Skip to main content
Weiter zur Homepage der Europäischen Kommission (öffnet in neuem Fenster)
Deutsch Deutsch
CORDIS - Forschungsergebnisse der EU
CORDIS
CORDIS Web 30th anniversary CORDIS Web 30th anniversary

Article Category

Inhalt archiviert am 2023-03-02

Article available in the following languages:

EU-Projekte verändern das Leben eines Forschers

"Das Abenteuer, an einem EU-geförderten Projekt mitzuarbeiten, hat mein Berufsleben völlig verändert", erklärt Professor Jean-François Boulicaut vom Nationalen Institut für Angewandte Wissenschaften (INSA) in Lyon, Frankreich. "Wenn ich nicht die Idee gehabt hätte, das Proje...

"Das Abenteuer, an einem EU-geförderten Projekt mitzuarbeiten, hat mein Berufsleben völlig verändert", erklärt Professor Jean-François Boulicaut vom Nationalen Institut für Angewandte Wissenschaften (INSA) in Lyon, Frankreich. "Wenn ich nicht die Idee gehabt hätte, das Projekt zu starten, mit sehr guten Partnern, hätte ich dieses Thema nicht erschließen können und würde nicht da stehen, wo ich heute stehe, und nicht das tun, was ich heute tue", erzählte er CORDIS-Nachrichten. Das Thema, von dem er spricht, ist Data-Mining. In der internationalen Data-Mining-Gemeinschaft ist er heute ein angesehenes Mitglied. Als er von einem Forschungsjahr zurückkehrte, in dem er mit einem der weltweit besten Teams an der Universität Helsinki in Finnland gearbeitet hatte, wusste Professor Boulicaut, dass er sein neu gefundenes Interesse an diesem Thema weiterverfolgen wollte. 1998 beschloss er, unter dem Programm "Neue und künftige Technologien" (FET) des Bereichs "Technologien der Informationsgesellschaft" (IST) des Fünften EU-Rahmenprogramms (RP5) einen Projektvorschlag einzureichen. Das Projekt "Consortium on discovering knowledge with inductive queries" (clnQ - Konsortium zur Wissensentdeckung mittels induktiver Abfragen) bot ihm Gelegenheit, mit Professor Mannila zusammenzukommen, der einer der Pioniere auf dem Gebiet des Data-Mining ist, "der Wissenschaft, bei der es um die Extraktion nützlicher Informationen aus großen Datensätzen oder Datenbanken geht". Von 2001 bis 2004 leitete Professor Boulicaut das Projekt und arbeitete am Konzept der induktiven Abfragen. Dabei wird Data-Mining als hoch entwickeltes Tool für Datenbankabfragen genutzt, um sinnvolle Daten oder Muster zu bestimmen. Obwohl diese Wissenschaft oft von Business-Intelligence-Unternehmen und Finanzanalysten genutzt wird, beschloss Professor Boulicaut schon früh, dass er Data-Mining-Algorithmen auf die Fülle an biomedizinischen Daten, insbesondere auf Genexpressionsdaten, anwenden wollte. Mit dem Voranschreiten des clnQ-Projekts wurden die Forscher zu Pionieren bei der Entwicklung von Algorithmen, die schnell verfolgbare Muster aus großen Datenbanken berechnen können. Sein zweites Projekt mit dem Namen IQ, das derzeit läuft und unter dem Bereich IST/FET des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) gefördert wird, begann 2005 mit dem Ziel, die Rahmenbedingungen für induktive Abfragen weiterzuentwickeln, sodass die Entwicklung effektiver induktiver Datenbanksysteme möglich wird. Anwendungen in der Bioinformatik wurden gezielt ausgewählt, um die Anwendbarkeit der Algorithmusergebnisse zu demonstrieren. Die Arbeit in zwei EU-geförderten Projekten erwies sich für den Forscher als förderlich für seine Karriere, auch wenn es nicht immer einfach war. "Einerseits hatte ich die erstklassige Gelegenheit, mit den besten Teams auf dem Gebiet des Data-Mining in Europa zusammenzuarbeiten, was meiner Ansicht nach äußerst wertvoll ist. Andererseits würde ich sagen, dass die administrativen Vorschriften, um ein EU-gefördertes Projekt zu beginnen, zu umfangreich und zeitaufwändig sind", meint Professor Boulicaut. Er räumt jedoch ein, dass die Situation sich allmählich verbessert. Professor Boulicaut vergleicht den administrativen Aufwand für ein EU-gefördertes Projekt mit einem von der französischen Nationalen Forschungsagentur (ANR) geförderten Projekt und meint, es gäbe keinen "gemeinsamen Maßstab" hinsichtlich der Einreichung des Projektantrags, des obligatorischen Follow-up und der bereitgestellten Geldbeträge. "Das bremst Forscher, die ein EU-Projekt initiieren möchten, sehr stark", meint er. Die Verfahren verbesserten sich jedoch allmählich, da immer mehr Unterstützung und Hilfe für Forscher angeboten werde, um sie bei der Einreichung eines Projektvorschlags anzuleiten. Als Gründe für die Beteiligung an einem zweiten europäischen Projekt nennt er den Mehrwert, den die Arbeit in einem Netzwerk hervorragender Wissenschaftler erbringt, sowie die internationale Bekanntheit EU-geförderter Forschungsprojekte. "Mein erstes europäisches Projekt ermöglichte mir, qualitativ hochwertige Forschung durchzuführen und ich wurde durch meine Projektpartner unterstützt, die in der Data-Mining-Welt bereits bekannt und etabliert waren", so Professor Boulicaut. "Dank dieser ersten Erfahrung wurde ich im Bereich Data-Mining auf europäischer Ebene sofort ziemlich bekannt und das Projekt machte sich in Europa sehr schnell einen Namen." Für zukünftige Generationen von Forschern, die an der Arbeit in EU-geförderten Projekten interessiert sind, ist Professor Boulicaut ein ermutigendes Beispiel. Wenn dies sein Berufsleben positiv verändert hat, dann könne man seiner Ansicht nach mit Sicherheit auch sagen, dass es das Leben eines jeden jungen, aufstrebenden Forschers verändern kann. "Probieren geht über Studieren" sagt man, und die Tatsache, dass Professor Boulicaut nun schon seinen dritten Versuch wagt, spricht für sich. Er arbeitet derzeit an einem Vorschlag, der sich auf Data-Mining für die Systembiologie bezieht. Der Forscher möchte, dass die EU noch mehr unternimmt, um die Forschung über Data-Mining zu unterstützen. Er glaubt, dass dies ein äußerst wichtiges Gebiet ist, das nunmehr mit dem Begriff "neu entstehende Technologie" nicht mehr ausreichend definiert ist. "Es gibt enorme Anstrengungen auf europäischer Ebene, Daten zu produzieren, aber diese stehen in keinem Verhältnis zur Nutzung dieser Daten", so Professor Boulicaut. Doch dies ist laut dem Informatiker genau der Bereich, wo das Data-Mining von größter Bedeutung ist. "Hinter dem Data-Mining steckt die Idee, potenziell interessante Hypothesen hervorzubringen, wenn wir nicht ganz sicher sind, was genau wir in der Masse von Daten finden wollen." Die Herausforderung besteht also tatsächlich darin, in den Daten Wissen zu entdecken. Professor Boulicaut bringt die seiner Meinung nach mangelnde Unterstützung für die Forschung über Data-Mining auch mit der allgemeinen Unsicherheit über die Richtung der Forschung, insbesondere der Grundlagenforschung, in Verbindung, die in erster Linie in Frankreich, aber auch in Europa insgesamt, vorherrsche. "So wie ich es sehe, liegt das Problem darin, dass öffentlich-private Partnerschaften zunehmend die akademische Forschung ersetzen, was angesichts der Globalisierung ungünstige Nebenwirkungen sowohl auf die Grundlagenforschung als auch die Wirtschaft in Europa hat", so Professor Boulicaut. "Ich glaube wirklich, wir sollten Qualitätsforschung auf akademischer Ebene unterstützen und auch die Idee der Grundlagenforschung verteidigen, bei der Wissenschaftler nicht alle drei Monate eine Anwendung präsentieren müssen, sondern sie die Möglichkeit haben, an etwas zu arbeiten, das später zu einem Start-up oder einem Unternehmen führen könnte, jedoch ohne festzulegen, wie lang dies dauern sollte." Es existieren einige Instrumente zur Unterstützung der Grundlagenforschung, darunter der Europäische Forschungsrat der EU, der 2007 gegründet wurde. Doch immer mehr Förderprogramme zielen nach Professor Boulicauts Ansicht auf öffentlich-private Forschung ab. Diese Situation könnte zu einer Abwanderung von Wissenschaftlern führen, die sich in fünf bis zehn Jahren unwiderruflich auf die europäische Wirtschaft auswirken könnte. Stattdessen wünscht sich der Forscher Unterstützung für qualitativ hochwertige Forschung auf akademischer Ebene und meint, die Empfänger von Forschungsmitteln sollten nicht in eine der beiden folgenden Kategorien passen müssen: öffentliche Grundlagenforschung, die von potenziellen Nobelpreis-Gewinnern durchgeführt wird oder aber angewandte Forschung, die von privaten Unternehmen durchgeführt wird. "Ich stelle mir etwas dazwischen vor, wo nicht nur eine Hand voll potenzieller Nobelpreis-Gewinner Mittel zu den Bedingungen der Spitzenforschung erhalten", so Boulicaut, "sondern auch die gesamte Schicht von Forschern, die langfristige, qualitativ hochwertige Grundlagenforschung ohne private Partner betreiben, zu Themen die für ihr Land, für Europa und für die Industrie wichtig sind." Professor Boulicaut, der selbst in der langfristigen Forschung tätig ist, ist es jedoch stets gelungen, EU-Fördergelder für seine Projekte zu erhalten. Seine Erfahrungen haben ihn sogar zu einem Europabefürworter gemacht, der fest daran glaubt, dass seine europäischen Forscherkollegen ausgezeichnete Ergebnisse erzielen können, und dies nicht nur auf dem Gebiet des Data-Mining.

Länder

Frankreich