CERN erprobt größte supraleitende Magnetspule der Welt
Wie das CERN bekannt gab, hat die Magnetspule seines Compact Muon Solenoid (CMS), die die größte supraleitende Magnetspule der Welt ist, in Versuchen ihre volle Feldstärke erreicht. Der CMS ist Bestandteil von Forschungsexperimenten mit dem Proton-Proton-Beschleuniger Large Hadron Collider (LHS), der in einer unterirdischen Halle im französischen Cressy, an der Grenze zur Schweiz, installiert ist. Die riesige Magnetspule ist nicht nur eine großartige ingenieurtechnische Leistung, sondern beeindruckt auch durch ihre Größe - sie wiegt über 10 000 Tonnen. Beim CMS handelt es sich im Wesentlichen um einen riesigen Detektor, der Teilchen identifizieren soll, die bei hochenergetischen Kollisionen vom Large Hadron Collider erzeugt werden. Im CMS werden Teilchen durch Magnetfelder in gekrümmte Bahnen gelenkt und in Bleiwolframatkristallen zur Szintillation angeregt, die wiederum mithilfe von Photodetektoren aufgezeichnet wird. Nach der Kollision lenkt die Magnetspule die Teilchen zu Millionen von Siliziumdetektoren, welche die Teilchen "aufzeichnen", auf ähnliche Weise, wie Licht von einer Digitalkamera festgehalten wird. Da die Teilchen geladen sind, entsteht aufgrund der Wechselwirkung mit der riesigen Magnetspule des CMS eine Lorentzkraft, die von 80 Millionen Siliziumdetektoren registriert wird, sodass die Forscher anhand dieser Informationen auf den Impuls und die Bahn der Teilchen schließen können. Der Weg der Teilchen und ihre Aufzeichnung ist an diesem Punkt jedoch noch nicht beendet. Die Teilchen treffen danach auf Bleiwolframatkristalle, die Bestandteil des "elektromagnetischen Kalorimeters" sind. Durch die Wechselwirkung zwischen Teilchen und Kristallen entsteht ein kleiner, jedoch erkennbarer, Lichtblitz. Mithilfe von Photodetektoren, die diesen Lichtblitz aufzeichnen, können die Teilchenspuren rekonstruiert und somit die Energie der Teilchen bestimmt werden. Der CMS soll den Wissenschaftlern nicht nur dabei helfen, herauszufinden, ob und warum bestimmte Teilchen eine Masse besitzen oder nicht, sondern vor allem Aufschluss über die Natur der dunklen Materie und dunklen Energie, die zusammen immerhin 96 Prozent des gesamten Universums ausmachen, geben. In der Testphase sind mit dem CMS bereits Teilchen analysiert worden, jedoch handelte es sich hierbei um Teilchen der hochenergetischen kosmischen Strahlung. "Nachdem wir die Bahnen von 30 Millionen solcher Teilchen aufgezeichnet haben", so Michel Della Negra, Sprecher der CMS-Forschergruppe am CERN, "können wir davon ausgehen, dass alle Systeme ausgezeichnet funktionieren und sehen den ersten Kollisionen, die nächstes Jahr am LHS durchgeführt werden, mit Spannung entgegen." Bei der Entwicklung der Magnetspule des CMS war das Fachwissen von Experten aus ganz Europa, den USA und Russland gefragt. Nach dem Entwurf schien es zunächst, als ob dieser Detektor die menschlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Technik übersteigen würde. Allein das Aufwickeln der Magnetspule, die einen Durchmesser von sechs Metern hat, nahm bereits fünf Jahre in Anspruch. Der fertiggestellte Magnet ist jedoch äußerst gleichmäßig geformt. Der CMS muss bei einer Temperatur von minus 269 Grad Celsius - das heißt lediglich vier Grad über dem absoluten Nullpunkt - betrieben werden. Die Magnetspule erzeugt eine Feldstärke von vier Tesla. Das Magnetfeld des CMS ist damit 100 000 Mal größer als das Erdmagnetfeld, und die Energie des Magneten würde ausreichen, um 18 Tonnen Gold einzuschmelzen. Die Testphase des CMS wird Ende 2007 beendet sein, sodass der CMS danach in Betrieb genommen werden kann. Am CMS-Projekt sind 2000 Forscher von 155 Instituten aus 36 Ländern beteiligt. Damit ist dieses Projekt ein Vorzeigeprojekt des Europäischen Forschungsraums.
Länder
Schweiz, Frankreich