Französische Wissenschaftler entwickeln neue Strategie gegen die Abstoßung von Transplantaten
Französische Wissenschaftler haben eine neue Methode entwickelt, die erfolgreich die Abstoßung von Transplantaten verhindert und gleichzeitig weitaus weniger Nebenwirkungen aufweist als Medikamente, die Transplantationspatienten derzeit verabreicht werden. Die Forschungsergebnisse des Teams unter der Leitung von Joost van Meerwijk vom französischen Nationalinstitut für Gesundheits- und Medizinforschung (INSERM) wurden in der Fachzeitschrift "Nature Medicine" veröffentlicht. Die extrem starke Immunreaktion des Körpers gegen transplantierte Organe unter Kontrolle zu bringen, ist eine der größten Herausforderungen der modernen Medizin. Immunsuppressoren, also Medikamente, die eine akute Abstoßung des neuen Organs verhindern, haben die Überlebensrate im ersten Jahr nach der Transplantation erhöht. Sie sind jedoch weniger wirksam bei der Vermeidung chronischer Abstoßungsprozesse, die erst viel später auftreten und von denen viele Patienten betroffen sind. Darüber hinaus blockieren die Immunsuppressoren das gesamte Immunsystem, d. h. Patienten, die solche Medikamente einnehmen, sind besonders anfällig für opportunistische Infektionen und bestimmte Krebsarten. Bei gesunden Menschen stellen bestimmte Zellen, die sogenannten regulatorischen T-Lymphozyten (Tregs), sicher, dass sich das Immunsystem des Körpers nicht gegen sich selbst richtet. Seit einigen Jahren schon untersuchen Professor Van Meerwijk und seine Kollegen, wie man die Kontrollfunktion der Tregs in der Transplantationsmedizin nutzen könnte. 2004 wiesen sie nach, dass regulatorische T-Lymphozyten erfolgreich die Abstoßung von Knochenmarktransplantaten bei Mäusen verhindern. Abstoßungsreaktionen nach Haut- und Herztransplantationen konnten sie jedoch weniger wirksam verhindern. Unbeirrt entwarfen die Forscher ein neues Experiment, das auf der Tatsache beruht, dass eine Knochenmarktransplantation die Folgetransplantationen anderer Organe vereinfacht. Im ersten Schritt fügten die Wissenschaftler einer Zellkultur des Organspenders regulatorische T-Lymphozyten hinzu. Innerhalb von zwei Wochen lernten die T-Zellen das Organ, das transplantiert werden sollte, kennen. Dann führten die Wissenschaftler eine doppelte Transplantation an der Empfängermaus durch, nämlich sowohl von Knochenmark als auch von einem anderen Organ - entweder Haut oder Herz. Gleichzeitig wurden den Mäusen Tregs aus der Kultur injiziert. Das Experiment war erfolgreich: Es kam weder zu akuten noch zu chronischen Abstoßungsreaktionen. "Wir konnten also nachweisen, dass mit adäquat vorstimulierten Tregs Haut- und Herzallotransplantate vor akuter und chronischer Abstoßung geschützt werden können", schreiben die Wissenschaftler. "Diese Zelltherapie hat zwei entscheidende Vorteile: die erfolgreiche Verhinderung chronischer Abstoßung und die Spezifität der Immunsuppression gegenüber dem transplantierten Organ, wodurch zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen vermieden werden", so Professor Van Meerwijk. Im nächsten Schritt möchten die Wissenschaftler herausfinden, ob dasselbe Verfahren auch beim Menschen angewendet werden kann. Die Forscher gehen davon aus, dass die Induktion von Toleranz gegenüber Organen und Geweben auf der Grundlage ihres Studienprotokolls oder einer modifizierten Version erzielt werden kann. Mit einigen Anpassungen könnte man darüber hinaus Toleranz gegenüber Organen von toten Spendern induzieren.
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Frankreich