Hintergründe zu Deutschlands erfolgreicher Teilnahme am RP6
Deutschland nutzte die nationale Auftaktveranstaltung zum RP7, die am 15. und 16. Januar in Bonn stattfand, um auf seine beeindruckende Leistung unter dem Sechsten Rahmenprogramm (RP6) zurückzublicken. Von allen Teilnehmerländern des RP6 steht Deutschland an erster Stelle. Aus den jüngsten veröffentlichten Statistiken der Europäischen Kommission geht hervor, dass 7 449 deutsche Wissenschaftler an 3 027 Verträgen des RP6 beteiligt sind bzw. waren, und sich die Gesamtfördermittel, die von der EU an deutsche Teilnehmer vergeben wurden, sich auf rund 2,3 Milliarden Euro belaufen. Insgesamt waren deutsche Forscher, auf die fast 19 Prozent des Gesamtbudgets des RP6 entfielen, an 82 Prozent der RP6-Projekte in den vorrangigen Themengebieten beteiligt. Darüber hinaus waren 24 Prozent der Vorschläge, an denen deutsche Forscher beteiligt waren, erfolgreich, wohingegen der EU-Durchschnittswert bei nur 18 Prozent lag. Diese Zahlen verwundern kaum, wenn man bedenkt, wie viel Deutschland in seine nationale Forschungsbasis investiert. Laut vorläufigen Ergebnissen von Eurostat für das Jahr 2005 gehört Deutschland mit Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) in Höhe von 2,51 Prozent seines BIP zu den europäischen Ländern, die am meisten in die Forschung investieren. Im Jahr 2007 sollen nach Aussagen der deutschen Regierung die Forschungsausgaben auf 10 Milliarden Euro erhöht werden. Allerdings liegt das Geheimnis des deutschen Erfolgs im RP6 nicht allein in der Finanzierung, sondern zu einem Großteil auch an der Beschaffenheit der nationalen Forschungsbasis, so Klaus Uckel vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). "Wir haben unseren Schwerpunkt auf die Erbringung von Spitzenleistungen gelegt", erklärt er gegenüber CORDIS-Nachrichten, u. a. indem Forschern eine dauerhafte Unterstützung ihrer Projekte durch die Behörden auf Landes-, Bundes- bzw. EU-Ebene geboten wurde. Deutschlands Finanzierungsansatz unterscheidet sich in einigen Punkten von dem anderer Mitgliedstaaten. Uckel brachte das Beispiel UK, wo Forscher keine nationalen Fördermittel beantragen können, wenn Beihilfen auf EU-Ebene angeboten werden. "Wir wollten unsere Wissenschaftler nicht mit Regeln belasten wie: 'Es werden nur solche Fördermittel auf nationaler Ebene vergeben, die auf EU-Ebene nicht existieren'," erläutert Uckel und hob hervor, welche Gefahren eine solche Vorgehensweise, bei der nationale Fördermittel zurückgehalten werden, birgt. "Dies könnte dazu führen, dass noch mehr Anträge auf EU-Fördermittel gestellt werden, und eine Schwächung der wissenschaftlichen Exzellenz insgesamt bedeuten: Denn was sollen diese Wissenschaftler tun, wenn sie die Ausschreibung nicht gewinnen oder wenn die EU-Gelder auslaufen?" Uckel ist der Ansicht, dass das deutsche "offene" Fördersystem deutlich mehr Vorteile bietet, da die Forscher notwendige Erfahrungen sammeln können und mit der hohen Kunst der Fördermittelbeantragung vertraut werden. "Wir sagen immer, dass es für junge Forscher ein gutes Training ist, wenn sie erst einmal auf nationaler Ebene Fördermittel beantragen und dann auf Grundlage der gesammelten Erfahrungen einen Schritt weitergehen und EU-Fördermittel beantragen", erklärt Uckel. Ein weiterer Schlüssel zur erfolgreichen Teilnahme Deutschlands am RP6 ist eine nationale Forschungsagenda, die die Entwicklung auf EU-Ebene widerspiegelt und umgekehrt. "Wir versuchen wirklich, nationale und EU-Programme aufeinander abzustimmen. Wenn wir die nationalen Themengebiete festlegen, richten wir uns sehr stark nach dem EU-Rahmenprogramm", so Uckel. "Auf diese Weise wissen all jene, die an einer Projektteilnahme interessiert sind, bereits in einer frühen Phase über unsere Pläne Bescheid und können sich mit unserer Agenda vertraut machen - sowohl auf nationaler als auch auf EU-Ebene." Die Anpassung nationaler Themengebiete an die der EU scheint sich ausgezahlt zu haben. Nach Aussagen von Uckel erzielte Deutschland mit Ausnahme des Bereichs Lebensmittelqualität und -sicherheit in allen thematischen Bereichen des RP6 Erfolgsraten, die über dem EU-Durchschnitt lagen. Deutschland konnte noch einen weiteren Erfolg für sich verbuchen. So wurde die Industrie häufiger als Partner in die Projekte miteinbezogen als das in vielen anderen Teilnehmerländern der Fall war. Aus den jüngsten Statistiken geht hervor, dass in Deutschland genauso viele Partner aus der Wirtschaft am RP6 beteiligt waren wie aus der Wissenschaft und öffentlichen Forschungsinstituten. "Die Tatsache, dass die Industrie gleichberechtigt beteiligt ist, belegt, dass der Wissensaustausch bzw. -transfer in Deutschland sehr ausgeprägt ist", so Uckel. Im Zuge der Planung des RP7 forderten Stakeholder aus der deutschen Wirtschaft, dass den Bedürfnissen und Interessen der Industrie stärker Rechnung getragen würde. "Diese Angaben zeigen doch, dass das Rahmenprogramm für die deutsche Industrie bereits von Interesse ist. Die Industrie selbst war sich nicht bewusst, dass sie in diesem Maße daran beteiligt war. Dementsprechend ist sie mit diesen Indikatoren auch sehr zufrieden", so Uckel. Er geht davon aus, dass die Ergebnisse für die Partner aus Industrie und Wirtschaft Anlass sein werden, sich weiter und stärker zu beteiligen. Das Netz der deutschen Nationalen Kontaktstellen (NKS), dessen Aufgabe es ist, sowohl die thematischen als auch horizontalen Bereiche des Rahmenprogramms abzudecken, unterstützt das Bundesministerium für Bildung- und Forschung dabei, auf Fördermöglichkeiten der EU aufmerksam zu machen. Uckel ist der Ansicht, dass es vor allem der Arbeit des Netzwerks zu verdanken ist, dass Antragsteller Hilfe bei der Teilnahme an dem komplexen Bewerbungsverfahren fanden. So bot das Netzwerk eine Menge Unterstützung bei den verschiedensten Problemen, von rechtlichen Fragen über Fragen zu geistigen Eigentumsrechten bis hin zur Vorschlagseinreichung. Das NKS-Netz war auch maßgeblich an den Diskussionen über die Strukturierung und den Inhalt des RP7 beteiligt. "Das Ministerium hat anhand der Bottom-Up-Methode Feedback zu den thematischen Prioritäten und zur Erfahrung der Teilnehmer am Rahmenprogramm erhalten. Dank dieses Feedbacks konnte Deutschland Vorschläge zur Vereinfachung des Bewerbungsverfahrens für das RP7 ausarbeiten", erklärt Uckel. Im Hinblick auf das RP7 kündigte Uckel an, Deutschland werde sich als einer der größten Mitgliedstaaten um eine Beteiligung der kleineren Länder der Europäischen Union am Rahmenprogramm bemühen. "Als großes Industrieland trägt Deutschland eine soziale Verantwortung gegenüber den neuen Mitgliedstaaten", so Uckel weiter. Bereits unter dem RP6 richtete das Ministerium eine Kontaktstelle für die neuen Mitgliedstaaten und Beitrittsländer und all jene deutschen Forscher und Institute ein, die an einer Zusammenarbeit mit Partnern aus den neuen Mitgliedstaaten und Beitrittsländern interessiert sind. In Bezug auf Deutschland äußerte sich Uckel zuversichtlich, dass Deutschland weitere Projektverträge gewinnen werde und dadurch seine starke Leistung aufrechterhalten könne. Der Anzahl der Forschern nach zu urteilen, die sich in den Workshops der RP7-Eröffnungsveranstaltung drängten, verspricht das nächste Rahmenprogramm wieder ein Erfolg für Deutschland zu werden.
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