EU-Projekt entwirft Schiff zur Beseitigung von Ölteppichen
Im Rahmen des von der EU finanzierten Projekts "Oil Sea Harvester" wird ein Schiff entwickelt, das auch bei schwerem Seegang zur Ölunfallbekämpfung eingesetzt werden kann. Die Entscheidung für ein solches Schiff fiel nach zwei großen Ölkatastrophen in Europa: Am 12. Dezember 1999 brach der mit ca. 30 000 Tonnen schwerem Dieselöl beladene Tanker Erika vor der bretonischen Küste in Frankreich auseinander. Rund 13 000 Tonnen liefen aus. Drei Jahre später ereilte den Öltanker Prestige mit seiner Ladung von 70 000 Tonnen Schweröl dasselbe Schicksal vor der Nordwestküste Spaniens. Etwa 4 000 Tonnen flossen ins Meer, bevor das Schiff sank. Aufgrund des schlechten Wetters konnten in beiden Fällen die Hilfskräfte nicht verhindern, dass der Ölteppich die französische bzw. die spanische Küste erreichte. "Als ich die Erika-Katastrophe sah, wurde mir klar, dass die existierenden Ölbekämpfungsschiffe bei schwerem Seegang nicht eingesetzt werden und das hoch viskose Öl aufnehmen konnten", erzählt Christian Gaudin, Schiffsbauingenieur und Koordinator des Projekts Oil Sea Harvester in einem Gespräch mit CORDIS-Nachrichten. Bei solchen Katastrophen, so Gaudin, könne man nicht abwarten, bis sich das Wetter beruhigt. Je länger die Aufräumarbeiten dauern, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Öl ausläuft und sich mit Wasser und Ablagerungen vermischt, was die Arbeiten noch schwieriger macht. "Ich begann mir über ein Spezialschiff Gedanken zu machen, das bei solchen Katastrophen schnell einsatzbereit und seegangunabhängig ist", erklärte er. Das Schiff, das Gaudin und sein Team entwarfen, ist ein 138 Meter langer und 38 Meter breiter Trimaran, der aus einem großen Mittel- und zwei Seitenrümpfen besteht. Die Seitenrümpfe stabilisieren das Schiff, sodass es auch in Stürmen bis Windstärke neun und bis Seegangstärke sieben manövrierbar ist. Darüber hinaus bilden die beiden Seitenrümpfe zwei acht Meter breite Kanäle, in denen ruhigerer Seegang herrscht und wo das Öl aufgenommen werden kann. "Dieses Konzept ist einzigartig, weil es in manchen Ländern zwar Versorgungsschiffe gibt, die für die Bekämpfung von Ölteppichen ausgerüstet sind, die aber bei schwerer See nicht eingesetzt werden können", so Gaudin. In den beiden Kanälen der Seitenrümpfe befinden sich die Systeme für die Beseitigung des Öls: ein Transportsystem für Schweröl sowie ein wehrartiges Skimmer-System für Leichtöl. "Über das Transportband können 99 Prozent des ausgelaufenen Öls aufgenommen werden, der Skimmer erledigt den Rest", erklärt Gaudin. Das Schiff ist darüber hinaus mit unabhängig einsetzbaren Aufnahmebäumen ausgerüstet, die den Skim-Bereich vergrößern, sowie mit zwei ferngesteuerten kleinen Booten, die mit Toxizitäts- und Explosionssensoren bestückt sind und so die Explosionsgefahr des ausgelaufenen Materials bestimmen können. Das Schiff ist weiterhin für Hitzespulen und andere Instrumente für die Behandlung des Öls ausgelegt. Machbarkeitsstudien zufolge könnte der Oil Sea Harvester mit einem maximalen Fassungsvermögen von 6 000 Tonnen bis zu 250 Tonnen Öl pro Stunde aufnehmen. Mit seiner Transitgeschwindigkeit von 20 Knoten wäre er nach Angaben der Projektpartner in der Lage, schnell jeden Tankerunfall zu erreichen. Für die eigentliche Ölaufnahme kann die Geschwindigkeit des Schiffs auf einen Knoten gedrosselt werden. Da das Projekt im Dezember auslaufen wird, sucht das Projektkonsortium potenzielle Partner, die an der Finanzierung des Baus eines Prototyps interessiert sind. Die Dienste des Oil Sea Harvester gibt es allerdings nicht umsonst: Der Bau des Schiffs könnte Gaudin zufolge zwischen 50 und 100 Mio. EUR kosten. Ein Verkaufsargument ist dem Projektkonsortium zufolge jedoch die Tatsache, dass das Schiff vielseitig einsetzbar ist - es eignet sich für den Küstenschutz, für Zollaufgaben, Schleppdienste, zu Forschungszwecken oder für die Aufnahme von Containern.