Effizientere Photosynthese für höhere Ernteerträge
Wie alle Organismen sind Pflanzen nur mit dem ausgestattet, was sie zum Überleben brauchen – nicht mehr, nicht weniger. Dies gilt für den dornigen Kaktus, der sich vor durstigen Tieren schützt, ebenso wie für die Photosynthese. Die meisten Pflanzen erschließen sich mittels Chlorophyll das benötigte rote Lichtspektrum. Die anderen Wellenlängen bleiben aber teilweise oder gänzlich ungenutzt – denn sie waren bislang unnötig. Diese einfache Beobachtung wie auch das schon in Schulzeiten erworbene Wissen um die Photosynthese als wesentliche Basis für die gesamte menschliche Nahrung und Energie veranlasste Dr. Daniel Canniffe, sich in seiner Forscherlaufbahn den Geheimnissen der Photosynthese zu widmen. Schwerpunkt waren zunächst Signalwege der Biosynthese von Pigmenten wie Chlorophyll, Häme sowie Carotinoide. Nun wollte er neue, in der Natur noch nicht vorhandene Pigmente erzeugen, um letztlich das Spektrum an Wellenlängen für die Photosynthese zu erweitern. „Organismen, die oxygene Photosynthese betreiben, nutzen nacheinander zwei Photosysteme der Pigment-Protein-Komplexe, die sich aber die gleichen Wellenlängen zunutze machen“, erklärt Dr. Canniffe. „Wenn wir eines der beiden Photosysteme auf einen anderen Bereich des Lichtspektrums umstellen, konkurrieren sie nicht mehr um die gleichen Photonen, was die Lichtausbeute fast verdoppeln würde.“ Damit stehen auch höhere Ernteerträge in Aussicht, die bis 2050 weltweit verdoppelt werden müssten, um künftig neun Milliarden Menschen zu ernähren. Das Projekt EngiNear-IR machte hier nun erhebliche Fortschritte und baute auf Dr. Canniffes erfolgreicher Entwicklung der Photopigment-Biosynthese in einem bakteriellen Wirt auf. Das Projekt wollte die Pigmente in die Reaktionszentren von Pflanzen integrieren, um neue Photosysteme zu schaffen, die Nahinfrarotbereiche des Sonnenspektrums nutzen können. „Bei verschiedensten Arten photosynthetischer Organismen sind die Strukturen der Reaktionszentren bereits ziemlich genau erforscht. Damit kann etwa berechnet werden, inwieweit die einzelnen Pigmente in die mit natürlichen Pigmenten gefüllten Eiweißtaschen passen. Dies war die Basis für das rationale Design dieser Proteine, damit sie die Aminosäuren ersetzen und die neuen Taschen die richtige Größe und Form haben. Die DNA, die für dieses neue Protein kodiert, kann im Labor modifiziert oder sogar direkt über Unternehmen bestellt werden, die DNA herstellen, um sie dann direkt in unsere bakteriellen „Photosynthesesysteme“ einzuschleusen“, schwärmt Dr. Canniffe. Dr. Canniffe war unter anderem an der Entdeckung des Enzyms beteiligt, das für die Bildung von Chlorophyll f zuständig ist – ein Pigment, das die oxygene Photosynthese bei dunkelrotem Licht außerhalb des sichtbaren Spektrums erlaubt. Er arbeitete zudem in einer Forschergruppe mit, die die Struktur des Reaktionszentrums eines Organismus enthüllte, der Nahinfrarotstrahlung mit einer Wellenlänge von mehr als 1 000 nm nutzt. Dies ist das bislang extremste „rotverschobene“ Photosynthesesystem, das in der Natur entdeckt wurde und eher mit Wärme als mit Licht arbeitet. Mit den Forschungen von EngiNear-IR stehen möglicherweise auch neue Organismen für biotechnologische Anwendungen in Aussicht. „Bakterien mit besserer Lichteffizienz könnten mehr Kohlendioxid aus der Atmosphäre entfernen. Aus diesem fixierten Kohlenstoff ließe sich Zucker herstellen als Ausgangsstoff für hochwertige Produkte wie Biokraftstoffe und Medikamente. Zudem könnten mit einer effizienteren Photosynthese bei Kulturpflanzen Ernteerträge und Saisonlänge erhöht und möglicherweise Landwirtschaft näher an den Polen betrieben werden“, erklärt Dr. Cannifffe. Obwohl das Projekt im November 2018 abgeschlossen wurde, bereiten Dr. Canniffe und seine Mitstreiter noch die Veröffentlichung einiger aufregender Ergebnisse vor.
Schlüsselbegriffe
EngiNear-IR, Pflanze, Photosynthese, Chlorophyll, Effizienz, Technik, Infrarot, Licht, Pigmente