Europäisches Konsortium entwickelt innovative Multimedia-Suchmaschine
Ein europäisches Konsortium aus neun Partnern aus Wissenschaft und Industrie entwickelt zurzeit eine großangelegte dezentralisierte Peer-to-Peer-Architektur, die den Benutzern auf der Grundlage des Prinzips Query-by-Example (Suchanfrage anhand von Beispielen) die Suche nach audiovisuellen Inhalten ermöglicht. Mit Query-by-Example kann beispielsweise eine Suchanfrage zu einem Musikstück gestellt werden. Der Benutzer erhält als Suchergebnis eine Liste mit Musikstücken, die je nach dem Grad ihrer inhaltlichen Ähnlichkeit mit dem gesuchten Musikstück sortiert sind. Das Projekt SAPIR (Search in Audio-visual content using Peer-to-peer Information Retrieval - Suche nach audiovisuellen Inhalten mittels Peer-to-Peer-Abfrage) wird innerhalb des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) mit 3,8 Mio. EUR gefördert. Ziel des Projekts ist es, den Zugang zu Multimedia mit der Bildung einer umfassenden Informationsgesellschaft zu erleichtern. "Heutzutage arbeiten die herkömmlichen Suchmaschinen innerhalb festgelegter Grenzen", erklärt Yosi Mass, Projektleiter von SAPIR am IBM-Forschungslabor in Haifa, Israel. "Mit SAPIR soll ein riesiges Peer-to-Peer-Netzwerk geschaffen werden, in welchem sich die Benutzer auf der gleichen Ebene befinden und mithilfe verschiedener Anwendungen audiovisuelle Inhalte erstellen, während die Dienstleistungsanbieter, die Super-Peers, die Suchmaschinenindizes aktualisieren und Suchkapazitäten bereitstellen", fügt er hinzu. Als Suchmaschine für audiovisuelle Inhalte entwickelt SAPIR neue Arten der Analyse, Indexierung und Abfrage der enormen Menge an Sprachaufzeichnungen, Bildern, Videos und Musikdateien, die sich zurzeit im digitalen Universum befindet. "SAPIR setzt durch den Einsatz von Technologien wie Spracherkennung, Bildbearbeitung, Indexierung von Algorithmen, ausgefeilte Rankingmechanismen sowie die fortschrittliche Suche nach audiovisuellen Inhalten neue Maßstäbe im Bereich der Suchmethoden. Die Suchanfrage anhand von Beispielen eröffnet den Benutzern neue Möglichkeiten, die ihnen eine textbasierte Suchanfrage nicht bietet. Sie können beispielsweise ein Wort aussprechen und die Suchmaschine nach einem ähnlichen Sprachmuster suchen lassen. Wenn der Benutzer das Bild eines Saxophons eingibt, könnte die Suchmaschine nach Bildern mit ähnlichen Formen suchen", so Mass. Letztendlich soll ein Peer-to-Peer-System entwickelt werden, innerhalb dessen die Benutzer anhand von Inhalten oder Beispielen suchen können und nicht mehr auf die derzeitigen Methoden wie die Suche nach Schlüsselbegriffen und textbasierten Tags beschränkt sind. "Mit SAPIR werden Lösungen für einige der derzeit interessantesten Problemstellungen im Bereich der Suchanfrage entwickelt. Eine erste Herausforderung ist der Informationsumfang. Mit den heutigen großen Suchmaschinen kann nur ein Bruchteil der riesigen vorhandenen Mengen an Video- und Multimediadateien durchsucht werden. Die große Beliebtheit neuer Videoseiten ist ein eindeutiges Anzeichen dafür, dass ein dringender Bedarf an Suchfunktionen für multimediale Inhalte besteht. Mit der derzeitigen Methode des zentralisierten Crawling und der Indexierung aller durchsuchbaren Inhalte kann der enorme Umfang dieser Daten nicht mehr erfasst werden", so Mass weiter. Zum SAPIR-Konsortium zählen Experten aus Industrie und Wissenschaft, die jeweils über ein bestimmtes Fachwissen in den Bereichen multimodale Anwendungen, Informationswiedergewinnung, Indexierung, Peer-to-Peer-Verteilung, audiovisuelle Analyse und soziale Netzwerke verfügen. "Die hochskalierbare Suche nach multimedialen Informationen ist ein heutzutage noch weitestgehend unerschlossenes Gebiet. Um den Benutzern eine umfassende Suche zu ermöglichen, ist es äußerst wichtig, die heutigen Einschränkungen im Hinblick auf die textbasierte Suche und begrenzte Suchräume aufzuheben", lautet das Fazit des Projektleiters. SAPIR ist übrigens nur eines von mehreren europäischen Projekten, die darauf abzielen, eine neue Suchmaschinengeneration zu entwickeln, um mit der weltweit bekanntesten Suchmaschine Google und dem direkten Wettbewerber Yahoo! konkurrieren zu können. Das französische Projekt "Quaero" (lat. "ich suche") wurde 2005 mit dem Ziel gegründet, eine europäische Suchmaschine für multimediale Inhalte zu entwickeln. Das deutsche Projekt "Theseus", das nach dem gleichnamigen König von Athen benannt wurde, der einer griechischen Sage nach den Weg aus dem Labyrinth des Minotauros fand, verfolgt indessen einen anderen Ansatz, da der Schwerpunkt auf der textbasierten Suche liegt. Unabhängig davon, ob letztendlich eine amerikanische oder europäische, eine text- oder eine multimediabasierte Suchmaschine das Rennen gewinnt, dürfte der Wettbewerb um die Entwicklung einer innovativen Suchmaschine in diesem Jahrzehnt zu den interessantesten Ereignissen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien zählen.
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