwar, dass die Menschen in ganz Europa Tierschutz für ein wichtiges Thema halten, sie bewerten jedoch die Bedeutung des Tierschutzes unterschiedlich. Das deutet darauf hin, dass es kein universelles Konzept von Tierschutz gibt", erklärte Dr. Unni Kjaernes vom Nationalen Institut für Konsumforschung in Norwegen, einem der Projektpartner. Die komplexe Beziehung zwischen Verbrauchern und Tierschutz war vorher in Fokusgruppen in den sieben an der Untersuchung beteiligten Ländern erforscht worden. Sie zeigten, dass das allgemeine Verständnis von Tierschutz immer nur in seinem kulturell-linguistischen Kontext erklärt werden kann. So gibt es zwar im Französischen ein Vokabular, mit dem Respekt für und Sorge um Tiere ausgedrückt werden kann, aber der Begriff "Welfare" - "Wohlergehen" (wie im englischen Terminus "animal welfare") wird im Allgemeinen nur im Zusammenhang mit Menschen verwendet. Das könnte dazu beitragen, die Reaktionen der französischen Fokusgruppe auf eine von Wissenschaftlern erstellte Liste über "Welfare"-Aspekte zu erklären. Die Teilnehmer der Gruppe fanden einige der "Welfare"-Aspekte wie emotionaler Stress, Rückzugstendenzen und Verhaltensstörungen nicht angemessen, und ein Teil der Sprache war ihnen "zu menschlich". Die Liste der Tierschutzaspekte umfasste auch grundlegendere Bereiche des Tierschutzes wie die Versorgung mit Nahrung und Wasser und Gesundheit. Einige der niederländischen Teilnehmer zeigten sich besorgt und sogar schockiert, dass diese grundlegenden Aspekte in einem Monitoringsystem enthalten sein sollten, und werteten dies als Zeichen, dass der Tierschutz aktuell in der Landwirtschaft schlechter ist, als sie angenommen hatten. Die Interviews mit den Fokusgruppen zeigten auch, dass in den meisten Ländern die Mehrheit der Teilnehmer nur ein sehr begrenztes Wissen über die Tierhaltungspraktiken hatte, aber dass sie industriell-intensive Haltung (Tierfabriken) und Massenproduktion negativ belegten, während Kleinbetriebe und extensive Haltung positiv bewertet wurden. "Biologisch" wurde in allen sieben beteiligten Ländern einhellig als das tierfreundlichste Produktionssystem betrachtet. Dieses widersprüchliche Wissen führt Verbraucher dazu, bestimmte Produktetiketten und Marken anderen vorzuziehen. Viele der Befragten, insbesondere im Vereinigten Königreich, in Schweden und in den Niederlanden, hielten Kennzeichnung für eine nützliche Informationsquelle für die Bewertung der Tierfreundlichkeit von Produkten. In Italien und Frankreich galten Marken als ein wichtiger Indikator für die Bewertung der Tierfreundlichkeit eines Produkts, obwohl die meisten Markennamen keinen expliziten Hinweis auf Tierschutz enthalten. In Norwegen und Ungarn galten Markennamen als irrelevant. Trotz der Kennzeichnung und anderer Informationen schienen jedoch viele Teilnehmer in den Fokusgruppen nichts über die Tierschutzbedingungen in Bezug auf die Lebensmittel, die sie verbrauchen, wissen zu wollen. "Manche Menschen scheinen bewusst Informationen über dieses Thema aus dem Weg zu gehen, damit sie sich nicht den schwierigen ethischen Dilemmas stellen müssen", sagte Dr. Kjaernes. So sagte eine Befragte, sie esse sehr wenig Fleisch. Sie würde sicher kein Fleisch mehr essen, wenn sie mehr über die Tierhaltebedingungen und Schlachtmethoden wüsste. Andere delegierten die Verantwortung an Dritte. "Wenn es ein Tierschutzproblem gibt, dann betrachten einige Verbraucher dies als ein regulatorisches Problem zwischen Bauer und Regierung. Vielleicht fühlen sie sich sogar machtlos, weil sie nichts dagegen unternehmen können." "Die Ergebnisse der Umfrage und der Fokusgruppen scheinen sich manchmal zu widersprechen. Das liegt daran, dass sich die Meinungen der Menschen nicht immer in ihren Handlungen als Fleischkonsumenten widerspiegeln", erklärte Dr. Kjaernes. "Das kann wiederum mit unterschiedlichen Marktsituationen, kulturellen Traditionen und gesellschaftlicher Teilung der Verantwortung zusammenhängen." So komplex diese Ergebnisse auch sein mögen, so bieten sie doch sehr nützliche Erkenntnisse über Verbraucheransichten und -wissen zum Thema Tierschutz, die dann in die Entwicklung des Monitoringsystems einfließen und - noch wichtiger - in das Informationssystem für die Öffentlichkeit. Das Informationssystem muss noch eingerichtet werden, aber Dr. Kjaernes geht davon aus, dass es unterschiedliche Grade des Tierschutzes umfassen wird. Die Kennzeichnung könnte zum Beispiel auf Sternen oder Farben beruhen, die es den Verbrauchern ermöglichen, zwischen tierfreundlichen Produkten und solchen Produkten zu unterscheiden, bei denen der Tierschutz nicht angemessen war. "Das Informationssystem kann auch unterschiedliche Informationsniveaus bieten: einfache Informationen und detailliertere Informationen, wenn die Verbraucher mehr über die Lebensbedingungen der Tiere und über die Lebensmittel, die sie kaufen, wissen möchten." "Die Grundidee ist es, den Verbrauchern das Informationsniveau anzubieten, das sie wünschen, und ihnen keine Informationen vorzuenthalten. In der Praxis können Verbraucher mit schwierigen und emotionalen Informationen nichts anfangen." Sie fügte hinzu, dass das System früher oder später differenzierte Sterne-Kennzeichnungen einführen könnte, die den Verbrauchern helfen, das tierfreundlichste Produkt auszuwählen. Es sei noch nicht entschieden, wer das Management der Monitoring- und Informationssysteme übernimmt, so Dr. Kjaernes, aber die Struktur werde in enger Zusammenarbeit mit den EU-Behörden erarbeitet. Sie betonte jedoch, dass die Systeme unabhängig betrieben werden. "Vertrauen betrifft nicht nur die Bereitstellung von Informationen, es bedeutet auch, dass die Struktur, die die Informationen anbietet, transparent ist und dass die verschiedenen Akteure rechenschaftspflichtig sind", erklärte sie. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Menschen Politikern und Industrieakteuren skeptischer gegenüberstehen und dass sie weltweit unabhängigen Dritten mehr Vertrauen schenken." Dr. Kjaernes schloss mit dem Hinweis, dass das Europäische Zentrum für Tierschutz, das jüngst im Aktionsplan Tierschutz der Europäischen Kommission vorgeschlagen wurde, hier eine Rolle spielen könnte. Das Projekt läuft bis 2009.