Wirtschaftswissenschaftlerin fordert "Marshall Plan" im Kampf gegen die Klimaerwärmung
Wie die jüngste Klimakonferenz in Nairobi gezeigt hat, herrscht zwar allgemeine Einigkeit darüber, dass etwas getan werden muss, um den Klimawandel in den Griff zu bekommen, bei der Frage nach konkreten Mitteln und Wegen scheiden sich jedoch die Geister. Insbesondere Länder wie China und Indien, deren CO2-Ausstoß in den kommenden Jahren voraussichtlich rasant ansteigen wird, geben Anlass zur Sorge. Im Jahr 2002 gründete die amerikanische Wirtschaftswissenschaftlerin Dr. Margo Thorning den International Council for Capital Foundation (ICCF), eine Denkfabrik, die sich auf Wirtschaftswachstum, Umwelt, Schaffung von Arbeitsplätzen und Rentenpolitik konzentriert. Dr. Thorning hat kürzlich eine Reise durch Asien beendet, bei der sie in Peking, Hongkong, Seoul, Tokio und Neu Delhi Vorträge hielt. Zweck dieser Reise war es, eine im Auftrag des ICCF erstellte Wirtschaftsstudie vorzustellen, die den Zusammenhang zwischen dem Grad der wirtschaftlichen Freiheit eines Landes und seinem Maß an Energieeffizienz analysiert. Die Wissenschaftler untersuchten insgesamt 90 Länder, wobei sie den Schwerpunkt auf Länder der Asiatisch-Pazifischen Partnerschaft für saubere Entwicklung und Klima (Australien, China, Indien, Japan, Republik Korea und die Vereinigten Staaten) legten. Dr. Thorning sprach mit CORDIS-Nachrichten über die Ergebnisse der Studie. "Wir haben herausgefunden, dass Länder, in denen große wirtschaftliche Freiheit herrscht, tendenziell effizienter mit Energie umgehen und pro erwirtschaftetem Dollar deutlich weniger Energie verbrauchen", erklärt Dr. Thorning. Zwischen den beiden Größen bestehe wirklich eine starke Korrelation. Laut Dr. Thorning wäre viel gewonnen, wenn hochmoderne Technologien nach China und Indien transferiert werden könnten. Dies würde sich entscheidend auf den Energieverbrauch auswirken, Geld sparen und die dort hergestellten Produkte wettbewerbsfähiger machen. "Aber vor allem würde die Luft sauberer werden. Die Luft dort ist wirklich schlecht, man kann kaum atmen. Mit moderner Technologie könnte der CO2-Ausstoß entscheidend gesenkt werden", so Dr. Thorning weiter. Sie verweist auf Statistiken, die prognostizieren, dass China bis 2010 der weltweit größte Verursacher von CO2 sein wird, und merkt an, dass unsere Bemühungen in Europa nur ein Tropfen auf den heißen Stein seien, wenn es uns nicht gelinge, in China und Indien den CO2-Ausstoß entscheidend zu reduzieren. "Aus diesem Grund ist Technologietransfer von entscheidender Bedeutung." Allerdings steht dem Technologietransfer manches im Wege. Im Falle von Indien ist das vor allem der Umstand, dass Schlüsselsektoren der Wirtschaft wie Energie in staatlichen Händen sind und dass die Mühlen der Bürokratie dort besonders langsam mahlen, sodass die Unternehmensgründung in Indien sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Das Hauptproblem Chinas liegt hingegen darin, dass es noch immer nicht in der Lage ist, geistige Eigentumsrechte zu schützen. "Unternehmen sind heutzutage immer noch nicht bereit, ihre Spitzentechnologie in China einzusetzen, weil sie um ihr geistiges Eigentum fürchten", erklärt Dr. Thorning. Nach Ansicht von Dr. Thorning ist im Kampf gegen die Klimaerwärmung eine Art Marshall Plan vonnöten, in dessen Rahmen Industrienationen ihre Technologie in Schwellenländer transferieren und diese zum Ausgleich Reformen durchführen. Sie betrachtet die Asiatisch-Pazifische Partnerschaft als eine Art Experiment. "Wenn diese Partnerschaft zu konkreten Ergebnissen führen würde, die zur Förderung sauberer Energie und zur Reduzierung der CO2-Emissionen beitragen, wäre das schon ein bedeutender Schritt nach vorne", so Dr. Thorning. Auf die Frage, welche Rolle der EU dabei zukommen könnte, antwortet sie begeistert: "Ich bin mir sicher, dass die EU eine bedeutende Rolle hierbei spielen wird, da die europäische Industrie inzwischen hocheffizient arbeitet und EU-Staaten immer auf der Suche nach Möglichkeiten sind, den CO2-Ausstoß zu reduzieren", so Dr. Thorning. Die Wirtschaftswissenschaftlerin fügt hinzu, europäische Unternehmen könnten ihre Technologien vermarkten, und es bestehe auch bereits reges Interesse seitens der Unternehmen. "Eventuell könnten sich die EU und diese sechs Partner zusammenschließen und einander immer mehr annähern, zumal auf die Entwicklungsländer nach 2012 Probleme zukommen, mit denen die EU schon heute kämpft", prognostiziert Dr. Thorning. Auf die Frage, wie die EU ihre eigene Forschung und Technologie fördern könnte, antwortet Dr. Thorning, ihrer Meinung nach würden Unternehmen mehr in die F&E investieren, wenn die Wirtschaft stärker wachsen würde. Außerdem sollte ihrer Ansicht nach der Unternehmergeist in Europa stärker gefördert werden und Europa eine positivere Einstellung zu Risiko entwickeln. "Scheitern ist nicht dramatisch", mahnt Dr. Thorning. "In den USA gilt die Devise: Wenn du ein Unternehmen gründest und damit scheiterst, dann stehe einfach wieder auf und versuche es noch einmal."
Länder
Australien, China, Indien, Japan, Südkorea, Vereinigte Staaten