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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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Niedertemperaturplasma zur Gewährleistung der Hygiene in Krankenhäusern

Forscher des EU-finanzierten Projekts BIODECON entwickeln zurzeit ein Sterilisationsverfahren für medizinische Instrumente, das auf der Entladung von Niedertemperaturplasmen beruht. Den Forschern zufolge soll die Plasmaentladung im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden Bakterien...

Forscher des EU-finanzierten Projekts BIODECON entwickeln zurzeit ein Sterilisationsverfahren für medizinische Instrumente, das auf der Entladung von Niedertemperaturplasmen beruht. Den Forschern zufolge soll die Plasmaentladung im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden Bakterien, Viren und Prionen abtöten, ohne die Instrumente zu beschädigen. Das Projekt wird unter dem Bereich "Neue und sich abzeichnende wissenschaftliche und technologische Entwicklungen" (NEST) des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert. Instrumente und medizinisches Zubehör für chirurgische Eingriffe müssen zuvor sterilisiert werden. Medizinisches Zubehör wie Handschuhe, Skalpelle und chirurgisches Nähmaterial ist steril verpackt erhältlich, zahlreiche Operationsinstrumente jedoch müssen im Krankenhaus selbst sterilisiert werden. Bislang wird die Oberfläche medizinischer Utensilien mittels hochtoxischer Chemikalien und unter hohen Temperaturen dekontaminiert. Diese Methoden wiesen jedoch erhebliche Nachteile auf, so Professor Achim von Keudell, Projektkoordinator von BIODECON. Um Krankheitserreger mittels hochtoxischer Chemikalien abtöten zu können, müssen die Instrumente etwa eine Minute lang mit der Chemikalie behandelt werden. Danach werden die Instrumente ungefähr eine Stunde lang mit destilliertem Wasser gespült, um Spuren der toxischen Chemikalien zu beseitigen. "Dieses Verfahren dauert äußerst lange, sodass nicht nur viel Energie verbraucht, sondern auch viel Abfall verursacht wird, da die toxischen Chemikalien anschließend entsorgt werden müssen", erläutert Professor von Keudell gegenüber CORDIS-Nachrichten. Bei Verfahren, bei denen hohe Temperaturen zum Einsatz kommen, kann es vorkommen, dass die medizinischen Instrumente oder Ausrüstungsgegenstände beschädigt werden. "Polymere, die beispielsweise in Implantaten verwendet werden, können nicht unter hohen Temperaturen oder mit aggressiven toxischen Chemikalien behandelt werden, da sich der Kunststoff auflösen würde", so von Keudell. Da einige medizinische Utensilien diesen Sterilisationsverfahren nicht standhalten, können sie nur einmal verwendet werden. Daher werden teure Instrumente wie Katheter (Kunststoffschläuche, die durch Körperkanäle in Hohlorgane oder Gefäße eingeführt werden) nach einmaligem Gebrauch entsorgt. Die Überprüfung der Zuverlässigkeit von Sterilisationsverfahren stellt ein weiteres Problem dar. Bislang ist lediglich nachzuweisen, dass ein Verfahren Endosporen oder Bakterien abtötet. Medizinische Ausrüstungsgegenstände können jedoch auch durch Spuren von Viren und Biomolekülen wie beispielsweise Prionenproteine, die Erreger der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, verunreinigt sein. Eine Operation mit kontaminierten Instrumenten kann für einen Patienten todbringende Folgen haben. "Bislang wurde argumentiert, dass ein Sterilisationsverfahren, das in der Lage ist, Bakterien abzutöten, auch Prionen oder Viren unschädlich machen kann", erklärt Professor von Keudell. "Inzwischen wissen wir jedoch, dass dem nicht so ist. Ein Skalpell, an dem Spuren von Prionen haften, ist selbst nach einer Sterilisation noch kontaminiert." Mit einem Verfahren auf der Grundlage der Entladung von Niedertemperaturplasmen, an dessen Entwicklung das Projektkonsortium von BIODECON zurzeit arbeitet, sollen alle drei Arten von Krankheitserregern abgetötet werden. Bei der Plasmaentladung wird einem Gas zunächst durch Anlegen eines elektronischen Feldes elektrische Leistung zugeführt. Das auf diese Weise entstehende Plasma enthält energetisch geladene und ionisierte Teilchen. Die geladenen Teilchen im Plasma reagieren mit den Biomolekülen und zerstören diese, sodass Toxine und pathogene Mikroorganismen unschädlich gemacht werden. Die Forscher untersuchen das Potenzial von Plasma sowohl bei hohen als auch bei niedrigen Drücken, indem sie unterschiedliche Quellgase wie Sauerstoff, Fluor, Wasserstoff, Stickstoff und Argon einsetzen. Laut Professor von Keudell können Bakterien und Biomoleküle mit dem Plasmaverfahren sehr viel rascher inaktiviert werden als mit traditionellen Methoden. "Das typische Plasmasterilisationsverfahren umfasst zwei Zeitkonstanten. Innerhalb von einigen Sekunden werden die Bakterien aus der obersten Schicht durch intensives UV-Licht abgetötet. Danach dauert es noch einige Minuten, bis das Plasma auch die tiefer liegenden Bakterienschichten der Probe erreicht", erläutert er. Die neue Methode ist auch insofern einzigartig, als dass die Oberfläche eines Instruments nicht mehr erhitzt werden muss, damit das Plasma seine Wirkung entfaltet. Daher können medizinische Ausrüstungsgegenstände ohne Beschädigung dekontaminiert werden. Allerdings gebe es noch einige Hürden zu überwinden, bevor das Plasmaverfahren Marktreife erlangen könne, so Professor von Keudell. "Wenn viele Bakterien, beispielsweise in einer dicken Schicht, zu beseitigen sind, nimmt das Plasmaverfahren weitaus mehr Zeit in Anspruch und verbraucht viel mehr Energie und Chemikalien. Das Verfahren wird dann bedeutend teurer", erklärt er. "Für diese Fälle sollte ein aus zwei Phasen bestehendes Verfahren in Betracht gezogen werden, bei dem das herkömmliche Sterilisationsverfahren mit dem Plasmaverfahren kombiniert wird." Außerdem ist es notwendig, das Verfahren derart anzupassen, dass es auch Bakterien und Biomoleküle abtötet, die zusammen mit Blut, Fett oder lebendem Gewebe an den Instrumenten haften. Darüber hinaus müsste die Plasmatechnologie soweit ausgefeilt werden, dass sie sich auch zur Sterilisation von medizinischen Ausrüstungsgegenständen wie Schläuchen eignet. "Ein Problem stellen Gegenstände mit engen Hohlräumen, etwa Schläuche, dar. Die Außenseite mit Plasma zu reinigen, ist einfach, schwieriger ist es jedoch, eine Lösung für die Sterilisation der Innenseite zu finden. Hier erhalten Sterilisationsverfahren mithilfe von Chemikalien noch immer den Vorzug, da es unproblematisch ist, eine Flüssigkeit durch das Innere eines Schlauchs zu leiten", so Professor von Keudell. Trotz dieser Hürden ist Professor von Keudell überzeugt, dass die Chancen für eine Zulassung des Plasmaverfahrens, das derzeit entwickelt wird, gut stehen. Was die Vermarktung eines Gerätes zur Plasmasterilisation betrifft, so müsse das Konsortium zunächst Partner aus der Wirtschaft finden, die bereit seien, in die Entwicklung eines Prototyps zu investieren, erklärt Professor von Keudell. Im Juni veranstaltet das Projektkonsortium ein Zwischentreffen, zu dem Wirtschaftsberater geladen sind, die sich zum Marktpotenzial der Plasmaforschung äußern werden.

Länder

Deutschland, Frankreich