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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Neun Ideen zur Überbrückung der Kluft zwischen Industrie und Hochschule

Der Nachrichtendienst Science l Business hat ein neun Punkte umfassendes Innovationsmanifest veröffentlicht, das aufzeigen will, warum die europäischen Innovationsanstrengungen so oft ins Leere laufen. Es enthält Empfehlungen zu Technologietransferbüros, Anschubfinanzierung, s...

Der Nachrichtendienst Science l Business hat ein neun Punkte umfassendes Innovationsmanifest veröffentlicht, das aufzeigen will, warum die europäischen Innovationsanstrengungen so oft ins Leere laufen. Es enthält Empfehlungen zu Technologietransferbüros, Anschubfinanzierung, steuerlichen Anreizen und Patenten. In seiner Einführung zum Manifest hinterfragt Richard Hudson, Herausgeber und CEO von Science l Business, ob die "nächste Runde der Technologiesubventionen" - das Siebte Rahmenprogramm (RP7) - mit dem größeren Budget die Kluft zwischen Labor und Markt überbrücken kann. "Wir bei Science l Business [...] sind der Ansicht, dass die Politiker endlich aufhören sollten, sich über die Budgetkluft zwischen den USA, Europa oder China aufzuregen, und sich stattdessen auf eine andere Kluft konzentrieren sollten, nämlich der Kluft zwischen Industrie und Hochschule. In dieser Kluft verschwinden nicht genutzte Patente, nicht beachtete Forschungsberichte oder die Forscher, die sich für reichere Labore in San Francisco oder Singapur entscheiden", schreibt Hudson. Das Manifest versteht sich als Gegenentwurf zum kürzlich veröffentlichten 10-Punkte Aktionsplan der Kommission. Dessen Ziel, eine breit angelegte Innovationsstrategie für die Europäische Union, will das Manifest durch einen liberaleren, stärker marktorientierten Ansatz erreichen. Dieser Ansatz des Manifests wird wahrscheinlich heiß diskutiert werden - und Science l Business helfen, wie ausdrücklich gewünscht, "die Diskussion aus dem üblichen Kreis der Technokraten herauszuholen und andere Meinungen und echte neue Ideen zu den Problemen Europas beizutragen". Das Manifest ist in vier Kapitel unterteilt: das Problem der Universitäten, die Akquise der Finanzmittel, der Schutz neuer Ideen und was die Industrie braucht. Das Problem der europäischen Universitäten, so Science l Business, ist Geld. Die Hochschulwissenschaftler erbringen weiterhin beeindruckende Ergebnisse, aber ihre Entdeckungen werden ignoriert, unzureichend finanziert oder anderswo genutzt. Zum Beweis seiner These präsentiert das Manifest eine Tabelle über die Einnahmen der Hochschulen aus Industriequellen. In den USA erhält die Columbia University mit 115,4 Mio. EUR das meiste Geld. Im Vergleich dazu: Der Großverdiener unter den europäischen Universitäten, das Pasteur-Institut in Frankreich, erhält 32,6 Mio. EUR. Dahinter auf Platz 2, allerdings weit abgeschlagen, liegt die Universität Edinburgh, die mit lediglich 4,5 Mio. EUR unterstützt wird. Idee Nr. 1 ist, dass die Geldgeber darwinistisch handeln sollten: "Die öffentlichen Forschungszuschüsse wie ein Instrument der Regionalentwicklung oder der sozialen Gleichheit zu behandeln, ist kontraproduktiv", heißt es in dem Manifest. "Wenn Europa sein Hochschulforschungssystem stärken will", so an anderer Stelle im Manifest, "müssen seine Politiker unbeliebte Entscheidungen treffen". Idee Nr. 2 betrifft die Reform der Technologietransferbüros (Technology Transfer Offices - TTO). Obwohl die Büros in Europa im Allgemeinen über mehr Mitarbeiter verfügen, generieren sie nur 5 Prozent der Einkünfte, die ihre US-amerikanischen Gegenparts erzielen. "Universitätsverwalter und ihre politischen Herren sollten für die TTO nur ein einziges Ziel setzen: Geld zu verdienen - und zwar so viel wie möglich und so schnell wie möglich, allein zum Wohle der Universität. Die TTO-Leiter sollten dabei eigenständig entscheiden dürfen, wie sie dieses Ziel erreichen möchten. Wer die versprochenen Ziele nicht erreicht, wird gefeuert, und wer sie erreicht, erhält eine Prämie [...]. Gesellschaftliche Ziele sind für den Rest der Universität in Ordnung. Die TTO brauchen ein einfaches finanzielles Ziel." Man könnte öffentliche Zuschüsse als Anschubfinanzierung nutzen, um so weitere Gelder zu akquirieren, schlägt Science l Business vor. "Öffentliche Zuschüsse, sofern sie wohlüberlegt eingesetzt werden, können risikoscheue Privatinvestoren ermutigen", heißt es in dem Manifest. Eine weitere Empfehlung dreht sich um das Thema Steuern. Die aktuelle Situation wird als ein "Schweizer Käse voller Schlupflöcher" beschrieben, "die eins nach dem anderen, Partikularinteresse nach Partikularinteresse, Land für Land, hineingebohrt werden", was "bizarre Investitionsgepflogenheiten fördert". Daher zögern die Reichen Europas, in Europa zu investieren, insbesondere in Technologie, die bereits mit einem hohen Risiko behaftet ist. Weiterhin schlägt das Manifest vor, den Zugang junger Unternehmen zu den Aktienmärkten zu erleichtern und den Schutz geistigen Eigentums billiger und einfacher zu machen. Laut Weltorganisation für geistiges Eigentum ist in den vergangenen fünf Jahren in Europa der Anteil der internationalen Patente von 35 Prozent auf 29 Prozent gefallen. Wenig überraschend, wenn man weiß, dass die Anmeldung und Erhaltung eines Patents über 20 Jahre normalerweise 200 000 EUR kostet. In den USA dagegen nur 10 000 EUR. Die Harmonisierung des europäischen Patentsystems wurde in den letzten 30 Jahren mehrere Male in Angriff genommen und wird jetzt erneut von Charlie McCreevy, dem EU-Binnenmarktkommissar unterstützt. "Die Lösung ist möglicherweise trivial", mutmaßt das Manifest. "Ein Schritt nach dem anderen, ein Thema nach dem anderen." Die EU-Mitgliedstaaten könnten als ersten Schritt das Londoner Protokoll unterzeichnen, laut Science l Business "eine relativ bescheidene bürokratische Übung, die die Anzahl der Sprachen beschränkt, in denen das Patent angemeldet werden muss". Das letzte Kapitel des Manifests beschäftigt sich mit den Bedürfnissen der Industrie und beginnt mit einigen für die Europäer Besorgnis erregenden Zahlen: "In der EU kommen 54 Prozent aller F&E-Ausgaben (Forschung und Entwicklung) aus dem privaten Sektor. In den USA sind es zwei Drittel - bei einem insgesamt größeren Budget. Schlimmer noch: Ein Großteil der Mittel, die europäische Unternehmen investieren, fließt in Labore in Boston oder Palo Alto, nicht nach Basel oder Paris. Das europäische Handelsdefizit in F&E, das heißt der Unterschied zwischen dem, was EU-Unternehmen in US-amerikanischen Laboren ausgeben, und dem, was US-amerikanische Unternehmen in europäischen Laboren ausgeben, ist zwischen 1997 und 2002 um das Fünffache angestiegen - auf 2 Mrd. EUR." Diese Probleme gehen tiefer als die oben angesprochenen, so Science l Business. "Die Lösung: Eine radikale Änderung der Art und Weise, wie Europa seine Wirtschaft führt, den Unternehmen Anreize bietet und seine Investoren - seien es Körperschaften oder Einzelpersonen - belohnt." Das Manifest bietet zwei Lösungen an: besser geschulte, flexible Arbeitskräfte und die Beseitigung der Schranken, die Europa unattraktiv machen. Europa verliert, wenn Unternehmen wie BASF und Novartis ihre Forschungsgelder außerhalb Europas investieren. Der Grund dabei ist laut Science l Business die Tatsache, dass die europäische Wirtschaft seit 35 Jahren hinterherhinkt - mit hohen Kosten, unflexiblen Märkten und langsamem Wachstum. Europa kann diese Investoren nur zurückgewinnen, mahnt das Manifest, wenn es seine Inflexibilität überwindet - insbesondere in Bezug auf die Einstellungskosten für Personal, die Entlassung oder Versetzung von Mitarbeitern und grenzüberschreitende Arbeit und Projekte.

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