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Inhalt archiviert am 2023-03-02

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EDEN legt durch Vektoren übertragene Krankheiten unters Mikroskop

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Welle des Optimismus in Europa, dass durch Vektoren übertragene Krankheiten wie Malaria und von Zecke übertragene Hirnhautentzündung durch neu entdeckte Behandlungsmethoden und Impfstoffe ausgemerzt werden könnten. Aber durc...

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg gab es eine Welle des Optimismus in Europa, dass durch Vektoren übertragene Krankheiten wie Malaria und von Zecke übertragene Hirnhautentzündung durch neu entdeckte Behandlungsmethoden und Impfstoffe ausgemerzt werden könnten. Aber durch das kürzliche Wiederauftreten verschiedener durch Vektoren übertragener, parasitärer und zoonotischer Krankheiten scheint dieser Optimismus jetzt verfrüht. Für diese Ausbrüche wurden verschiedene Gründe angenommen. Dazu gehören durch den Menschen verursachte Landschaftsveränderungen, ein verändertes menschliches Verhalten und der Klimawandel. Aber das Verständnis der zugrunde liegenden biologischen Prozesse reicht nicht aus, damit Wissenschaftler Vorhersagemodelle für Krankheitsvorkommen oder Risikokarten für internationale und nationale Gesundheitsbehörden erstellen können. Jetzt hofft das EU-finanzierte Projekt EDEN, Licht in die Sache zu bringen. Es will die Umwelt-, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Faktoren, die zum Aufkommen dieser Krankheiten führen, katalogisieren, verstehen, modellieren und kartieren. "Wir wollen öffentlichen Gesundheitsdiensten und politischen Entscheidungsträgern Werkzeuge zur Frühwarnung und zur Entscheidungsfindung an die Hand geben, mit denen sie die allgemeine Öffentlichkeit über bestehende Gesundheitsrisiken informieren und den erzielten Fortschritt bei der Kontrolle dieser aufkommenden und bestehenden Krankheiten bewerten können", erklärt Dr. Renaud Lancelot, Projektkoordinator, gegenüber CORDIS-Nachrichten. Aber die Bestimmung dieser Faktoren ist keine leichte Sache. Der Ausbruch der durch Zecken übertragenen Hirnhautentzündung oder TBE (tick-borne encephalitis) in der Tschechischen Republik zum Beispiel ist ein Beweis für die komplexen Faktoren, die daran beteiligt sind. Im Jahr 2006 registrierten die Behörden rund 1.000 Fälle dieser potenziell tödlich verlaufenden Krankheit, die durch Hirschzecken übertragen wird. Das stellte eine Steigerung von 60% gegenüber 2005 dar. "Die Tschechische Republik ist ein kleines Land. Stellen sie sich die Folgen im europäischen Maßstab vor", sagte Dr. Lancelot. Ein möglicher Grund für den Ausbruch war, dass das Landeswetter im April und Mai relativ feucht war und zum Anstieg der Zeckenpopulation geführt hat. Eine andere Theorie besagt, dass der warme Herbst mit einer außergewöhnlich hohen Pilzernte dazu geführt hat, dass mehr Menschen in die Wälder gingen, wodurch auch mehr Menschen gefährdet wurden. "Aber die Verbreitung der Krankheit wird nicht nur durch den Klimawandel verursacht", sagt Dr. Lancelot. Auch soziopolitische Faktoren müssen berücksichtigt werden. Experten, die die Verbreitung von TBE auf einem Diagramm verfolgen, haben bemerkt, dass es kurz nach dem Fall des Kommunismus zu einem dramatischen Anstieg der Fälle in Nord- und Osteuropa gekommen ist. Zu diesem Zeitpunkt stiegen Armut und Reichtum an. Die Menschen wendeten sich von der kollektiven Landwirtschaft ab und der privaten Landwirtschaft im kleinen Maßstab zu, wobei sie sich selbst und ihre Tiere in mit Zecken infizierte Wälder und Felder begaben. "Das hat zu einer Veränderung der Landschaft geführt, die diese Krankheit förderte", bemerkte Dr. Lancelot. "Manche Menschen konnten sich nicht an die wirtschaftlichen Veränderungen anpassen und fanden sich in der Armut wieder. Sie wendeten sich dem Land zu, um seine natürlichen Ressourcen auszunutzen, wobei sie häufiger in die Wälder gingen, um Beeren zu pflücken und Pilze zu sammeln. Das bedeutet, dass sie mit den Zecken in Kontakt kamen", erklärte Dr. Lancelot. "Für andere hatte sich die Wirtschaftslage verbessert. Mit mehr Freizeit gingen diese Menschen in den Wäldern spazieren, was wieder zu einem erhöhten Infektionsrisiko führt." Zusammen mit der Beendung der massiven Impfungen gegen TBE (die während der kommunistischen Zeit durch die Regierungen subventioniert wurden) führten diese verschiedenen Faktoren Anfang der 1990er Jahre zu einem dramatischen Anstieg klinischer Fälle. Eine andere Krankheit, über deren Auftreten die Experten rätseln, ist das "Hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom" (HFRS), das über Wühlmäuse und andere kleine im Wald lebende Nagetiere verbreitet wird. Menschen können sich anstecken, wenn sie mit dem Urin dieser Nagetier in Kontakt kommen. Im Jahr 2005 wurden über 1.000 Fälle in Regionen Nordwestfrankreichs, in Belgien, den Niederlanden, Luxemburg und in Deutschland bestätigt. Diese Krankheit tritt auch sehr häufig in Skandinavien auf. "Obwohl die Dynamik der Nagetierpopulationen wahrscheinlich eine zentrale Rolle für HFRS spielt, verstehen wir nicht ganz, weshalb diese Krankheit wieder auftritt", sagte Dr. Lancelot. Er vermutet, dass soziale Faktoren eine Rolle beim Ausbruch dieser Krankheit eine Rolle spielen. Auch Malaria, die in Europa eigentlich ausgerottet war, könnte wieder aufkommen. Im Jahr 2006 wurden zwei Infektionen auf Korsika festgestellt. "Kein Opfer war gereist oder lebte in der Nähe eines Flughafens", bemerkt Dr. Lancelot, der darauf hinweist, dass es sich bei den Mücken, die die Infektion übertragen hatten, um einheimische Exemplare gehandelt hat. Das ist der erste Fall einer lokalen oder "einheimischen" Malaria auf Korsika in 35 Jahren. "Milde Winter bedeuten, dass die Mücken, die diese Krankheit übertragen und auch andere, die das Dengue-Fieber oder Chikungunya übertragen, weiter nördlich brüten und überleben können als in der Vergangenheit. "Das zeigt, dass die Vektoren nicht verschwunden sind", fügte Dr. Lancelot hinzu. Das EDEN-Projekt ist forschungsorientiert. Es soll die Mechanismen dieser epidemiologischen Veränderungen beleuchten und Modelle erarbeiten, die die Verbreitung der Krankheiten und Übertragungswege darstellen. In dieser Hinsicht sind die ersten Veröffentlichungen der beteiligten Forschergruppen sehr ermutigend (die fünfzigste EDEN-Veröffentlichung war im Juni 2007 und die Hundertermarke könnte Anfang 2008 erreicht werden). Mit der weiteren Unterstützung der EU und der Zusammenarbeit anderer Förderprogramme und -einrichtungen, werden diese Ergebnisse in neue Projekte einfließen, die stärker der Innovation und der Entwicklung zugewandt sind, um Überwachungs- und Frühwarnsysteme zugunsten der Bürger Europas zu entwickeln und allgemein zugunsten der Menschen, die den Risiken aufkommender Krankheiten ausgesetzt sind. Das Projekt läuft bis 2010 und hat 11,5 Millionen Euro an Fördermitteln unter dem Themenbereich "Nachhaltige Entwicklung, globale Veränderungen und Ökosysteme" des Sechsten Rahmenprogramms (RP6) erhalten.